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Linke “Wirtschaftsförderung” oder die destruktive Kraft der Moralisten

Es ist gegenwärtig wieder einmal viel von staatlicher Wirtschaftsförderung die Rede. Die Geschichte lehrt allerdings, dass der Staat im Zerstören wesentlich effizienter ist als im Aufbauen. Wirtschaftsförderung darf nicht länger Aufgabe einer Amtsstelle sein und sich auf das Drucken von Prospekten beschränken. Die Förderung der Wirtschaft muss wieder „raison d’être“ des Gemeinwesens werden.

Der Einfluss des Staatsapparats mit seiner Bürokratie auf unser Leben ist so enorm, dass er von den meisten längst als Selbstverständlichkeit empfunden wird. Die Frage nach der Legitimation einer Institution, in unser Leben einzugreifen, wird nicht einmal mehr gestellt. Fragten die grossen Staatstheoretiker noch nach der moralischen Rechtfertigung des Staates, sind es heute der Staat, bzw. dessen Vertreterinnen und Vertreter, die moralisieren und über Gut und Schlecht befinden. War es für John Locke, der mit seinem Denken die Welt verändert und vorangebracht hat, noch klar, dass eine Regierung nur legitim ist, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt und die Naturrechte Leben, Freiheit und Eigentum beschützt, lässt man heutzutage der Regierung freie hand – einzig und allein weil sie Regierung ist. Dabei ist der Staatsapparat, was Freiheit und Eigentum anbelangt, längst zur grössten Bedrohung geworden.

Divergierende Interessen

Interessen und Ziele von Regierung und Regierten driften immer stärker auseinander. Wenn Regierungsvertreter erklären, das Land wolle Dieses oder Jenes, ist keineswegs sicher, dass Dieses oder Jenes dem Einzelnen bei seinem Streben nach seinem persönlichen Glück auch zu Gute kommt. Im Sprachgebrauch hat diese sich öffnende Kluft bereits ihren deutlichen Niederschlag gefunden. So etwa wenn von „Steuergeschenken“ oder so genannten PPP-Projekten die Rede ist, von Public-Private-Partnership-Projekten. In solchen Ausdrücken kommt die Abwendung von der Auffassung zum Ausdruck, dass der Staat den Bedürfnissen der Menschen und der Wirtschaft zu dienen hat. Der Staat wird nicht mehr als Gemeinschaft von Individuen zur Förderung der gemeinsamen Wohlfahrt empfunden, sondern als eigenständiger Organismus mit eigenem Willen, dem im Grunde alles gehört.

Die gleiche Geisteshaltung kommt zum Ausdruck, wenn Vertreter von Regierung und Verwaltung ganze Industrien als „Klumpenrisiko“ betrachten und bezeichnen. So etwa die chemische Industrie in Basel oder der Finanzplatz in Zürich, wo es Regierungsvertretern zunehmend Mühe bereitet, ihre Politik auf die volkswirtschaftlichen Bedürfnisse auszurichten. Das Ziel einer permanenten Verbesserung der Rahmenbedingungen wird kurzfristigen Opportunitäten geopfert. Was zählt, ist das Image – oder das, was man für das image hält.

Die Demontage geht weiter

Von einer guten Ordnungspolitik, die für möglichst tiefe Steuern und möglichst wenig einschränkende Gesetze steht, sind wir leider weit entfernt. Die öffentlichen Haushalte drohen ausser Kontrolle zu geraten, die Verschuldung hat ein bedrohliches Ausmass angenommen, die Sozialwerke sind in einem desolaten Zustand und wichtige Industrien kämpfen ums Überleben. Gleichwohl scheint der Leidensdruck noch nicht gross genug zu sein. Über 100’000 Stimmbürger haben ein Volksbegehren der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) unterzeichnet, das ein Ausfuhrverbot für Kriegsmaterial und besondere militärische Güter verlangt. Einer Industrie, die bereits heute nur noch ein Schatten ihrer einstigen Grösse ist, soll also vollends der Garaus gemacht werden.

