Archiv der Kategorie: Finanzen und Steuern

Haben wir eins, oder haben wir keins?

Ein Staatsmann wie Konrad Adenauer konnte mit dem Ausspruch „was kümmert mich mein Geschwätz von gestern” punkten. Das ist vermutlich der Grund, weshalb viele heutige Politiker glauben, jeden Tag etwas anderes zu erzählen, verleihe ihnen eine staatsmännische Aura. Dem ist nicht so, wie sich an einem Beispiel aus dem Kanton Zürich aufzeigen lässt.

Auf der Website der Finanzdirektion führt dessen Chefin Ursula Gut aus, dass es für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Kantons Zürich am wichtigsten sei, das strukturelle Defizit im Staatshaushalt zu beseitigen. Darunter versteht man denjenigen Teil des Staatsdefizits, der nicht auf konjunkturelle Schwankungen zurückzuführen ist. Z.B. wenn neue Aufgaben ohne Abbau bestehender Aufgaben zur Überlastung des Staatshaushaltes führen.

Man ist für einmal versucht, „BRAVA!“ zu rufen, denn seit Jahren fordert die SVP genau das: die Beseitigung des strukturellen Haushaltsdefizits. Noch vor Kurzem glaubten wir, dass der Kampf verloren sei, denn noch in einer Medienkonferenz vom Dienstag, 25. März 2008 führte die Finanzdirektorin aus: „Zur Zeit kann davon ausgegangen werden, dass kein strukturelles Defizit besteht, dass aber die Finanzplanung nach wie vor ein solches aufzeigt.“

Es soll also etwas bekämpft werden, was es nach eigener Aussage gar nicht gibt. Die Erfolgsaussichten sind entsprechend ungewiss.

Keine Politik „pour la Galerie“, sondern eine klare Willensäusserung

Wichtige Entscheide des Zürcher Kantonsrats sind unter anderem daran zu erkennen, dass das Schweizer Fernsehen auf eine Berichterstattung aus dem Rathaus verzichtet. Daraus zu schliessen, dass alles wichtig sei, worüber SF DRS nicht berichtet, wäre allerdings vorschnell…

Der Entscheid vom vergangenen Montag hätte eine Berichterstattung durch unser zwangsgebührenfinanziertes Staatsfernsehen verdient. Das Parlament hat nämlich klar gemacht, dass es seine Verantwortung gegenüber der Zürcher Bevölkerung wahrnimmt und vom Regierungsrat das Gleiche erwartet. Aus diesem Grund hat die Legislative mit 99 ihrer 180 Mitglieder ein Postulat überwiesen, das Varianten einer Aufwandbegrenzung auf 12 Mia. Franken verlangt. Bereits für die Dringlicherklärung stimmten 94 Ratsmitglieder. Damit ist klar, dass es sich bei diesem Vorstoss nicht um ein „normales“ Postulat handelt, das für zwei Jahre in einer Schublade verschwindet, um danach nach einem wertlosen Bericht abgeschrieben zu werden. Das Parlament hat gegenüber dem angeblich bürgerlichen Regierungsrat einen klaren politischen Willen geäussert. Es will, dass der Aufwand gesenkt wird und begründet dies wie folgt:

„Das für das laufende Jahr vom Regierungsrat in Aussicht gestellte Defizit in der Höhe von 220 Mio. Franken[die Verschuldung soll nach dem Willen des Regierungsrats um 700 Millionen Franken ansteigen.] zwingt zu substanziellen Kostensenkungen. Dies umso mehr, weil die Folgen der Wirtschaftskrise erst in den kommenden Jahren in vollem Umfange zu Buche schlagen werden und ein weiterer Anstieg der Verschuldung gegenüber den nachfolgenden Generationen nicht zu verantworten ist.“

Der Regierungsrat, der gemäss Verfassung Parlamentsbeschlüsse umzusetzen hat, sollte die Ernsthaftigkeit und den Willen des Kantonsrats nicht unterschätzen. Sollte die Regierung keinerlei Bereitschaft zeigen, dem Willen des neben dem Souverän höchsten Verfassungsorgans nachzukommen, werden zumindest die Parteien, die sich nicht der Lächerlichkeit preisgeben wollen, an ihrer heute manifestierten Forderung festhalten. Was die SVP angeht, so ist klar, dass sie keinem Voranschlag zustimmen wird, dessen Aufwand den Betrag von 12 Mia. Franken übersteigt.
Es ist nun an FDP, CVP und Grünliberalen, zu beweisen, dass sie nicht nur „pour la galerie“ politisieren.

