Archiv der Kategorie: Rechtsstaat

Parteifinanzen sind ebenso Privatsache wie Parteien selbst

Da will der Bundesrat für einmal etwas nicht gesetzlich regeln, und Parteifinanzen Privatsache bleiben lassen, und schon steigen die eidgenössischen Jakobiner auf die Barrikaden, um den Katalog der Menschenrechte um das „Recht auf Transparenz“ zu ergänzen. Parteifinanzen sind ebenso Privatsache wie Parteien selbst weiterlesen

Völkerrecht? Nationales Recht? – Ich will vor allem gutes Recht

Die Diskussion um den Vorrang von Völker- oder nationalem Recht verspricht zwar spannende intellektuelle Auseinandersetzungen, sie verdrängt aber eine Frage von viel grösserer Bedeutung: Was garantiert den Menschen mehr Freiheit, der Weg der Schweiz, der auf Volkssouveränität und Eigenverantwortung basiert oder ein zentralistisches System mit einer Machtelite, die sich der demokratischen Kontrolle zu entziehen sucht?
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Verfassungsfeindliche Aktivitäten im Bundeshaus – Bundeskanzlerin mit eigener Agenda

Dass die Sache mit der geheimen Arbeitsgruppe, die Vorschläge für tiefgreifende politische Reformen erarbeiten sollte, aufgeflogen ist, zeugt von einem luziden Moment in der schweizerischen Journalistenszene. Ganz ungestört kann die „Classe politique“ also nicht wursteln. Nicht gelöst ist damit allerdings das eklatante Führungsproblem des Bundesrats.

Beginnen wir mit dem Positiven! Die Schweizer Bundeskanzlerin Corina Casanova verfügt ohne Zweifel über mehr politischen Gestaltungswillen als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Dumme ist allerdings: Frau Casanovas Gestaltungswille und ihre Meinung in politischen Belangen sind bei ihrem Job so irrelevant, wie ihre Geschicklichkeit beim Jassen. In ihrer Funktion hat sie umzusetzen, was andere entscheiden. Von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt und daher auch wieder abwählbar hat ein Schweizer Bundeskanzler „die allgemeine Stabsstelle des Bundesrates“ (Art. 179 BV) zu leiten. Frau Casanova hätte also denen zu dienen, die ihrerseits der Bundesversammlung und dem Schweizer Volk zu dienen haben. Nicht mehr und nicht weniger.

Ein diskreter Zudiener

Ein guter Bundeskanzler verfolgt keine eigene Agenda. Stattdessen unternimmt er alles, damit seine Chefs ihre Arbeit erledigen können. Er hat die Führung zu unterstützen, nicht selber zu führen. Und wenn der Bundeskanzler etwas taugt, bemerkt man in der Öffentlichkeit kaum etwas von ihm. Erst recht sorgt ein Bundeskanzler nicht für Schlagzeilen. Im Grunde gehört er nicht einmal mit auf das offizielle Bundesratsfoto.

Der letzte Vertreter dieser Schule war der Sozialdemokrat Walter Buser. Auf ihn folgte François Couchepin, der vor allem freisinnig war, was ihn offensichtlich alleine schon aus historischen Gründen für das Amt qualifizierte. Immerhin gehörten von den 15 Amtsinhabern seit 1803 elf Personen den Freisinnigen oder den Liberalen an. Zweimal kam die CVP zum Handkuss und je einmal die KVP und die SP. Noch nie bekleidete ein Mitglied der SVP das Amt. Couchepins Nachfolgerin, die ehemalige Parlamentssekretärin Annemarie Huber-Hotz, war nicht nur freisinnig, sondern auch noch eine Frau. Seither ist ein neues Kriterium massgeblich, und selbst eine vollkommen ungeeignete Person, wie Corina Casanova, kann so den Sprung an die Spitze der „allgemeinen Stabsstelle des Bundesrates“ schaffen.

Grössenwahn und Selbstgefälligkeit

Erst kürzlich sorgte Frau Casanova für Schlagzeilen als ruchbar wurde, dass sie auf Kosten des Steuerzahlers in Kalifornien Ferien machte. Zwar versuchte sie, den fünftägigen Trip mittels halbstündigem Gespräch mit Arnold Schwarzenegger als offizielle Mission zu tarnen, doch ist nicht der kleinste Nutzen für jene Schweizerinnen und Schweizer erkennbar, die für die Reisespesen von 40‘000 Franken aufzukommen haben. Sie sei schliesslich „Magistratin“ liess sie, die sie selber im Grunde nur Sprecherin ist, über ihre Sprecherin ausrichten.