Zerstören mit der Moral-Keule

Im Zerstören von ganzen Wirtschaftszweigen waren die Linken schon immer stark. Wer sich ihrem moralischen Bannstrahl ausgesetzt sieht, hat ein Problem. Auch wenn sich die Weltverbesserer in Medien und Verwaltung lediglich zum Ziel gesetzt haben, korrigierend einzugreifen. Auch beim Abzahlungskauf wollte man seinerzeit bloss etwas korrigieren. Das Resultat war ein Regelwerk, das dazu geführt hat, dass praktisch keine solchen Verträge mehr abgeschlossen werden. Oder der Haustürkauf: Weil der Gesetzgeber mündigen und urteilsfähigen Bürgern unterstellt, sie seien – im Gegensatz zur Verwaltung – nicht in der Lage, die Konsequenzen eines Kaufs auf öffentlichen Plätzen oder eben an der Haustüre richtig abzuschätzen, wurde eine seit Jahrtausenden bestehende Handelsform demoliert. Eine ganze Branche wurde abgestraft, als handelte es sich dabei um das organisierte Verbrechen schlechthin. Oder wie verhält es sich mit der Pelzindustrie? Wie viele schöne Unternehmen sind eingegangen, weil sich eine Personengruppe mit der geistigen Offenheit von Taliban, das Recht herausgenommen hat, darüber zu stimmen, was gute und schlechte Industrien sind. Im Moment ist gerade die – gleichzeitig subventionierte –Tabakindustrie im Fokus der zerstörerischen Gutmenschen. Arbeitsplätze interessieren nicht.

Dem Furor der Moralisten bereits vor Jahren zum Opfer gefallen, ist auch die Spielautomatenbranche. In Zürich musste als Kollateralschaden sogar das grossartige Cabaret „Polygon“ seine Türen schliessen, das zuvor vom Besitzer einiger Spiellokale grosszügig quersubventioniert worden war. Die gleichen Leute, die damals vorgaben, sie wollten Menschen und Familien vor dem finanziellen Ruin bewahren, haben allerdings keine Bedenken mehr, wenn Väterchen Staat abkassiert. Das hat einen handfesten Grund: Die Moralisten stehen den von ihnen angeprangerten „Heuschrecken“ nämlich in nichts nach, wenn es ums Abzocken geht. Sie holen das Geld einfach beim Staat und lassen sich für das Lösen von Problemen bezahlen, die es ohne Sie gar nicht gäbe. Im Asyl-, oder Drogenbereich, im Bildungs- und Betreuungswesen leben ganze Industrien fast ausschliesslich von Steuergeld. Ein Risiko besteht nicht. Wenn der Erfolg, was nicht überraschen kann, nicht eintritt, wird einfach nach mehr Geld gerufen. Von der Schaffung solider Arbeitsplätze kann also keine Rede sein. Besonders hirnverbrannt läuft es im Umweltbereich, wo mit gewaltigen Summen erneuerbare Energien gefördert werden. Dass sich die Arbeitsplätze, die auf diese Weise geschaffen werden, in China befinden, tut der Begeisterung unserer Gutmenschen keinen Abbruch. Man weiss schliesslich die Moral auf seiner Seite.

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Erschienen in der „Schweizerzeit“ vom 9. Oktober 2009

Nicht dabei sein zählt, sondern besser sein

Zwei Männer sind zu Fuss in der Savanne unterwegs. Plötzlich merken sie, dass sich ein Löwe an sie heranpirscht. Beide fürchten um ihr Leben. Da öffnet der eine seinen Rucksack, kramt daraus ein paar Turnschuhe hervor und zieht diese an. Verwirrt und vorwurfsvoll fragt ihn der andere, was er damit bezwecke, ob er denn ernsthaft glaube, mit leichteren Schuhen schneller rennen zu können als der König der Tiere. Doch der Angesprochene antwortet nur trocken: „Das ist ja gar nicht nötig. Es reicht, wenn ich schneller bin als Du.“ Dieser – zugegebenermassen nicht mehr ganz taufrische – Witz illustriert sehr treffend das Wesen eines jeden Wettbewerbs und damit natürlich auch jenes des Steuer- oder Standortwettbewerbs. Am Ende zählt nur der relative Vorteil gegenüber den Mitbewerbern.