Enttäuschung macht sich breit

Erkennen Sie die Personen auf diesem Bild?

funfgewinnt.jpg

Richtig, es sind fünf Mitglieder der siebenköpfigen Zürcher Regierung. Beim adretten Herrn in der Mitte handelt es sich um NZZ-Redaktor Benjamin Tommer, der das Gespräch im Rahmen des Kyburg-Forums des Zürcher Hauseigentümerverbands moderierte.

Es war 2006, es standen Wahlen an, und da wollte, wer sich bürgerlich nennt, natürlich niemand auf die Unterstützung durch diese wichtige Interessengruppe verzichten. Doch nach der Wahl ist nach der Wahl, und da geht rasch vergessen, was man vor der Wahl hoch und heilig versprochen hat.

Oder kann es wirklich sein, dass die beiden Linken im Regierungsrat die fünf bürgerlichen überstimmten, als es darum ging, die Besteuerung des Eigenmietwerts zu erhöhen?

Supertanker vom Kurs abgekommen

Es ist nun genau zehn Jahre her, seit die SVP des Kantons Zürich eine neue Finanz- und Steuerpolitik einläutete: Um den Staatsapparat zum Masshalten zu zwingen, erhoben wir die Forderung, den Staatssteuerfuss um 20 Prozent zu senken. Auf das darauf folgende Gezeter braucht an dieser Stelle nicht eingegangen zu werden. Es ist uns allen noch in bester Erinnerung. Nur so viel: Seither ist der Aufwand um über 21 Prozent gestiegen, der Ertrag hingegen um 15,2 Prozent (Im Aufwand für das laufende Jahr fehlen die Spitäler Zürich und Winterthur. Er ist also tatsächlich noch wesentlich stärker angestiegen). Die Behauptung, der Kanton Zürich habe wegen schwacher Einnahmen finanzielle Probleme, ist demnach nicht haltbar. Wir haben ganz einfach jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt, und es macht ganz den Eindruck, als denke man im Kaspar Escher-Haus nicht einmal daran, diesen Kurs zu korrigieren.

Handlungsunfähiger Kapitän?

Damit sind wir beim Bild, das uns der Regierungsrat vor zehn Jahren von den Staatsfinanzen zeichnete. Der Kanton sei schwerfällig wie ein Supertanker, und man müsse darum frühzeitig Massnahmen einleiten, wenn man ein fernes Ziel erreichen wolle. Wir sind der Meinung, dass zehn Jahre selbst für den grössten Super-Mega-Giga-Tanker genügen sollten, um ihn auf Kurs zu bringen. Wie Sie vergangenen Montag von der zuständigen Regierungsrätin erfahren haben, hat die Schieflage, in der wir uns befinden, mittlerweile ein bedrohliches Ausmass angenommen. Es ist eingetreten, was jedem informierten Zeitgenossen längst klar war: Die Erträge vermögen mit dem enormen Aufwandwachstum nicht Schritt zu halten. Im Zuge der Wirtschaftskrise drohen sie sogar, massiv einzubrechen. Der Kapitän, müsste man meinen, sollte nun handeln.