So ärgerlich es ist, solches Finanzgebaren ist überall dort anzutreffen, wo nicht geführt und nicht kontrolliert wird. Niemand stellte auch bloss die Frage, was eine Bundesangestellte 10‘000 Kilometer von ihrem Büro genau zu suchen hat. Es wäre am Gesamtbundesrat, hier für Ordnung zu sorgen. Doch Kostenkontrolle war diesen Damen und Herren noch nie ein Anliegen, und vom Parlament ist auch kein Machtwort zu erwarten. So ist Ständeratspräsident Filippo Lombardi im gleichen Spital krank. Mit seinen Reisespesen bricht er sämtliche Rekorde. Als CVP-Politiker stellte er sich in der Tradition von Medici-Papst Leo X, der seine Prunksucht mit dem Ausspruch rechtfertigte: „Nun hat uns Gott ein schönes Amt gegeben. Da wollen wir es auch geniessen.“

Frau Casanova verfolgt eine eigene Agenda

Die Schlagzeilen, für die Frau Casanova in diesen Tagen verantwortlich zeichnet, sind von wesentlich grösserem Gewicht. Hier geht es nicht mehr „nur“ um Geld und ein übersteigertes Ego. Hier geht es um den Versuch, die verfassungsmässige Ordnung unter Umgehung des verfassungsmässigen Weges zu ändern. Die Rechte des Souveräns sollten beschnitten werden, ohne dass dieser zuvor einen entsprechenden Grundsatzentscheid gefällt hätte – also ohne jede demokratische Legitimation. Gemeinhin bezeichnet man eine solche Aktion als Putsch. Und im Land der anderen Bundeskanzlerin würde der Verfassungsschutz aktiv.

Wie die «SonntagsZeitung» öffentlich machte, haben hinter den Kulissen der Schweizer Politik die Vorbereitungen für eine Änderung des politischen Systems begonnen. Eine Geheimgruppe wurde damit beauftragt, Vorschläge für tiefgreifende politische Reformen zu machen. Die eingeschlagene Stossrichtung wiederspricht in mehreren Fällen klaren Volksentscheiden oder Beschlüssen der Bundesversammlung. So etwa die Frage nach einer verbindlichen Vorprüfung von Volksbegehren oder der Offenlegung der Parteifinanzierung. Schon mehrfach verworfen wurde auch das Stimmrecht für Ausländer. Die „Spin Doctors“ verfolgten eine eigene Agenda. Sie taten genau das, wovon der Stammtisch schon lange überzeugt ist: „Die in Bern machen, was sie wollen.“

Ein „Dorftrottel“ in geheimer Mission

Frau Casanova konspiriert gegen die Mehrheit derjenigen, die ihre Kalifornien-Reise berappen mussten. Ein formeller Auftrag von berufener Stelle fehlt. Die Bundeskanzlei wollte die Gruppe ursprünglich gar geheim halten. Mittlerweile hat sie die Namen der Mitglieder allerdings bekannt gegeben. Damit lässt sich die These, es handle sich um eine reine „Denkgruppe“ – denken wird man wohl noch dürfen! – nicht länger aufrechterhalten. Denn niemand würde, wenn es ihm bloss ums Denken geht, dafür Dieter Freiburghaus verpflichten. Der emeritierte Professor ist ein glühender Verfechter eines EU-Beitritts der Schweiz und wird von gleichgesinnten Journalisten gerne als „Europa-Experte“ interviewt. Vor vier Jahren rief er dabei ins Land, die Schweiz verkomme zum „globalen Dorftrottel“, wenn sie sich nicht endlich dem Brüsseler Diktat unterwerfe. Das hatten wir schon alles: Genau darum geht es schon in Schillers „Wilhelm Tell“ im Dialog zwischen Rudenz und Attinghausen: „Es kostete ein einzig leichtes Wort, um augenblicks des Dranges los zu sein, und einen gnäd’gen Kaiser zu gewinnen.“ Genau das war Pilet-Golaz’s Argumentation in seiner berüchtigten Anpasserrede, und genau das war der Inhalt der „Eingabe der 200“. Das Wort vom „Dorftrottel“ fällt auf den Urheber zurück.

Sofern es dort wirklich intellektuell redlich zu und her gehen soll, ist jemand wie Prof. Freiburghaus eine absolute Fehlbesetzung für eine „Denkgruppe“. Auch würde, wer wirklich denken kann, und über eine gewisse Lebenserfahrung verfügt, nicht eine Sekunde glauben, dass eine Geheimgruppe im Bund auch geheim bleibt.

Die Berufung des EU-Turbos macht nur politisch Sinn. Sie passt perfekt zur nie widerrufenen Aussage des ehemaligen Bundesrats Josef Deiss, wonach der EU-Beitritt für Bundesrat und Verwaltung ein in Arbeit befindliches Projekt sei. Es gehe vorderhand darum, so genannte „Beitrittshürden“ – wie die direkte Demokratie! – zu beseitigen. Für die „Beitrittshürde Mehrwertsteuer“ braucht es hingegen keine geheime Arbeitsgruppe mehr. Hier werden mit Prozenten für AHV, SBB usw. längst Fakten geschaffen.

Es braucht Führung!

Entweder weiss Frau Casanova nicht, was ihr Auftrag ist, oder sie nützt, ähnlich wie die Kinder an einer antiautoritären Schule, jeden Freiraum, den ihr das vorgesetzte Gremium gewährt. Das vorgesetzte Gremium ist der Bundesrat. Und zwar der Gesamtbundesrat, wie das Organisationsgesetz für Regierung und Verwaltung (RVOG) klar festhält. Ob es Frau Casanova passt oder nicht: sie untersteht zu gleichen Teilen Bundesrat Ueli Maurer, wie Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Ob auch beide im gleichen Masse ihren Einfluss geltend machen, ist freilich eine andere Frage.

Verfasst für den Zürcher Boten

Herr Bundespräsident, wie haben Sie’s mit der Demokratie?

