DV-Referat gegen die Initiative AHVplus

An der Delegiertenversammlung der SVP des Kantons Zürich vom 24. August 2016 überzeugte ich die Delegierten mit diesem Referat von einem NEIN zu diesem verantwortungslosen Volksbegehren.

Herr Präsident, geschätzte Delegierte

Vor einigen Jahren stellte ein „frecher Siech“ im Kantonsrat dem Regierungsrat folgende Frage:

„Ab welcher Stufe unserer Volksschule müssen Schülerinnen und Schüler folgende Aufgabe lösen können?

Ein Dorfbrunnen hat einen Inhalt von 150 Litern. Pro Stunde fliessen 100 Liter zu. Nun haben die Buben des Dorfes den Stöpsel herausgezogen, sodass pro Minute zwei Liter abfliessen. Wann ist der Brunnen leer?“

Die Zürcher Regierung antwortet prompt: „Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe der Volksschule (4. bis 6. Klasse) sind in der Lage, die infrage stehende Rechenaufgabe zu lösen.“

Dann wollte ich noch wissen:

Warum bekundet der Regierungsrat mit der gleichen Aufgabenstellung so grosse Mühe, wenn es nicht um einen Brunnen, sondern um die Staatskasse, und nicht um Wasser, sondern um Schweizerfranken, geht?

Bei der zweiten Frage war die Antwort des Regierungsrats nicht mehr ganz so klar. Zusammengefasst führte er etwa aus, es sei halt kompliziert.

*

Warum komme ich heute mit diesem Beispiel?

Meine Damen und Herren, auch wenn es um viel Geld und die demographische Entwicklung unseres Landes geht, ist die AHV durchaus mit einem Brunnen zu vergleichen. Es fliesst Geld hinein, und es fliesst Geld raus.

Und wie der Pegelstand beim Brunnen lässt sich genau berechnen, wie viel Geld für die Auszahlung der Renten zur Verfügung steht. Die Männer, die im Jahr 2050 ins AHV-Alter kommen, wurden gerade eben mit einem Händedruck für den Dienst am Vaterland verabschiedet. Und auch jene, die 2080 in Rente gehen, sind heute Abend nach geltendem Recht bereits auf der Welt. Und wir stehen in der Verantwortung, diesen Menschen ein funktionierendes Sozialwerk zu hinterlassen. Das heisst – um beim Bild des Brunnens zu bleiben – der Pegelstand muss langfristig mindestens stabil sein.

Die Realität sieht anders aus:

2014 sank der Pegelstand um 320 Millionen Franken.

2015 sank er um weitere 579 Millionen Franken.

Wir haben nun zwei Möglichkeiten, um dieser Entwicklung zu begegnen: Entweder, wir sorgen dafür, dass mehr reinfliesst, oder wir sorgen dafür, dass weniger abfliesst. Die Politik hat nur zu entscheiden, was weniger weh tut.

Wenn wir nichts machen, wird die AHV schon 2030 7,5 Milliarden Franken mehr ausgeben als einnehmen – jährlich, wohlverstanden!

Und nun kommen also die Sozis und ihre linke Freunde und schlagen vor, den Abfluss noch zu vergrössern, indem die Renten generell – also wieder einmal mit der Giesskanne – um 10 Prozent erhöhen wollen. Die Genossinnen und Genossen würden also im Kanton Zürich nicht einmal die Mittelstufe der Volksschule bestehen.

Würden Volk und Stände dem Anliegen zustimmen, hätte dies eine jährliche Zusatzbelastung von 5,5 Milliarden Franken zur Folge. Das kann nur anstreben, wer unser Land sabotieren oder auf EU-Niveau herunterwirtschaften will. Immerhin wäre die Umsetzung der Initiative nur mit einer substantiellen Erhöhung der Mehrwertsteuer zu finanzieren. Nach Lesart derjenigen, die es in die EU zieht, ist das ein Abbau einer „Beitrittshürde“.

Wir alle wollen, dass es unseren Rentnerinnen und Rentnern gut geht, und niemand hat etwas dagegen, wenn insbesondere die Situation der besonders Bedürftigen verbessert wird. Doch gerade hier hält die Initiative nicht, was sie verspricht: Das Bundesamt für Sozialversicherung zeigt auf, dass wirklich Arme sogar schlechter fahren. Denn bei einer höheren AHV entfällt rasch der Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Und da die AHV im Gegensatz zur Ergänzungsleitung versteuert werden muss, werden viele Menschen bei Annahme der Initiative weniger Geld zur Verfügung haben als bisher.