Vor rund zehn Jahren war es stattdessen der Reeder, der Massnahmen ergriff. In seiner Eigenschaft als Gesetzgeber kreierte er einen speziellen Mechanismus, die so genannte Ausgabenbremse. Wie der Name schon sagt, besteht die ratio legis dieser Bestimmung darin, den Aufwand zu senken, wenn der mittelfristige Ausgleich gefährdet ist. Wörtlich heisst es in § 4 des Gesetzes über Controlling und Rechnungslegung (CRG) er (der Kapitän) habe dem Kantonsrat (Reeder) in diesem Fall „Bericht zu erstatten und ihm Massnahmen zur dauerhaften Senkung der Ausgaben, insbesondere die Änderung von gesetzlichen Verpflichtungen zu beantragen“. Solche Massnahmen könnten etwa sein:

  • Verzicht auf die Vergabe des Kulturpreises in der Höhe von 50’000 Franken an Christoph Marthaler.
  • Verzicht auf neues Corporate Design für die kantonale Verwaltung.
  • Kürzungen der Leistungen an die Stadt Zürich, die ihren Verpflichtungen gegenüber dem Kanton nur vollkommen ungenügend nachkommt.
  • Verzicht auf Bildungsreisen, die dem Kanton keinen erkennbaren, bzw. bezifferbaren Mehrwert bringen.
  • Beschränkung der Kommunikation auf das Wesentliche.
  • Kein Steuergeld für die Sanierung der angeschlagenen Pensionskasse.
  • Verzicht auf politische Kampagnen.
  • Verzicht auf teure Eröffnungsfeiern für öff. Bauwerke.
  • Verzicht auf interkantonalen Aktivismus (z.B. Metropolitanraum).
  • Kostenbewusstes Bauen (z.B. überteuerte Strassen und PJZ!).
  • Verzicht auf Härtefallkommission.
  • Reduktion der zahllosen Schulversuche.
  • Nicht zuletzt ist ein Stellenabbau in Angriff zu nehmen.

Regierung kommt gesetzlichen Verpflichtungen nicht nach

Aufgrund der bisherigen Verlautbarungen ist allerdings davon auszugehen, dass der Regierungsrat sich glattweg weigert, seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. In einem Interview mit der NZZ führte die Finanzdirektorin aus, es würde gegen das Prinzip des „prozyklischen Verhaltens“ verstossen, jetzt den Aufwand zu senken. Ob dies zu einem späteren Zeitpunkt, also wenn es der Wirtschaft wieder besser geht, passieren werde, wurde freilich offen gelassen.

Wie schon im Zusammenhang mit dem Bankkundengeheimnis, als sie eine klare Position des Regierungsrates in den Wind schlug, scheint sich unsere Finanzdirektorin für frühere Regierungserklärungen nicht sehr zu interessieren. Im Bericht und Antrag des Regierungsrates an den Kantonsrat zur Staatsrechnung für das Jahr 2002 ist nämlich auf Seite 41 Folgendes nachzulesen:

Die Investitionsausgaben ohne Darlehen und Beteiligungen sind im Berichtsjahr 2002 mit 982 Mio. Franken die höchsten seit 1995. Sie liegen damit weit über dem Durchschnitt der letzten 8 Jahre von 877 Mio. Franken, wie schon 2001. Die hohen Investitionsausgaben zeigen, dass die Investitionstätigkeit nicht prozyklisch wirkt.

Die gleiche Regierung, die noch vor wenigen Jahren schwarz auf weiss festhielt, dass die Investitionstätigkeit des Kantons keineswegs prozyklisch wirke, begründet nun die von ihr angestrebte zusätzliche Aufwanderhöhung und den damit verbundenen Gesetzesbruch mit der Notwendigkeit, prozyklisch zu handeln.

Kurs der SVP stimmt

Im Gegensatz zum Kanton braucht die SVP an ihrem vor zehn Jahren eingeschlagenen finanzpolitischen Kurs nichts zu ändern. Die Verantwortung für die Situation ist klar. Ausser in den Fällen, in denen wir uns mit unseren bürgerlichen Partnern auf eine Steuersenkung einigten, haben wir sämtliche Voranschläge abgelehnt. Der Regierungsrat und mit ihm die Mehrheit des Parlaments wählte einen anderen, einen mitte-links Kurs. Mit dem Ergebnis sehen wir uns heute konfrontiert. Wir müssen heute alles daran setzen, um den „Supertanker Kanton Zürich“ wieder flott zu kriegen. Die bisherigen Mittel haben versagt. Höchste Zeit, es mit dem Konzept der SVP zu probieren.