Schon wieder ein Besuch eines deutschen Bundespräsidenten in der Schweiz, der einen fahlen Nachgeschmack hinterlässt. Das letzte Mal war es derjenige von Bruder Johannes Rau, der sich einige Tage auf fremde Kosten verwöhnen liess, um dann seine Gastgeber umgehend nach der Rückkehr davon in Kenntnis zu setzen, dass das langjährige Luftverkehrsabkommen zwischen den beiden Ländern Geschichte sei. Berlin – seit Kurzem wieder Hauptstadt – werde die Sache fortan alleine regeln.

Das war der Auftakt zu einer Reihe von Streitigkeiten, die eines gemein haben: Sie beruhen auf der Suche der deutschen Meinungsführer nach Sündenböcken für das eigene Versagen, bzw. für das eigene Unglück. Irgendjemand muss schliesslich schuld sein, da sie selber offenbar von vornherein ausser Betracht fallen. Mal ist es ein Dolchstoss, mal sind es die Juden oder, wie gerade aktuell, die Schweizer, die angeblich Steuerbetrüger mit offenen Armen empfangen und so Deutschland ausbluten und verkümmern lassen.

Joachim Gauck trat sein Amt mit Vorschusslorbeeren an, die wohl einmalig sein dürften. Plötzlich redet einer von Freiheit und Eigenverantwortung. Für Deutschland, wo es keine SVP gibt, völlig neue Töne. Doch die Botschaft fiel nicht auf fruchtbaren Boden. Kaum ein Deutscher will Eigenverantwortung – sonst ist man ja am Ende noch verantwortlich. Wo sich die Schuld für das vermeintliche Unglück doch so bequem abwälzen lässt. Keiner fragt nach.

Schon bald nach Amtsantritt wurde Joachim Gauck zum Ziel des Spotts. Als gäbe es noch etwas wichtigeres, machten sich die „Heute Show“ und andere deutsche Leitmedien über sein Lieblingsthema „Freiheit“ lustig und sprachen nur noch vom „alten Mann im Belvedere“. Der einstige Kämpfer gegen das Vergessen des Stasi-Unrechts musste reagieren. Er reagierte und schwenkte auf den bequemen Mainstream ein. Als Erstes sagte er seine Teilnahme an der Eröffnungsfeier der olympischen Spiele von Sotschi ab, wollte dies aber nicht etwa als politische Unmutsbekundung verstanden haben…

Das Schweigen der Diplomaten

Nachdem sich selbst ein irrer Hund (Reagan) wie Gaddafi am schweizerischen Bundesrat und damit an der Schweiz unwidersprochen, und erst recht ungestraft die Schuhe abputzen konnte, nutze der Hohe Gast aus Berlin die Gunst der Stunde um an der direkten Demokratie herumzumeckern. Es sei gefährlich, wenn man das Volk über komplexe Sachverhalte abstimmen lasse. Was soll daran gefährlicher sein, als wenn man eine Frau, die noch keinen Tag in ihrem Leben richtig gearbeitet hat, mit seiner Unterschrift zur Arbeitsministerin macht?

Wie dem auch sei, Gaucks Aussagen sind ein Affront gegenüber dem Gastland. Sie widersprechen den diplomatischen Gepflogenheiten unter angeblich befreundeten Staaten. Man stelle sich vor, ein Bundesrat würde sich in Berlin vor der Presse darüber auslassen, dass gemäss Umfragen eine klare Mehrheit der Deutschen für eine Regelung der Zuwanderung ist, und es darum wohl nicht angehen könne, wenn sich die Classe politique einfach darüber hinwegsetze. Oder wie würde die Bundesregierung wohl reagieren, wenn Didier Burkhalter vor laufender Kamera die „Menschenrechtsfrage“ ansprechen würde? Schliesslich ist das gegenüber den Chinesen längst zum Ritual geworden. Oder was wäre, wenn unser Aussenminister beim Toast zu Protokoll gäbe, die Schweiz sei besorgt über die heftige Kritik, die auf das Bundesverfassungsgericht niedergegangen ist, nachdem es die 3-Prozent-Sperrklausel bei der EU-Wahl für verfassungswidrig erklärt hatte? Ob es nicht gerade Ausdruck eines guten Wahlrechts sei, Parteien weder zu bevorzugen, noch zu behindern?

Oder, wenn wir gerade bei der direkten Demokratie sind: Was hätte Gauck wohl gesagt, wenn ihn Burkhalter daran erinnert hätte, dass auch das deutsche Grundgesetz den Volksentscheid kennt, dies aber von den Politikern geflissentlich missachtet wird? Was, wenn er ihm Artikel 146 des Grundgesetzes vorgelesen hätte, wonach dieses durch eine „von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossenen“ Verfassung zu ersetzen ist, sobald „Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt“? Damit wären auch schon die nächsten Fragen auf der Hand gelegen: Sind Einheit und Freiheit nach Ansicht der Mächtigen zu Berlin noch nicht vollendet? Soll noch mehr wiedervereint werden? Oder interessiert das Grundgesetz nur, wenn es gerade passt?

Didier Burkhalter hat keine solchen Fragen gestellt. Er weiss, was sich gehört. Der Gast aus Deutschland weiss es nicht.