Mögen ihn die Sozis und ihre Verbündeten noch so heftig als ungerecht verdammen, der Wettbewerb unter den Standorten ist Tatsache. Genauso vergeblich könnten unsere ewigen Weltverbesserer gegen das Wetter, die Schwerkraft oder das Älterwerden protestieren. Wann werden diese Schöngeister endlich begreifen, dass auch unangenehme Tatsachen Tatsachen sind, die es zu akzeptieren gilt?

In der Schweizer Aussenpolitik, die einst eine erfolgreiche Aussenwirtschaftspolitik war, gilt gegenwärtig die Devise: „Dabei sein ist alles.“ Parolen ersetzen das Denken. Ob es richtig und wünschenswert ist, dass sich die G 20 zu einer Weltregierung entwickelt, wird nicht gefragt. Man will einfach dabei sein und vergisst, dass unsere Gegner im globalen Wettbewerb keineswegs von olympischem Geist erfüllt sind. Diese verstehen es, ihre Interessen durchzusetzen, und zögern nicht, dabei zu den hinterhältigsten Mitteln wirtschaftlicher Kriegsführung zu greifen. Dazu ist unsere umtriebige Aussenministerin nicht in der Lage. Sie, die ihren eigenen Regierungskollegen bei jeder sich bietenden Gelegenheit in den Rücken schiesst, gibt sich gegenüber dem Ausland devot. Auch MCR redet zwar von Interessenvertretung, doch hält sie die Interessen des Landes mit denen ihrer Partei und der Ideologie der sozialistischen Internationale für identisch. Darum haben wir heute kein Bankgeheimnis mehr. Und nur, wer die Schweiz hasst, oder sie auf EU-Niveau herunterwirtschaften will, um sie „beitrittsfähig“ zu machen, wird behaupten, es seien in den vergangenen Monaten Schweizer Interessen durchgesetzt worden.

Als Land mit denkbar schlechten Voraussetzungen war die Schweiz seit jeher dazu gezwungen, sich ein für Investoren attraktives Rechtskleid zu schneidern. Henri Nestlé, Georg Wander oder die Herren Brown und Boveri und viele andere haben sich in der Schweiz niedergelassen und Industrien aufgebaut, weil sie hier bessere Standortbedingungen angetroffen haben als in ihren Herkunftsländern. Diese unterscheiden sich natürlich auch innerhalb eines Landes. Erst recht, wenn dieses föderalistisch verfasst ist. Dass wirtschaftspolitische Entscheide langfristig schwerwiegende Folgen haben können, ist in der Berner Zeitung vom 3. September 2005 nachzulesen. So handelte sich Bern bereits in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts einen grossen Rückstand auf Zürich ein, weil es „im gemütlichen Takt tuckerte, den das auf die Landwirtschaft fixierte Patriziat vorgab.“ Heute wirbt Bern in Zürich um Investoren.

Doch auch Zürich läuft Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten. Soeben ging die Meldung durch die Presse, dass ein russischer Milliardär nach einem neuen Wohnsitz Ausschau hält, weil die Pauschalbesteuerung abgeschafft wurde. Anstatt der Turnschuhe haben die Zürcher die Skischuhe montiert, und es macht auch nicht den Eindruck, als sei man auf die versprochene Steuersenkung in Deutschland vorbereitetet. Gut möglich, dass Berner und Zürcher schon bald gemeinsam in Singapur um Investoren werben müssen.
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Erschienen in der Berner Zeitung vom 2. Oktober 2009

Haben wir eins, oder haben wir keins?

Ein Staatsmann wie Konrad Adenauer konnte mit dem Ausspruch „was kümmert mich mein Geschwätz von gestern” punkten. Das ist vermutlich der Grund, weshalb viele heutige Politiker glauben, jeden Tag etwas anderes zu erzählen, verleihe ihnen eine staatsmännische Aura. Dem ist nicht so, wie sich an einem Beispiel aus dem Kanton Zürich aufzeigen lässt.

Auf der Website der Finanzdirektion führt dessen Chefin Ursula Gut aus, dass es für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Kantons Zürich am wichtigsten sei, das strukturelle Defizit im Staatshaushalt zu beseitigen. Darunter versteht man denjenigen Teil des Staatsdefizits, der nicht auf konjunkturelle Schwankungen zurückzuführen ist. Z.B. wenn neue Aufgaben ohne Abbau bestehender Aufgaben zur Überlastung des Staatshaushaltes führen.