 _______

Referat anlässlich einer Medienkonferenz der SVP des Kantons Zürich vom  9. Juli 2009

 

Hopp Obwalden!

Wer ein Problem hat, hat zwei Möglichkeiten, dieses zu lösen: Er kann entweder um Hilfe betteln, oder versuchen, sich aus eigener Kraft aus seiner Lage zu befreien. Das kleine Obwalden hatte ein Problem und entschied sich für die Selbsthilfe. So wie Bern selbstverschuldet in die Liga der finanzschwachen Kantone abgestiegen ist, will man selbst den Aufstieg schaffen. Man senkte die Steuern und putzte sich für wohlhabende Personen heraus. Umgehend stellten sich erste Erfolge ein. Um gute Steuerzahler anzuziehen, soll nun die Möglichkeit geschaffen werden, einige Parzellen als „Zonen mit hoher Wohnqualität“ festzulegen. Dafür mussten sich die Innerschweizer von der inkarnierten Schwermut im Bundesrat sagen lassen, es betreibe „nichts anderes als Apartheid“. Der Genosse Infrastrukturminister muss wohl gerade einen Aussetzer gehabt haben oder so sehr mit Bloggen beschäftig gewesen sein, dass er etwas vergessen hat: Er selbst hat nämlich der Landesregierung die Genehmigung der neuen Obwaldner Bau- und Zonenordnung beantragt. Das ihm unterstellte Bundesamt für Raumentwicklung begrüsste die Richtplanfestlegungen sogar ausdrücklich als „Umsetzung der strategischen Leitideen des Kantons“. Man glaubt es kaum: Ausgerechnet Oberetatist Leuenberger, der landauf, landab nach mehr staatlichem Einfluss und stärkerer Kontrolle ruft, hat keine Ahnung, was in seinem Laden läuft. Wo er zuständig ist, wird weder kontrolliert noch geführt.

In einer Zeit grassierender Sozialisierung haben Eigeninitiative und -verantwortung einen schweren Stand. Wäre die Obwaldner Regierung nach Bern gepilgert und hätte dort gejammert und die hohle Hand gemacht, die „Solidarität“ des linken Klüngels wäre ihr sicher gewesen. Dieser liebt es nämlich, sich mit dem Geld anderer Leute grosszügig zu zeigen. Und wehe dem, der dieses System der Scheckbuchpolitik in Frage stellt. Als der Chef der Deutschen Bank, Joe Ackermann, kürzlich sagte, er würde sich schämen, wenn er öffentliche – also von den Steuerzahlern erarbeitete – Gelder in Anspruch nehmen müsste, wurde er dafür beinahe gesteinigt. Und Leuenbergers Parteifreund Steinbrück nötigte die Banken geradezu zur Inanspruchnahme der angebotenen Hilfe.

Natürlich wissen auch Sozialdemokraten, dass staatliche Konjunkturprogramme so gut wie nichts bringen. Es geht ihnen auch nicht darum „der Wirtschaft“ zu helfen. Sie wollen deren stärkere Anbindung an den Staat. Sie wollen nicht weniger, sondern mehr Staat und sind gerne bereit, dafür die Freiheit zu opfern. Dieses Credo verbindet die Sozialisten Leuenberger und Steinbrück, denen man nicht einmal verübeln kann, dass sie sozialistische Politik betreiben. Diese beruht auf der Idee, Gerechtigkeit sei dann hergestellt, wenn alle gleich sind. Wenn sie sich gleichviel – oder zutreffender: gleichwenig – kaufen können. Dementsprechend wird als ungerecht empfunden, wenn einer mehr hat als der andere. Ob er dafür mehr gearbeitet hat, ist unerheblich. Ein Einwand, der nur stört auf dem Weg zur totalen Gleichheit.