„Carlos“ ist nicht das Problem, sondern ein Symptom

Wir sind also schon soweit, dass jemand als Opfer einer Medien-Stampede strafverschärfend ins Gefängnis gesteckt wird. Angeblich zum eigenen Schutz. Kaum jemand, der sich „kritischer Journalist“ nennt, erhebt dagegen die Stimme, wenn ein Regierungsrat genau dies unumwunden zu Protokoll gibt. Nicht einmal die Verweigerung des rechtlichen Gehörs in einem politisch höchst brisanten Arbeits- und strafrechtlichen Verfahren sorgt für Empörung unter denen, die sonst Stéphane Hessel für eine Art Messias hielten. Die Verwaltung kann machen, was sie will, und deshalb wird sie auch immer häufiger machen, was sie will.

In einer Zeit, in der ein selbst ernannter Qualitätsjournalist in seiner Ignoranz den Nationalratspräsidenten als „völlig unwichtig“ der Lächerlichkeit preisgibt und stattdessen einem Verwaltungsreglement des EDA folgend den Bundespräsidenten als „höchsten Schweizer“ auf den Schild hebt, kann solches nicht verwundern. Medien brauchen Einzelpersonen, denen Sie Kaktusse oder Rosen verleihen können. Staatpolitisches Denken hat neben diesem Personenkult keinen Platz mehr.

Das falsche Ziel im Visier

Nun redet seit Monaten alles von „Carlos“ einem jugendlichen Kriminellen, der von den zuständigen Behörden für sein Handeln bestraft wurde. Seit seiner Verurteilung liess er sich nichts mehr zu Schulden kommen, und seine Antworten in einem Interview mit der „Weltwoche“ tönen ganz vernünftig.

Ebenfalls mediale Prügel setzte es für das mit der Betreuung von „Carlos“ betraute Unternehmen „Riesen-Oggenfuss“ ab. Dabei haben wir es mit einer ganz normalen Cluster-Industrie zu tun, wie wir es aus den Bereichen „Drogen“, „Asyl“, „Soziales“ „Soziokultur“ u.a.m. zur Genüge kennen. Warum soll man keinen Profit aus der Grosszügigkeit des Staatsapparates schlagen, wenn diese auch manchmal die Grenze zur Dummheit überschreitet?

Es gibt nur einen Grund, der halbwegs Sinn macht, weshalb Medien dieses Thema nicht aufgreifen: Sie fürchten, mit Kritik – selbst an Auswüchsen – würden sie der SVP in die Hand spielen. Dann doch lieber die Allmacht der Verwaltung stärken.

In dieser „Übungsanlage“ können sich die wirklich Verantwortlichen sicher fühlen. Um keine unangenehmen Fragen beantworten zu müssen, belegt man sich gegenseitig mit Schweigegeboten und dem Siegel des Amtsgeheimnisses, oder man verweist auf ein laufendes Verfahren.

Realitätsferner Staatsanwalt

Die Frage, die mich am meisten interessiert, betrifft die Person von Jugendanwalt Gürber. Wie ist es bloss möglich, dass sich einer der höchst bezahlten Staatsangestellten des Kantons Zürich dermassen von der Realität entfernt, dass er gar nicht auf den Gedanken kommt, die Bevölkerung könnte sein „Sondersetting“ nicht ganz so toll finden, wie er selbst? Der Mann hat SRF schliesslich selber vorgeschlagen, den Fall „Carlos“ als Beispiel für eine gelungene Resozialisierung zu kolportieren. Offensichtlich hat er für seine Masslosigkeit einen Pokal erwartet. Kann jemand ein so wichtiges Amt bekleiden, der offensichtlich den Bezug zur „normalen Welt“ verloren hat. Und wie steht es um seine Vorgesetzten? Sind diese tatsächlich der Meinung, ein polygamer Hippie, der Schlangen züchtet, sei genau das Vorbild, das es braucht, um schwer erziehbare Jugendliche auf den rechten Weg zu bringen?

Der Fisch beginnt immer am Kopf zu stinken. Weder „Carlos“ noch Riesen-Oggenfuss sind jedoch dieser Kopf. Doch für sie haben die Medien nach der Stampede keine Verwendung mehr. Sie sind verbrannt. An einem guten Einvernehmen mit Regierung und Verwaltung haben die Medien hingegen durchaus ein Interesse.

Völkerrecht ist, was die Mächtigen daraus machen

Der sich abzeichnende Militärschlag gegen Syrien, aber auch die Art und Weise, wie in der EU versucht wird, der Eurokrise Herr zu werden, zeigt wieder einmal deutlich, dass das so genannte „Völkerrecht“ nur dann Recht ist, wenn es den Mächtigen passt. Nur Toren würden sich ihm blind unterwerfen.

Schon der Begriff „Völkerrecht“ ist irreführend, denn es sind nicht die Völker, die das, was wir Völkerrecht nennen, setzen, sondern Funktionäre. Und ausgerechnet im Bereich der Aussenpolitik blieben voraufklärerische Strukturen und Formen besser erhalten, als in jeder andern Domäne. So unterscheidet sich beispielsweise das Gesuch des Bundesrats an die EG um Aufnahme von Beitrittsverhandlungen oder der „Neutralitätsbrief“ an den UNO-Generalsekretär in Ton und Form kaum von jenem, in dem die eidgenössische Gesandtschaft im November 1663 den französischen König Ludwig XIV unterwürfig um einen neuen Allianzvertrag ersuchte.

