Teure Solidarität

Dass es auch die NZZ normal findet, dass die angebliche „Solidarität“ der Schengen-Staaten mit der Schweiz nicht gratis sei, vermag nicht zu überraschen. Schliesslich waren es vor allem freisinnige Politiker, die ihre Begeisterung darüber kaum zu zügeln vermochten, dass sich Staaten, die von sich behaupten Rechtsstaaten zu sein, an Verträge halten.

Nichts anderes ist nämlich passiert. Die Schweiz hat sich vertragskonform verhalten, als sie Vertretern der libyschen Nomenklatur die Einreise verweigerte, und sie durfte nach Treu und Glauben darauf vertrauen, dass der Schengen-Vertrag auch von den anderen Unterzeichnerstaaten eingehalten wird. Oder haben wir es mit derart unsichere Kantonisten zu tun, dass diese mit Geldzahlungen dazu gebracht werden müssen, sich an Vereinbarungen zu halten?

Wie dem auch sei, von Solidarität kann jedenfalls keine Rede sein. Genau so wenig, wie man bei einem Mietvertrag von einer Solidarität der Vertragsparteien reden würde, wenn der Vermieter das Objekt zu Verfügung stellt, und der Mieter pünktlich die Miete bezahlt.

Eine vollkommen andere Frage ist freilich, ob ein Staat das Recht haben soll, darüber zu bestimmen, wer sich auf seinem Territorium aufhalten darf. Ein Staat, der auf dieses Recht verzichtet, verzichtet auf den Kerngehalt seiner Souveränität. Und wenn es nach dem Vertrag zu Schengen tatsächlich nicht möglich sein sollte, dass die Schweiz einem libyschen Beduinenclan die Einreise verweigert, weil dadurch das Verhältnis Dritter mit dem „mad dog“ eine Störung erfährt, so ist der Vertrag schleunigst zu kündigen.