Um ja nie für irgendetwas verantwortlich zu sein, lehnen Sozis das Prinzip der Eigenverantwortung ab. Verantwortlich ist für sie immer das Kollektiv, die Gesellschaft. Dabei haben sich in der Geschichte Gesellschaftsformen, die auf Eigenverantwortung statt auf Neid und Missgunst basieren, durchwegs als überlegen erwiesen. Genau diese Einsicht hat sich in Obwalden durchgesetzt. Das verdient Lob. Mögen sich Scharen von Millionären in diesem tapferen Kanton niederlassen und all diejenigen, die noch immer den falschen Signalen lauschen, alt aussehen lassen.

_______

Erschienen in der Berner Zeitung vom 30. Mai 2009

Steuerstreit zu Lasten unserer Sozis

In Deutschland ist Wahlkampf. Es finden also bald Wahlen statt. Das sollte uns eigentlich froh stimmen. 20 Jahre nach dem Zusammenbruch der zweiten deutschen Diktatur innerhalb der letzten hundert Jahre werden immer noch regelmässig Wahlen abgehalten. Zwar ist die Sache mit dem Kaiser noch immer nicht ganz überwunden, aber immerhin: Es wird gewählt.

Nach der Wahl wird eine Regierung gebildet, und momentan sieht es nicht so aus, als würden die Sozialdemokraten daran beteiligt sein. Zu schlecht sind ihre derzeitigen Umfragewerte. Die SPD dümpelt um ihren historischen Tiefstand herum. Nicht einmal für „rot-rot-grün“ würde es derzeit reichen. Da ist es nur normal, dass man um jeden Prozentpunkt kämpft. Und wenn es zu einem brauchbaren Konzept, geschweige denn einer klaren Strategie, die dem eigenen Land zum Wohle gereichen würde, nicht reicht, flüchtet man sich auf das Feld der Aussenpolitik und sucht nach einem Feindbild. Genosse Steinbrück hat sein Feindbild gefunden: Es ist die Schweiz. Und da sich Deutschland noch nie gross um die Souveränität anderer Staaten kümmerte, will er sie mit „Zuckerbrot und Peitsche“ gefügig machen.

Ohne Zweifel wird Steinbrücks Partei von diesen Ausfällen profitieren. Schon in der Vergangenheit konnten deutsche Politiker immer damit punkten, dass sie Minderheiten für eigene Probleme verantwortlich machten. Entweder behaupteten Sie, man stehe ihnen vor der Sonne, oder sie setzten sich gegen „innere Schädlinge am deutschen Volkskörper“ zur Wehr. Die Möglichkeit, selbst für das eigene Schicksal verantwortlich zu sein, wird nicht in Betracht gezogen. Immer sind andere die Bösen.

Etwas Gutes hat die ganze Angelegenheit trotzdem: Während die deutschen Sozis profitieren, werden unsere verlieren. Die Schweizer mögen es nämlich nicht besonders, von den Deutschen angegriffen und beleidigt zu werden, und die hiesigen Sozialdemokraten werden nicht müde zu betonen, dass sie im Grunde das Gleiche wollen – das Ausschalten des Steuerwettbewerbs. In Ihrem Brief an ihre deutschen Genossen monieren sie denn auch nur den Stil der Anwürfe. Dass dieses Schreiben bis heute keiner Antwort gewürdigt wurde, zeugt zudem nicht gerade von grossem Gewicht der SP im Rahmen der sozialistischen Internationale.

Auftrag erfüllt – Das Bankgeheimnis ist futsch

Aus zwei Gründen, wurde Micheline Calmy-Rey 2002 als Nachfolgerin von Ruth Dreifuss in den Bundesrat gewählt. Erstens, so hiess es: Sie sei Grossmutter. Und zweitens: Sie habe die Finanzen des Kantons Genf saniert. Das erste stimmt. Das Zweite war eine Lüge, blieb aber ohne Folgen. Wenn es um MCR geht, ist die Wahrheit sekundär. Dass sie das gleiche Verhältnis zur Neutralität pflegt wie einst Octavian zur Republik, sie dem Schein nach erhält und ihr Wesen zerstört, scheint belanglos. Es genügen das Schlagwort „aktive Neutralität“ und der Anschein, es stehe ein Konzept dahinter. Es wird applaudiert, und im Nu gilt MCR als „in der Bevölkerung ungemein beliebt“. Wo man sie besser kennt und mehr von ihr weiss, als dass sie grosse Handtaschen und bunte Mäntel mag, sieht es freilich anders aus. Kein Bundesrat ist in seinem Departement weniger beliebt.