Völkerrecht ist nicht das Produkt eines harten politischen Ringens in einem gewählten Parlament, sondern das, worauf sich elegante Diplomaten beim Cocktail einigen. Einer der ersten Kongresse an denen Völkerrecht gesetzt wurde, der Wiener Kongress von 1814/15, wird nicht ohne Grund auch „der tanzende Kongress“ genannt.

Gutes und schlechtes Völkerrecht

Gewisse dem Zeitgeist – Rose oder Kaktus? – verpflichtete Politiker, „Experten“ und Journalisten halten „Völkerrecht“ für das Mass aller Dinge. Sie finden es gut, weil es „übergeordnet“ sei und fordern die bedingungslose Unterwerfung unter alles, was sich „Völkerrecht“ nennt. Selbst unsere Landesregierung, die einen Eid geleistet hat, die Rechte des Volkes zu schützen, vertritt mittlerweile diese Auffassung. Das ist dumm und unreflektiert. Ebenso dumm und unreflektiert ist es allerdings, etwas abzulehnen, nur weil es zum „Völkerrecht“ gehört. Es ist so wie fast überall: Es gibt gutes und schlechtes Völkerrecht. Und ein souveräner Staat hat nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, genau zu prüfen, in welchem Masse er sich binden will.

Niemand, der ganz bei Trost ist, kann etwas dagegen haben, wenn Staaten ihr Verhältnis untereinander vertraglich regeln. Wenn beispielsweise durch Konventionen versucht wird, wenigstens etwas Menschlichkeit in Kriegshandlungen zu bringen, so stellt dies für die ganze Welt einen Fortschritt dar.

Den erwähnten Politikern, „Experten“ und Journalisten geht das aber noch viel zu wenig weit. Sie sind bereit, auch all das als verbindliches „Völkerrecht“ zu akzeptieren, das auf subalterner Funktionärsstufe vereinbart wurde. Recht also, dem kein Volk je zugestimmt hat.

Völkerrecht als Selbstbedienungsladen

In diesen Tagen erwartet die Welt ein militärisches Eingreifen „des Westens“ in den syrischen Bürgerkrieg. Als liessen sich Kriege im Voraus beliebig zwischen zwei Golfrunden terminieren, liess der „leader of the free world“ verlauten, es stehe ein Zweitagekrieg bevor. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, es handle sich um eine bessere Polizeiaktion, für die es das Einverständnis des UNO-Sicherheitsrates nicht brauche. Da dort nicht mit einem Plazet zu rechnen ist, verzichtet man kurzerhand auf das Votum des Gremiums, das gemäss bundesrätlichen Erläuterungen für die UNO-Abstimmung vom 3. März 2002, eigens geschaffen wurde, „um rasch auf Konflikte reagieren zu können.“

Auch andere Staaten haben unmissverständlich klar gemacht, dass sie die Haltung des grössten „Friedensprojekts“ nicht kümmert, solange sie sich auf Kriegspfad befinden.

Es ist also so, dass selbst im Kriegs- und Friedensrecht, dessen Legitimität, ja Notwendigkeit unbestritten ist, Völkerrecht ausser Kraft gesetzt wird, wenn es im Interesse der Mächtigen liegt. Was „die Völker“ davon halten, wird nicht gefragt.

„Maastricht“ – vom Völkerrecht zu Makulatur

Ein für westliche Staaten schier unglaubliches Beispiel für die willkürliche Relevanz von Völkerrecht liefert auch die EU mit ihrem Umgang mit dem als „historisch“ gefeierten Vertragswerk von Maastricht. Weite Teile der darin beschworenen Vereinbarungen sind heute Makulatur. Als Deutschland und Frankreich als erste Staaten einräumen mussten, dass sie die ehernen „Maastrichter Kriterien“ hinsichtlich der Neuverschuldung nicht würden einhalten können, gewährte man sich gegenseitig Dispens von den vertraglich vereinbarten Sanktionen.

Weiter wurde in diesem Vertragswerk eine „unabhängige Zentralbank“ ins Leben gerufen, die längst Spielball der Politiker und Funktionäre geworden ist. Letztere haben auch versprochen, bei der Aufnahme neuer Mitglieder in die Eurozone „strenge Kriterien“ anzuwenden. An solchen wären Griechenland und Zypern gescheitert. Sie sind Mitglieder und als solche zu einer Gefahr für die übrigen geworden, weil sich Politiker und Funktionäre über Völkerrecht hinwegsetzten.

Um den Vertrag dem deutschen Volk schmackhaft zu machen, wurde gebetsmühlenartig betont, es bestünden Sicherheitsmassnahmen, damit kein Land für Schulden eines anderen aufkommen müsse. Ja Artikel 104b verbiete das sogar ausdrücklich: […] „Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens.“

Die identische Bestimmung findet sich zwar auch im Lissabonner Vertrag von 2009, angewendet wird sie deswegen trotzdem nicht. Die Politiker tun so, als gäbe es sie gar nicht, oder sie behaupten gar, man sei zur „Rettung“ der Währungsunion gezwungen gewesen, den Vertrag zu brechen. Frei nach Carl Schmitt bestimmt eine oligarchisch organisierte Gruppe von grösstenteils nicht demokratisch legitimierten Funktionären, wann Ausnahmezustand herrscht. Eine solche Entwicklung kann nur gutheissen, wer nichts Gutes im Schilde führt, oder die Demokratie als Bedrohung betrachtet.