Man ist für einmal versucht, „BRAVA!“ zu rufen, denn seit Jahren fordert die SVP genau das: die Beseitigung des strukturellen Haushaltsdefizits. Noch vor Kurzem glaubten wir, dass der Kampf verloren sei, denn noch in einer Medienkonferenz vom Dienstag, 25. März 2008 führte die Finanzdirektorin aus: „Zur Zeit kann davon ausgegangen werden, dass kein strukturelles Defizit besteht, dass aber die Finanzplanung nach wie vor ein solches aufzeigt.“

Es soll also etwas bekämpft werden, was es nach eigener Aussage gar nicht gibt. Die Erfolgsaussichten sind entsprechend ungewiss.

Das arktische Eis wächst – was macht Leuenberger noch hier?

Nachdem einer seiner Kollegen völlig unbeirrt gesichtslos weiterregiert, darf man gespannt sein, ob sich wenigstens Moritz Leuenberger an sein Versprechen hält. Er versprach nämlich einmal, dass er erst zurücktreten werde, wenn die Gletscher wieder wachsen.

Der Zeitpunkt ist gekommen: Nicht nur in der Antarktis auch in der Arktis nehmen die Eismassen deutlich zu. Nach dem Minimum von 4.267.656 km2 arktischen Meereises am Ende der Sommer-Schmelzsaison von 2007 erreichte das Meereis am 17.09.2008 eine Minimalausdehnung von 4.718.594 km2. Die aktuellen Daten deuten darauf hin, dass der Wendepunkt von der sommerlichen Schmelze in diesem Jahr bereits jetzt erreicht worden sein könnte, was eine Minimalausdehnung in der Sommersaison 2009 von 5.249.844 km2 bedeuten würde. Damit läge das 2009er Minimum um annähernd 1.000.000 km2 (genau 982.188 km2) Meereis höher als das Rekordminimum von 2007, was einer Flächenzunahme von 23% in zwei Jahren entspricht.Sieht so das „rapide Verschwinden” des arktischen Eises aus? Die alarmistische Propaganda ist als unsinnig überführt. Natürlich sind zwei Jahre der Eiszunahme kein Beweis für einen gegenläufigen Trend, aber ein beschleunigter Eisschwund ist jedenfalls nicht zu beobachten und kann nur über den mathematischen Trick der Trendfortschreibung behauptet werden.

Da man solche Meldungen in unseren Qualitätsmedien weder zu lesen noch zu hören kriegen wird, werden wir weiterhin auf den Rücktritt Leuenbergers warten müssen.

Anmerkungen zur Bundesratswahl

Die Vereinigte Bundesversammlung hat entschieden: Der Neuenburger Freisinnige Didier Burkhalter ist der 112. Bundesrat der Schweiz. Der Mann macht auf mich einen guten Eindruck, auch wenn er wegen seines Drangs in die EU nicht meine 1. Wahl war. Er wirkt besonnen und ernst. Einer, der offenbar nicht nur an sich denkt. Das kann in dem Gremium, dem er fortan angehört, nicht schaden. 

Wie unser neuer Bundesrat treffend bemerkte, verlief die Wahl in einem würdigen Rahmen. Viele Jahre war es so, dass zahlreiche Räte ihrem feierlichen Eid, ihr Amt gewissenhaft zu erfüllen, nicht nachgekommen sind. Die heutige Wahl berechtigt also zu einer gewissen Zuversicht.

 

Erfreulich ist das Versagen der CVP, die sich klar und unmissverständlich auf die Unterstützung durch das linke Lager verlassen hat. Ihr Angriff auf die Konkordanz ist gescheitert, und das ist gut so. Wer im politischen Ränkespiel auf so grosse Erfahrung zurückblicken kann, wie die Christlichdemokraten, sollte eigentlich wissen, dass Parteien und Fraktionen kaum etwas so sehr fürchten, wie die berühmte „Retourkutsche“. Und so weit geht die Solidarität unter den Linken dann doch nicht, dass die Sozis freiwillig auf einen Sitz zu Gunsten der Grünen verzichten würden. Offensichtlich haben Christoph Blocher und Christian Levrat am Rande ihrer gemeinsamen Medienkonferenz letzte Woche auch über Politik gesprochen…

