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Auftrag erfüllt – Das Bankgeheimnis ist futsch

Aus zwei Gründen, wurde Micheline Calmy-Rey 2002 als Nachfolgerin von Ruth Dreifuss in den Bundesrat gewählt. Erstens, so hiess es: Sie sei Grossmutter. Und zweitens: Sie habe die Finanzen des Kantons Genf saniert. Das erste stimmt. Das Zweite war eine Lüge, blieb aber ohne Folgen. Wenn es um MCR geht, ist die Wahrheit sekundär. Dass sie das gleiche Verhältnis zur Neutralität pflegt wie einst Octavian zur Republik, sie dem Schein nach erhält und ihr Wesen zerstört, scheint belanglos. Es genügen das Schlagwort „aktive Neutralität“ und der Anschein, es stehe ein Konzept dahinter. Es wird applaudiert, und im Nu gilt MCR als „in der Bevölkerung ungemein beliebt“. Wo man sie besser kennt und mehr von ihr weiss, als dass sie grosse Handtaschen und bunte Mäntel mag, sieht es freilich anders aus. Kein Bundesrat ist in seinem Departement weniger beliebt.

Auf ihrer offiziellen Website gibt die Magistratin ihrer Begeisterung darüber Ausdruck, die „zentralen Interessen unseres Landes“ vertreten zu dürfen. Doch wie glaubwürdig und erfolgreich kann eine in der Wolle gefärbte Sozialistin, die ihr Leben lang gegen das Bankgeheimnis kämpfte und ihrem strategischen Ziel „EU-Beitritt“ alles unterordnet, die Interessen der Schweiz vertreten? MCR ist für diese Aufgabe denkbar schlecht geeignet. Dem Metzgermeisterverband würde es jedenfalls nicht im Traum einfallen, einen Veganer als Lobbyisten anzustellen, um den Fleischkonsum zu erhöhen.

In diesen Tagen ist MCR erneut dabei, unsere Interessen zu vertreten. Damit die Schweiz nicht auf die ominöse Liste der OECD gesetzt wird, wird signalisiert, man sei zu Konzessionen – will heissen: zur Preisgabe – des Bankgeheimnisses bereit. Aus Angst vor dem Tod soll offenbar Selbstmord begangen werden. Dabei liesse sich das mit der schwarzen Liste sehr einfach verhindern: Die Schweiz müsste dazu nur den entsprechenden Beschluss, der der Einstimmigkeit bedarf, ablehnen. Offenbar ein fürchterlicher Gedanke für pathologische Ja-Sager.

Es lässt sich nicht bestreiten, dass die Schweiz heute im internationalen Umfeld wesentlich schlechter positioniert ist als noch vor einigen Jahren. Dabei müsste es, wenn unsere Aussenpolitik etwas taugen würde, genau umgekehrt sein. In ihrem Bestreben, anderen vorzuschreiben, wie sie ihre Probleme zu lösen haben, hat sich Frau Calmy-Rey mit einer Reihe von Staaten überworfen. Ihr Vorpreschen mit der unausgegorenen „Genfer Initiative“ hat die Amerikaner so aufgebracht, dass die Schweiz seither zu keiner wichtigen Konferenz mehr eingeladen wurde. Auch bei den Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen des Staates Israel blieb unser Land draussen vor der Tür. Kann man es Israel verübeln, dass es jemanden die Gastfreundschaft verweigert, der einem erklärten Feind die Aufwartung macht, ihn unter dem Schleier hervor anhimmelt und mit ihm über die „unterschiedlichen Perzeption des Holokaust“ reden möchte? Was da als „aktive Neutralität“ propagiert wird, ist einseitige Parteinahme, also das Gegenteil von Neutralität.

In den Augen Ihrer Freunde, etwa Adolf Muschg, der die Neutralität für einen „unanständigen Furz“ hält oder ihres Kampfgefährten Jean Ziegler, der sich den Kampf gegen den Finanzplatz Schweiz zur Lebensaufgabe gemacht hat, ist MCR keineswegs erfolglos. Für sie ist sie eine Heldin, die ihren Enkeln, im Gegensatz zu anderen Grossmüttern, keine Märchen erzählen muss. Im Gegenteil sie kann ihnen zu Recht sagen: „Dank mir ist es vorbei mit dem Sonderfall. Wegen mir wurden die Neutralität und das Bankgeheimnis aufgegeben.“

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Erschienen in der Berner-Zeitung vom 7. März 2009

Kein Grund mehr, ja zu sagen

Der laufende Abstimmungskampf über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Bulgarien und Rumänien erinnert in Vielem an denjenigen um den EWR-Beitritt: Es stehen sich die gleichen Gegner gegenüber, und die Befürworter verwenden die gleichen Argumente. Höchste Zeit zu erwähnen, dass keines der seinerzeit von den EWR-Befürwortern prophezeiten Schreckensszenarien Wahrheit geworden ist.

 

Was den aktuellen Abstimmungskampf angeht, so konnten die „Freunde der EU“ tatsächlich eine zeitlang etwas ins Feld führen, was als Argument für ein Ja betrachtet werden kann. Die Aussicht, dass bei einer Ablehnung der am 8. Februar zur Abstimmung gelangenden Vorlage, von der EU sämtliche bilateralen Verträge aufgekündigt würden, hat abschreckendes Potential. Ein „Zurück-auf-Feld-1“ kann niemand ernsthaft wollen.

 

Nun hat ausgerechnet EU-Botschafter Reiterer – also der offizielle Vertreter Brüssels in der Schweiz – klar gestellt, dass die EU der Schweiz in keiner Weise drohe. Diese im Abstimmungskampf erhobene Behauptung sei völlig falsch. Weiter sagte er, die Schweiz sei frei zu entscheiden, allenfalls die bilateralen Verträge innert sechs Monaten zu kündigen. Von sich aus werde die EU nichts unternehmen, sondern davon ausgehen, dass die Schweiz die Verträge weiter einhalten werde.

 

Damit ist das zentrale Argument der Ja-Sager implodiert. Wir können also getrost nein sagen.