Die Relationen wahren

Politiker neigen zur Hysterie. Nichts fürchten sie so sehr, wie der Vorwurf der Untätigkeit. Denken Sie sich nur an die „Kampfhunde“. Damals forderten sich Bundesparlamentarier in einer Petition selbst zum entschlossenen Handeln auf.

Es verhält sich in der Politik oft wie mit Tur Tur, dem Scheinriesen in Michael Endes „Jim Knopf“. Scheinriese deshalb, weil die Figur nur von fern gross wirkt, aber schrumpft, sobald man sich ihr nähert. Im politischen Zusammenhang wurde dieses Phänomen von Cyril N. Parkinson beschrieben, der als britischer Beamter feststellte, dass die Zahl der Mitarbeiter der Admiralität in dem Masse wuchs, in dem jene der Schiffe zurückging. In der Schweiz sind immer mehr Staatsangestellte für Landwirtschaft zuständig, während es immer weniger Landwirte gibt. Völlig absurd ist es auch beim Thema Gleichberechtigung. Mag diese vor 50 Jahren ein Thema gewesen sein, haben normale junge Frauen heute nur noch ein müdes Lächeln dafür übrig. Gleichwohl werden die entsprechenden Fachstellen nicht abgeschafft, sondern mit zusätzlichem Personal aufgestockt.

Nun sind also die Hooligans an der Reihe. Obwohl die Zahl der Verzeigungen wegen Gewaltstraftaten in Sportstätten rückläufig ist, soll die Gesetzgebung durch verschiedene Massnahmen, unter denen auch absolut unbescholtene Matchbesucher zu leiden hätten, verschärft werden. Einmal mehr überbieten sich Politiker mit Forderungen nach Repression.

Keine Frage: Wer sich nicht an die Gesetze hält oder gar gewalttätig wird, gehört bestraft. Und zwar so, dass er die Strafe auch als Strafe empfindet. Doch dafür braucht es keine neuen Gesetze. Was es hingegen braucht, sind Behörden und Richter, die die bestehenden auch anzuwenden wissen.

Den Bundesrat als Führungsgremium stärken

Im Vorwort zu ihrem grossartigen Buch „Die Torheit der Regierenden“ („The March of Folly“) schreibt die US-amerikanische Reporterin und Historikerin Barbara Tuchman, in der Regierungskunst, so scheine es, blieben die Leistungen der Menschheit weit hinter dem zurück, was sie auf fast allen anderen Gebieten vollbracht hat. Stimmt. Umso entschlossener müssen wir jene wenigen Errungenschaften, die es dennoch gibt, verteidigen. Eine der wichtigsten ist meines Erachtens die Idee der Gewaltentrennung und -hemmung, die wir grossen Geistern des 18. Jahrhunderts zu verdanken haben.

Anstatt dass ein absolutistischer Herrscher per Dekret regiert, den Vollzug seiner Anordnungen durchsetzt und auch gleich noch die Strafverfolgung und die Justiz kontrolliert, sollen diese staatlichen Kernaufgaben von drei verschiedenen, unabhängigen Gremien wahrgenommen werden. Diese sollen sich gegenseitig kontrollieren, sich in Schach halten und so gefährliche Machtkonzentrationen verhindern.

Lassen wir die Justiz einmal beiseite und beschäftigen uns mit dem Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive. Dem Wesen nach steht, derjenige, der das Recht setzt, also die Regeln festlegt, über dem, der dessen Beschlüsse zu vollziehen hat. In der Praxis ist es allerdings so, dass zwar nicht unbedingt die Regierung, wohl aber die Verwaltung im Laufe der Zeit massiv an Macht und Einfluss gewinnt, was hauptsächlich auf deren Informationsvorsprung und Erfahrung zurückzuführen ist.

Gefragt ist Gestaltungs- und Führungswille

Regierungen kommen und gehen. Die Verwaltung bleibt die gleiche. So ist es nicht verwunderlich, dass Bundesräte immer deutlicher als verlängerter Arm der eigenen Verwaltung agieren. Anstatt zu führen, werden sie geführt. Dieses Problem lässt sich durch eine Erhöhung der Zahl der Mitglieder der Landesregierung oder durch zusätzliche Staatssekretäre nicht lösen. Solche Massnahmen wären vermutlich sogar kontraproduktiv. Was es braucht, sind Persönlichkeiten, die charakterlich geeignet sind für ein Regierungsamt. Menschen mit Gestaltungswillen. Menschen, die in ihr Amt gewählt werden, weil man ihnen etwas zutraut.

Ganz knapp entschieden sich seinerzeit unsere Verfassungsväter gegen die Direktwahl des Bundesrats durch das Volk. So kurz nach dem Sonderbundskrieg versprach man sich davon wohl eine Wahl, bei der Emotionen eine weniger grosse Rolle spielen. Mittlerweile geht es im Vorfeld von Bundesratswahlen praktisch nur noch um Emotionen, und niemand wird behaupten, dass nur „die Besten und Wägsten“ ins oberste Vollzugsgremium unseres Landes entsandt werden.