 

Das Argument der CVP, ihr Anspruch sei ausgewiesen, verfing nicht. Das liegt daran, dass es auf falschen Prämissen beruht: Weder nach Partei- noch nach Fraktionsstärke ist die CVP dritte Kraft im Land. Die freisinnig-liberale Fraktion ist um ein Mitglied stärker als jene der CVP. Der Verweis auf die Fraktionsgemeinschaft mit EVP und GLP ist abwegig, denn es wäre der CVP nicht im Traum eingefallen einen Kandidaten von einer dieser beiden Splittergruppen als Bundesratskandidat aufzustellen. Diese geniessen bestenfalls statistische Bedeutung.

 

Bemerkenswert ist schliesslich das unreflektierte Palaver der BDP. Schon am frühen Morgen verkündeten deren Vertreterinnen und Vertreter, dass sie zur Konkordanz stehen und darum – mehrheitlich (sic.) – für Herrn Burkhalter stimmen werden. Natürlich hat keiner unserer denkfaulen Journalisten nachgehakt, obwohl diese Aussage, konsequent zu Ende gedacht, nichts anderes bedeutet, als dass die BDP anerkennt, dass sie in der Landesregierung nichts zu suchen hat. Auch das darf mit Befriedigung zur Kenntnis genommen werden. 

Hopp Obwalden!

Wer ein Problem hat, hat zwei Möglichkeiten, dieses zu lösen: Er kann entweder um Hilfe betteln, oder versuchen, sich aus eigener Kraft aus seiner Lage zu befreien. Das kleine Obwalden hatte ein Problem und entschied sich für die Selbsthilfe. So wie Bern selbstverschuldet in die Liga der finanzschwachen Kantone abgestiegen ist, will man selbst den Aufstieg schaffen. Man senkte die Steuern und putzte sich für wohlhabende Personen heraus. Umgehend stellten sich erste Erfolge ein. Um gute Steuerzahler anzuziehen, soll nun die Möglichkeit geschaffen werden, einige Parzellen als „Zonen mit hoher Wohnqualität“ festzulegen. Dafür mussten sich die Innerschweizer von der inkarnierten Schwermut im Bundesrat sagen lassen, es betreibe „nichts anderes als Apartheid“. Der Genosse Infrastrukturminister muss wohl gerade einen Aussetzer gehabt haben oder so sehr mit Bloggen beschäftig gewesen sein, dass er etwas vergessen hat: Er selbst hat nämlich der Landesregierung die Genehmigung der neuen Obwaldner Bau- und Zonenordnung beantragt. Das ihm unterstellte Bundesamt für Raumentwicklung begrüsste die Richtplanfestlegungen sogar ausdrücklich als „Umsetzung der strategischen Leitideen des Kantons“. Man glaubt es kaum: Ausgerechnet Oberetatist Leuenberger, der landauf, landab nach mehr staatlichem Einfluss und stärkerer Kontrolle ruft, hat keine Ahnung, was in seinem Laden läuft. Wo er zuständig ist, wird weder kontrolliert noch geführt.

In einer Zeit grassierender Sozialisierung haben Eigeninitiative und -verantwortung einen schweren Stand. Wäre die Obwaldner Regierung nach Bern gepilgert und hätte dort gejammert und die hohle Hand gemacht, die „Solidarität“ des linken Klüngels wäre ihr sicher gewesen. Dieser liebt es nämlich, sich mit dem Geld anderer Leute grosszügig zu zeigen. Und wehe dem, der dieses System der Scheckbuchpolitik in Frage stellt. Als der Chef der Deutschen Bank, Joe Ackermann, kürzlich sagte, er würde sich schämen, wenn er öffentliche – also von den Steuerzahlern erarbeitete – Gelder in Anspruch nehmen müsste, wurde er dafür beinahe gesteinigt. Und Leuenbergers Parteifreund Steinbrück nötigte die Banken geradezu zur Inanspruchnahme der angebotenen Hilfe.