Auf ihrer offiziellen Website gibt die Magistratin ihrer Begeisterung darüber Ausdruck, die „zentralen Interessen unseres Landes“ vertreten zu dürfen. Doch wie glaubwürdig und erfolgreich kann eine in der Wolle gefärbte Sozialistin, die ihr Leben lang gegen das Bankgeheimnis kämpfte und ihrem strategischen Ziel „EU-Beitritt“ alles unterordnet, die Interessen der Schweiz vertreten? MCR ist für diese Aufgabe denkbar schlecht geeignet. Dem Metzgermeisterverband würde es jedenfalls nicht im Traum einfallen, einen Veganer als Lobbyisten anzustellen, um den Fleischkonsum zu erhöhen.

In diesen Tagen ist MCR erneut dabei, unsere Interessen zu vertreten. Damit die Schweiz nicht auf die ominöse Liste der OECD gesetzt wird, wird signalisiert, man sei zu Konzessionen – will heissen: zur Preisgabe – des Bankgeheimnisses bereit. Aus Angst vor dem Tod soll offenbar Selbstmord begangen werden. Dabei liesse sich das mit der schwarzen Liste sehr einfach verhindern: Die Schweiz müsste dazu nur den entsprechenden Beschluss, der der Einstimmigkeit bedarf, ablehnen. Offenbar ein fürchterlicher Gedanke für pathologische Ja-Sager.

Es lässt sich nicht bestreiten, dass die Schweiz heute im internationalen Umfeld wesentlich schlechter positioniert ist als noch vor einigen Jahren. Dabei müsste es, wenn unsere Aussenpolitik etwas taugen würde, genau umgekehrt sein. In ihrem Bestreben, anderen vorzuschreiben, wie sie ihre Probleme zu lösen haben, hat sich Frau Calmy-Rey mit einer Reihe von Staaten überworfen. Ihr Vorpreschen mit der unausgegorenen „Genfer Initiative“ hat die Amerikaner so aufgebracht, dass die Schweiz seither zu keiner wichtigen Konferenz mehr eingeladen wurde. Auch bei den Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen des Staates Israel blieb unser Land draussen vor der Tür. Kann man es Israel verübeln, dass es jemanden die Gastfreundschaft verweigert, der einem erklärten Feind die Aufwartung macht, ihn unter dem Schleier hervor anhimmelt und mit ihm über die „unterschiedlichen Perzeption des Holokaust“ reden möchte? Was da als „aktive Neutralität“ propagiert wird, ist einseitige Parteinahme, also das Gegenteil von Neutralität.

In den Augen Ihrer Freunde, etwa Adolf Muschg, der die Neutralität für einen „unanständigen Furz“ hält oder ihres Kampfgefährten Jean Ziegler, der sich den Kampf gegen den Finanzplatz Schweiz zur Lebensaufgabe gemacht hat, ist MCR keineswegs erfolglos. Für sie ist sie eine Heldin, die ihren Enkeln, im Gegensatz zu anderen Grossmüttern, keine Märchen erzählen muss. Im Gegenteil sie kann ihnen zu Recht sagen: „Dank mir ist es vorbei mit dem Sonderfall. Wegen mir wurden die Neutralität und das Bankgeheimnis aufgegeben.“

——

Erschienen in der Berner-Zeitung vom 7. März 2009

UNO: Vormarsch der Wüsten ist Hauptbedrohung – es braucht mehr Oasen

Schon heute bedecken Wüsten rund einen Drittel der Oberfläche der Erde, und sie breiten sich schnell aus: 50’000 bis 70’000 Quadratkilometer Boden gehen jedes Jahr an die Wüsten verloren. Das Jahr 2006 wurde von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Wüste und Wüstenbildung ernannt. Nach Ansicht einer DEZA-Vertreterin sei Desertifikation nicht die Ursache für die Armut; sondern eine Folge davon.