Die Bundesverfassung ist grosszügig. Nur zwei Anforderungen muss erfüllen, wer Bundesrat werden will: Infrage kommen alle Schweizerbürgerinnen und Schweizerbürgern, sofern sie auch als Mitglieder des Nationalrates wählbar sind. Nach Abzug der Urteilsunfähigen und Entmündigten gibt es in der Schweiz gemäss neusten Zahlen 5’158’493 Stimmberechtigte. Die Vereinigte Bundesversammlung hätte also eine grosse Auswahl. Sie beschränkt sich allerdings recht stur auf den eigenen Kreis und zieht allenfalls hin und wieder einen Regierungsrat in Betracht.

Wie hältst Du’s mit der SVP?

Leider findet bei Bundesratswahlen kaum ein Aspekt weniger Beachtung als die zentrale Frage nach der Eignung des Kandidaten oder der Kandidatin für das Amt. Das Verfahren verkam zu einem schäbigen Jahrmarkt der Eitelkeiten, in dem kaum etwas zu belanglos ist, um nicht Eingang in die die Medien zu finden. Zur Nagelprobe wurde in diesem Klima die Frage nach dem Verhältnis zur SVP, der wählerstärksten Partei im Land. Ihr zu schaden, ist manchem Strippenzieher wichtiger, als dem Land zu nützen. Weder Politiker noch Journalisten fragen und reflektieren, ob es wünschenswert sei und im Gesamtinteresse unseres Landes liege, dass ein bestimmter Kandidat aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner politischen Überzeugungen mit dem höchsten Exekutivamt betraut werden soll. Auch der Idee, die wichtigsten politischen Kräfte in die Regierungsverantwortung einzubinden, droht das langsame Aus. Es brauche heute eine inhaltliche oder ideelle Konkordanz, heisst es. Dabei ist das Bestechende an der so genannten „Zauberformel“ gerade der Umstand, dass Parteien nicht in der Regierung sind, weil sie gleicher Meinung sind, sondern obwohl sie unterschiedliche Auffassungen haben. Die politischen Kräfteverhältnisse des Landes, so die Absicht, sollen sich in der Landesregierung widerspiegeln.

Damit sind wir beim Kern des Problems. Es geht um die demokratische Legitimation eines für das Leben der Schweizerinnen und Schweizer sehr wichtigen Gremiums. Diese ist am besten gewährleistet, wenn sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Gremium vertreten fühlen. Und nichts garantiert das besser als eine direkte Wahl, wobei über deren konkrete Ausgestaltung, etwa über den Minderheitenschutz, noch zu diskutieren wäre.

Eine Volkswahl der Mitglieder der Regierung, wie sie in sämtlichen Kantonen seit jeher erfolgreich praktiziert wird, würde das Gremium insgesamt stärken. Nicht nur gegenüber der Bundesversammlung, sondern, viel wichtiger, auch gegenüber der Verwaltung. Niemand im Lande könnte auf eine dermassen starke demokratische Legitimation verweisen, wie vom Volk gewählte Bundesräte. Und diese stünden nur dem Souverän gegenüber in der Verantwortung. Damit erführe das Prinzip der Gewaltentrennung, von „checks ans balances“, eine Stärkung. Davon profitierten alle, denn nur im freien und offenen Disput von Ideen und Meinungen kommt eine Gesellschaft vorwärts.

„Antirassismus“ als Vorwand im Kampf gegen die SVP

Bereits anlässlich der Albisgüetli-Tagung 2007 stellte der damalige Präsident der Zürcher SVP, Hansjörg Frei, die Frage, wer uns vor dem Schutz durch die Justiz schützt. Angesichts des jüngsten Verfahrens der Zürcher Staatsanwaltschaft gegen den Präsidenten der Zürcher SVP, erweisen sich Freis Befürchtungen als geradezu prophetisch.

Dem Strafrecht werden in der Lehre drei Funktionen zugeschrieben: Es soll abschrecken, also von Straftaten abhalten, und dies sowohl die Allgemeinheit (Generalprävention) als auch den Einzelnen (Spezialprävention). Ferner wird mit der Bestrafung auch der legitimen Forderung der Gesellschaft nach Sühne Rechnung getragen.

Das Strafrecht hat aber noch eine weit darüber hinausgehende Funktion. Es ist für die gesellschaftliche Ordnung von zentraler Bedeutung. Es muss als gerecht empfunden werden. Das Verhältnis von Straftat und Strafe muss in einem nachvollziehbaren Verhältnis stehen. Doch genau das ist immer weniger gewährleistet. Immer häufiger bewirken Urteile ungläubiges Kopfschütteln. Vor allem wenn man Strafen und Strafmasse vergleicht. Die Justiz passt sich nicht nur veränderten Lebensgewohnheiten an. Sie reagiert auf kurzfristige Modeströmungen bereits schneller als Karl Lagerfeld. Sie ist zum Spielball der Politisch-Korrekten geworden. Opportunität verdrängt Recht.

Justiz wurde von den 68ern als letzte Bastion genommen

Die 68er haben auf ihrem Marsch durch die Institutionen mittlerweile als letzte Bastion auch die dritte Staatsgewalt in Beschlag genommen. Praktisch widerstandslos liess sich die Justiz vor den Karren der Linken spannen, und nie hat sie sich über diese politische Einflussnahme beklagt. Im Gegenteil, geradezu in devoter Art und Weise nehmen Staatsanwälte bereits am Fernsehen vor laufender Kamera Aufträge entgegen. Wenn Chef-Funktionärin, Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, in der ARENA im Stile einer Befehlsausgabe festlegt, wer die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen habe, kommt bei der von hochbezahlten Juristen strotzenden Zürcher Staatsanwaltschaft niemand auf die Idee, höflich aber bestimmt, darauf hinzuweisen, dass wir in unserem Land so etwas wie Gewaltentrennung mit einer unabhängigen Justiz haben. Offenbar glauben Insider nicht daran. Das ist beängstigend.