Natürlich wissen auch Sozialdemokraten, dass staatliche Konjunkturprogramme so gut wie nichts bringen. Es geht ihnen auch nicht darum „der Wirtschaft“ zu helfen. Sie wollen deren stärkere Anbindung an den Staat. Sie wollen nicht weniger, sondern mehr Staat und sind gerne bereit, dafür die Freiheit zu opfern. Dieses Credo verbindet die Sozialisten Leuenberger und Steinbrück, denen man nicht einmal verübeln kann, dass sie sozialistische Politik betreiben. Diese beruht auf der Idee, Gerechtigkeit sei dann hergestellt, wenn alle gleich sind. Wenn sie sich gleichviel – oder zutreffender: gleichwenig – kaufen können. Dementsprechend wird als ungerecht empfunden, wenn einer mehr hat als der andere. Ob er dafür mehr gearbeitet hat, ist unerheblich. Ein Einwand, der nur stört auf dem Weg zur totalen Gleichheit.

Um ja nie für irgendetwas verantwortlich zu sein, lehnen Sozis das Prinzip der Eigenverantwortung ab. Verantwortlich ist für sie immer das Kollektiv, die Gesellschaft. Dabei haben sich in der Geschichte Gesellschaftsformen, die auf Eigenverantwortung statt auf Neid und Missgunst basieren, durchwegs als überlegen erwiesen. Genau diese Einsicht hat sich in Obwalden durchgesetzt. Das verdient Lob. Mögen sich Scharen von Millionären in diesem tapferen Kanton niederlassen und all diejenigen, die noch immer den falschen Signalen lauschen, alt aussehen lassen.

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Erschienen in der Berner Zeitung vom 30. Mai 2009

Steuerstreit zu Lasten unserer Sozis

In Deutschland ist Wahlkampf. Es finden also bald Wahlen statt. Das sollte uns eigentlich froh stimmen. 20 Jahre nach dem Zusammenbruch der zweiten deutschen Diktatur innerhalb der letzten hundert Jahre werden immer noch regelmässig Wahlen abgehalten. Zwar ist die Sache mit dem Kaiser noch immer nicht ganz überwunden, aber immerhin: Es wird gewählt.

Nach der Wahl wird eine Regierung gebildet, und momentan sieht es nicht so aus, als würden die Sozialdemokraten daran beteiligt sein. Zu schlecht sind ihre derzeitigen Umfragewerte. Die SPD dümpelt um ihren historischen Tiefstand herum. Nicht einmal für „rot-rot-grün“ würde es derzeit reichen. Da ist es nur normal, dass man um jeden Prozentpunkt kämpft. Und wenn es zu einem brauchbaren Konzept, geschweige denn einer klaren Strategie, die dem eigenen Land zum Wohle gereichen würde, nicht reicht, flüchtet man sich auf das Feld der Aussenpolitik und sucht nach einem Feindbild. Genosse Steinbrück hat sein Feindbild gefunden: Es ist die Schweiz. Und da sich Deutschland noch nie gross um die Souveränität anderer Staaten kümmerte, will er sie mit „Zuckerbrot und Peitsche“ gefügig machen.

Ohne Zweifel wird Steinbrücks Partei von diesen Ausfällen profitieren. Schon in der Vergangenheit konnten deutsche Politiker immer damit punkten, dass sie Minderheiten für eigene Probleme verantwortlich machten. Entweder behaupteten Sie, man stehe ihnen vor der Sonne, oder sie setzten sich gegen „innere Schädlinge am deutschen Volkskörper“ zur Wehr. Die Möglichkeit, selbst für das eigene Schicksal verantwortlich zu sein, wird nicht in Betracht gezogen. Immer sind andere die Bösen.

Etwas Gutes hat die ganze Angelegenheit trotzdem: Während die deutschen Sozis profitieren, werden unsere verlieren. Die Schweizer mögen es nämlich nicht besonders, von den Deutschen angegriffen und beleidigt zu werden, und die hiesigen Sozialdemokraten werden nicht müde zu betonen, dass sie im Grunde das Gleiche wollen – das Ausschalten des Steuerwettbewerbs. In Ihrem Brief an ihre deutschen Genossen monieren sie denn auch nur den Stil der Anwürfe. Dass dieses Schreiben bis heute keiner Antwort gewürdigt wurde, zeugt zudem nicht gerade von grossem Gewicht der SP im Rahmen der sozialistischen Internationale.