Egoistische Interessenvertretung?

Man darf ihn selbstverständlich „ziemlich undiplomatisch“ nennen. Ich hätte eher den Titel „Wir sind verloren!“ gesetzt. Alleine schon die Bilder von Franz von Däniken, Staatssekretär im Aussenministerium, die „DAS MAGAZIN“ (41/2009) zur Illustration eines Interviews der Redaktoren Martin Beglinger und Finn Canonica verwendet, zeigt, wie himmeltraurig es um unsere Aussenpolitik bestellt ist. Auf dem Cover ein ausgemergelter Chefdiplomat und dann das:

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Während beispielsweise im VBS sogar Generälen immer wieder das Wort verboten wird, wenn sie ihre private Meinung zum Besten geben wollen, ist dies im EDA durchaus erwünscht. Vorausgesetzt natürlich, dass die Departementsvorsteherin nicht kritisiert wird. Das würde hart bestraft. Wenn jedoch ein Chefbeamter den EU-Beitritt fordert, obwohl die Landesregierung diese Zielsetzung nach eingehender Diskussion aus ihrem Schwerpunktprogramm kippte, muss er deswegen nicht mit Konsequenzen rechnen. Höchstens mit einer Lohnerhöhung.

Nun gibt es genau etwas, das man grosszügig als Argument für einen EU-Beitritt gelten lassen kann. Ein Land erhält damit die Möglichkeit, seine Interessen direkt in den zuständigen Gremien einzubringen. Dazu wäre allerdings erst einmal zu klären, worin diese Interessen genau bestehen. Gerade im Zusammenhang mit der Ratifikation des Vertrages von Lissabon wird deutlich, dass die Interessen zwischen „Brüssel“ und den nationalen Regierungen einerseits sowie zwischen den Regierungen und den Regierten andererseits teilweise massiv divergieren.

Dabei sein ist alles, koste es, was es wolle

Doch zurück zu Franz von Däniken, der da todesmutig seine innersten Überzeugungen preisgab: Ihm gehe es nur um die „internationale Verantwortung“, der sich die Schweiz angeblich in der Vergangenheit nicht gestellt hat. Insbesondere in finanzieller Hinsicht zeige sich unser Land knauserig. Dass über eine Million Ausländerinnen und Ausländer hier leben und ihr Auskommen finden, verdient nach Ansicht des Diplomaten, der auf Kosten der geizigen Schweizer einen stolzen Lohn bezieht, nicht einmal Erwähnung.

Nicht nur das: von Däniken findet es sogar unanständig wenn ein Land Interessen vertritt, und wirft der Schweiz sogar vor, in dieser Hinsicht „egoistisch“ zu handeln. Ganz offensichtlich hat der Mann die vergangenen Jahre im Archiv verbracht und weder Zeitung gelesen noch sich sonst auf irgendeine Art über das Zeitgeschehen auf dem Laufenden gehalten. Sonst hätte er nämlich eine Ahnung davon, wie unzimperlich andere Länder ihre Interessen durchsetzen und sich einen Deut scheren um die Souveränität der anderen. Leute wie Franz von Däniken machen es ihnen leicht.

Immerhin, und das ist Herrn von Däniken zu verdanken, wissen wir nun, dass das mit der Interessenvertretung gar nie ernst gemeint war. Damit ist auch das letzte „Argument“ für einen EU-Beitritt entfallen.

4 Gedanken zu „Egoistische Interessenvertretung?“

  1. Die internationalen Sozialisten wie BR Calmy oder Mister von Dänken befürworten seit 160 Jahren, im Gegensatz zu den nationalen Sozialisten, alles Internationale, Supranationale, alles, was Grenzen verwischt. Das ist ideologisch bedingt und folgt dem Marxmotto: „Werktätige aller Länder vereinigt euch“. Wichtig ist demnach nicht, dass man Schweizer oder Italiener ist, sondern, dass man Werktätiger (um 1860: Arbeiter) ist. Für einen International-sozialisten sind nationale Anliegen zweitrangig, sein Herz schlägt höher bei völker- und grenzüber-schreitenden Problemen wie z.B. europaweite Arbeitsmarktregulierung (Kündigungsschutz à la D oder F). Solches wäre innerhalb der EU möglich. Nationale, schweizerische Anliegen sollten deshalb nie einem Internationalsozialisten anvertraut werden, wenn man etwas für das Land erreichen will. Da hat sich ein Stück Marxismus ins 21. Jahrhundert gerettet, gepflegt von der SP.

  2. Guten Tag Herr Zanetti,

    Ihnen ist aber auch irgendwann mal aufgefallen, dass Hr. von Däniken bereits seit einigen Jahren nicht mehr im EDA tätig ist? Er ist nun nicht mehr (Chef)Beamter, bezieht keinen Lohn mehr und hat entsprechend auch keinen Einfluss auf die schweizerische Aussenpolitik mehr. Ihr Beitrag scheint unter diesem Aspekt unverständlich.

  3. Lieber Herr Bimmler, Sie haben natürlich recht, aber es ist nicht so wichtig, wo Herr von Däniken gerade arbeitet. Viel entscheidender ist seine Aussage, wonach es egoistisch sein soll wenn ein Staat seine Interessen durchzusetzen versucht. Immerhin hören wir von unserer Obrigkeit ständig, dass wir in die EU müssen, um dort unsere Interessen zu vertreten. Nun erfahren wir, dass wir mit diesem Schritt lediglich unseren Egoismus exportieren würden.

    Sie bringen mich noch auf eine weitere Frage: Warum muss jede Verkäuferin eine Treuevereinbarung, die über die Anstellung hinaus reicht, unterschreiben, während das für einen Staatssekretär offensichtlich nicht gilt? Hört bei ihnen die Loyalität mit Dienstschluss auf? Herr von Däniken wurde schliesslich nicht um das Interview ersucht, weil er in einer wohltätigen Stiftung arbeitet, sondern weil er im EDA eine wichtige Funktion innehatte.

  4. Wenn ich richtig informiert bin, hat doch die seit Menschengedenken grösste Flasche im Bundesrat am Parteitag der Schweizer Sozialisten den EU-Beitritt gefordert. Ist das nun Konkordanzbruch? oder was? Man erinnert sich noch an die Aufschreie der freien Presse, wenn etwa Dr. B. eine abweichende Meinung von sich gegeben hatte.

    William Sh.: Zweierlei Mass

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