Geht es um einen Vertreter der SVP, ist bei der Staatsanwaltschaft das Dispositiv klar: Als erstes werden die Medien informiert, dann wird eine Hausdurchsuchung durchgeführt und zuletzt wird heuchlerisch behauptet, es gelte selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Bei Vertretern anderer Parteien, dürfen selbst Gewaltverbrecher auf Diskretion zählen.

Während sich Heerscharen von Journalisten mit der Frage der Wissenschaftlichkeit an einem Universitätsseminar auseinandersetzen, scheint es niemanden zu kümmern, ob unsere Staatsanwälte primitivsten juristischen Anforderungen genügen. Es reicht offenbar, wenn sie politisch auf der Linie sind. Nicht anders ist es zu erklären, dass es keinen Aufschrei gab, als die Bundesanwaltschaft ein Verfahren in Sachen Bankdatenlieferung an die USA mit der Begründung ablehnte, die betreffende Bank habe „von der höchsten staatlichen Instanz die Erlaubnis erhalten“ und hätte darum gar nicht illegal gehandelt haben können. Das ist grotesk! Von der ersten Staatskundelektion an, weiss jeder Schüler, dass der Bundesrat nicht die „höchste staatliche Instanz“ ist. Wie viel weniger dann erst die Finanzministerin? Und ist es nicht so, dass seit der Überwindung des Absolutismus auch Regierungen ans Gesetz gebunden sind? Und gehört es nicht zu den vornehmsten Aufgaben der Staatsanwaltschaft, dafür zu sorgen, dass sich auch die Behörden ans Gesetz halten? Hier wird Recht zur Farce.

Die Antirassismusstrafnorm als politische Waffe

Mit dem 1. Januar 1995 hat sich die Schweiz etwas Grundlegendes verändert. Seit jenem Tag hat die Schweiz ein Gesinnungsstrafrecht. Seit jenem Tag kann jemand in der Schweiz dafür verurteilt werden, dass er historische Tatsachen leugnet. Wer vorher ein Irrlicht oder ein Dummkopf war, muss seit jenem Tag damit rechnen, zum politischen Gefangenen zu werden. Und das in der freien Schweiz!

Der Rassendiskriminierungsartikel 261bis StGB war von Anfang an als politische Waffe konzipiert. Einmal mehr „musste“ die Schweiz gesetzgeberisch tätig sein, weil Bundesrat und Verwaltung einer internationalen Konvention beitreten wollten. Leider glaubte eine knappe Volksmehrheit der Beteuerung des damaligen Bundesrats Arnold Koller, es gehe mit der neuen Bestimmung nur darum, besonders schwerwiegende und verwerfliche Formen der Rassendiskriminierung zu ahnden. Und der Stammtisch bleibe selbstverständlich ausgenommen. Letztere Behauptung machte das Bundesgericht bereits nach kurzer Zeit zur Makulatur. Es folgte eine Reihe von Urteilen, in denen die Meinungsäusserungsfreiheit weiter beschnitten wurde.

Neuste Groteske ist die Aufnahme eines Strafverfahrens gegen den Präsidenten der Zürcher SVP, Nationalrat Alfred Heer. Dieser hatte in der Sendung «SonnTalk» auf «Tele Züri» am 16. September im Rahmen einer asylpolitischen Debatte gesagt, junge Nordafrikaner aus Tunesien kämen schon «…als Asylbewerber mit der Absicht, kriminell zu werden.»

Ein Richter, der sich um Nichtigkeiten kümmert

Gegen diese Aussage erstattete ein notorischer SVP-Hasser Anzeige, die vom Zürcher Staatsanwalt Manfred Hausherr umgehend an die Hand genommen wurde. Der Mann fürchtete offensichtlich, andernfalls von der Schweizer Illustrierten den „Kaktus der Woche“ zugesprochen zu erhalten. Im alten Rom wurde von hohen Beamten noch Charakterstärke verlangt. Es galt das geflügelte Wort: „minima non curat praetor“ – der Prätor (Richter) kümmert sich nicht um Nichtigkeiten.

Was Alfred Heer gesagt hat, ist genau eine solche Nichtigkeit, bei der er sich sogar auf die neusten Polizeistatistiken abstützen kann. Doch das interessiert Gesinnungsinquisitoren wie Manfred Hausherr nicht. Obwohl er weiss, dass der Nationalrat Heers Immunität mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht aufheben wird, setzt er die ganze Maschinerie in Bewegung und verschwendet Steuergeld. Er will politisch-korrekt bleiben, sich ja nicht dem Vorwurf aussetzen, er habe als Staatsangestellter etwas für SVPler übrig. Die Entlassung Christoph Mörgelis hatte eine disziplinierende Wirkung.

Immerhin muss man Manfred Hausherr zugute halten, dass nun niemand mehr ernsthaft bestreiten kann, dass Artikel 261bis StGB eine politische Waffe ist. Eine politische Waffe in der Hand übereifriger Staatsanwälte. Das erträgt ein Rechtsstaat auf Dauer nicht.