 

Die Schweiz leistet einen wichtigen Beitrag gegen die Versteppung der Welt. Sie schickte 2006 sogar eigens Bundesrat Leuenberger an eine zweitägige – von der Schweizer Entwicklungs-Agentur (DEZA) mitorganisierte – Konferenz nach Kenia. Auch die UNO-Konvention gegen die Versteppung (UNCCD) hat die Schweiz selbstverständlich ratifiziert.

 

*

 

Zurzeit macht nicht der Kampf gegen Wüsten, sondern gegen Oasen von sich reden – gegen Steueroasen. Doch muss es, wo es Oasen gibt, nicht auch eine Wüste geben? Und sollte das Streben der Nationen nicht eher darauf abzielen, Oasen zu vergrössern und zu mehren? Schliesslich sind sie der Ort, wo sich der durstige und erschöpfte Reisende laben und erholen kann. Was muss jemand für Motive haben, wenn er eine Oase zur Wüste machen will?

 

 

Da könnten unsere Sozis etwas lernen

Es ist immer wieder bemerkenswert: Unsere Sozis, also diejenigen, die wir in der Schweiz haben, reden dauernd vom Ausland. Was von der EU kommt, finden sie generell gut. Was von der Uno kommt, hat für sie den Stellenwert des Evangeliums. Keine Forderung ist für sie wichtiger als die Unterordnung des eigenen Rechts unter irgendwelche internationalen Konventionen – ungeachtet des Inhalts.

 

Diese Manie kennt nur eine einzige Einschränkung. Nämlich genau wenn es sinnvoll wäre, sich das Ausland zum Vorbild zu nehmen, schalten unsere Genossen auf stur. So zum Beispiel, wenn es darum geht, die Steuern zu senken, was einer Volkswirtschaft erfahrungsgemäss zum Vorteil gereicht. Mögen Gordon Brown und selbst die einstige Ikone der hiesigen Linken, Lula da Silva, in Ihren Ländern die Steuern noch so stark sehr senken (Brown die Mehrwertsteuer sogar auf das völkerrechtlich zulässige Minimum), mit unseren Sozis ist in dieser Hinsicht nichts anzufangen. Bleibt nur zu hoffen, dass sie die Signale irgendwann doch noch hören.

 

Die Regierung an ihre Aufgabe erinnert

Der Kanton Zürich wird das neue Jahr mit einem genehmigten Voranschlag beginnen. SVP, FDP, CVP und Grünliberale haben sich zu einem Kompromiss zusammengerauft, der – der Empörung der Linken nach zu schliessen – so schlecht nicht sein kann. Allerdings ermöglicht er der Regierung trotz einer Aufwandsenkung von rund 100 Millionen Franken fast 3 Prozent mehr auszugeben als im zu Ende gehenden Jahr. Von Sparen kann einmal mehr keine Rede sein.

 

Gleichwohl fühlte sich Regierungsrätin Gut berechtigt, dem Parlament vorzuwerfen, es nehme seine politische Verantwortung nicht wahr. Die Frau irrt sich gewaltig: Die Parteien, die die so genannte bürgerliche Mehrheit in der Regierung stellen, haben lediglich klar gemacht, dass sie von ihren Abgesandten auch eine bürgerliche Politik erwarten. Mit anderen Worten es ist am Regierungsrat – und insbesondere an Rita Fuhrer, Markus Kägi, Thomas Heiniger und Ursula Gut – die Verantwortung gegenüber den Wählerinnen und Wählern wahrzunehmen.

 

Abgesehen davon: Als – neben dem souverän – höchste verfassungsmässige Instanz im Kanton beschäftigt sich ein Parlament nicht mit Leistungsgruppen und budgettechnischem Firlefanz. Genau dafür gibt es eine Regierung und eine Verwaltung, gegenüber der sich die Regierung durchzusetzen hat. Am Willen soll es ja offenbar nicht liegen.