Gehen Sie mal auf die Website des Initiativkomitees. Diese sagt einiges aus über die in diesem Lager herrschende Geisteshaltung:

Es brauche 10 Prozent mehr AHV, weil die Pensionskassen-Renten sinken und die AHV einspringen muss.

Dass es wirtschaftliche und demographische Gründe sind, die auch bei den Pensionskassen zum Masshalten zwangen, erwähnen sie nicht. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass diese Delegiertenversammlung der Zürcher SVP der Senkung des Referenzsatzes zugestimmt hat. Nicht, weil wir lieber tiefere Renten haben, sondern aus Verantwortungsbewusstsein.

Weiter sagen sie Initianten, die Renten müssten steigen, weil die Krankenkassenprämien das Budget der Pensionierten immer stärker belasten.

Dass die Krankenkassenprämien steigen, stimmt zwar, aber warum steigen sie?

Wer war für das Krankenversicherungsgesetz und wer dagegen?

Und warum war die SVP dagegen?

Nicht weil wir gegen Solidarität und den Sozialstaat sind, sondern aus Verantwortungsbewusstsein!

*

Geschätzte Delegierte, es sieht nicht gut aus. Wir werden unser Verantwortungsbewusstsein in den nächsten Jahren noch häufig unter Beweis stellen müssen. Nur ein paar wenige Zahlen:

Zwischen 1990 und 2014 ist alleine die Verschuldung des Bundes um 183 Prozent angestiegen. Jene der Sozialversicherungen – nun halten Sie sich fest verehrte Damen und Herren! – ist um volle 700 Prozent angestiegen.

Die Verschuldung Pro Kopf – also vom Säugling bis zum Greis – betrug 1990 17‘125 Franken. 2014 waren es 27‘065 Franken. Das ist eine Steigerung um 58 Prozent – bei einem Bevölkerungswachstum von knapp 20 Prozent!

Eine verantwortungsvolle Politik hat andere Zahlen vorzuweisen.

Meine Damen und Herren, dieser Trend muss umgekehrt werden. Die Initiative verstärkt und beschleunigt ihn noch.

*

Ich komme zum Schluss.

Geschätzte Delegierte, ursprünglich war geplant, dieses Geschäft nicht kontradiktorisch und nur im Kantonalvorstand zu behandeln. Dort wurden aber Stimmen laut, wonach das Anliegen, die Renten zu erhöhen, auch in unserer Partei Sympathien geniesst.

Persönlich kann ich kaum glauben, dass SVPler eine dermassen verhängnisvolle Initiative unterstützen. Wir alle sind über die 6. Primarklasse hinausgekommen und wissen, das Geld nicht auf den Bäumen wächst.

Aber heute Abend braucht es ein starkes Signal! Helfen Sie mit und lassen Sie uns die Zweifler ins Unrecht versetzen! Die Delegierten unserer Mutterpartei beschlossen mit 338 zu 15 die Nein-Parole. Von der Zürcher SVP wünsche ich mir eine deutlichere Ablehnung.

Ein Gedanke zu „DV-Referat gegen die Initiative AHVplus“

  1. Nun ja Der Vergleich zum Brunnen, der abfliesst ist nicht abwegig. Nur ist es so, dass nach dem Bundesamt für Statisistik für 2015 die durchschnittliche Rente bei Franken 1’855 lag (ohne EL); Männer 1’4840/ Frauen 1’870.

    Mit Prämienverbilligung im Fall von AHV+ zu 10% bezahlt *(ohne EL) ein Rentner damit das BVG und hat neben Miete, Hausrat- und Haftpflichtversicherung sowie Selbstbehalt aus Franche *(ca. 300 Franken) immer noch weniger an Grundbedarf als nach SKOS und muss *(ohne EL) selbst den Zahnarzt selbst bezahlen. Im IV-Vorrenteralter kommen weitere Franken 550 AHV hinzu.

    Es sind nicht die Alten oder Invaliden, die den Brunnen leerschöpfen, sondern arbeitsunwillige Erwerbslose, die sich nicht als Temopärärarbeiter melden.

    Rechnen wir den Betrag jedoch hoch zu unserer Gesamtbevölkerung auf 8 Milliononen mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung gemäss Bundesamt für Statistik von 20 Jahren ab Pension, dann haben wir im Jahr 2056 weder Brunnen noch einen Schweizer Franken mehr.

    Um mindeststens 10% zu kürzen ist deshalb der Grundbedarf nach SKOS, bevor wir über eine Erhöhung der AHV sprechen.

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