Der Kampf gegen staatliche Willkür ist die Raison d’être eines Rechtsstaates. Im Fall der Immunität von Lucrezia Meier-Schatz, Jean-Paul Glasson und
In Bern gibt es für alles eine Lobby, nur nicht für Rechtsgleichheit und Gerechtigkeit, wie sich in der zurückliegenden Frühlingssession einmal mehr zeigte. Die Räte waren aufgerufen, über die Aufhebung der Immunität von drei Ratsmitgliedern zu befinden: Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz (CVP), alt Nationalrat Jean-Paul Glasson (FDP) und Nationalrat
Die drei Fälle wurden höchst ungleich behandelt. Nur für Meier-Schatz und Glasson, denen der Staatsanwalt Amtsgeheimnisverletzung, einen Nötigungsversuch sowie die Bildung einer rechtswidrigen Vereinigung zur Last legte, beantragte er die Aufhebung ihrer Immunität. Aufgehoben wurde sie allerdings nur für
Die Aufgabe, die Aufhebung von
In den Fällen «Meier-Schatz» und «Glasson» verzichtete die Kommission und danach das Plenum darauf, eine solche Güterabwägung vorzunehmen. Für sie öffnete man einen Notausstieg: Zwar sei der «Zusammenhang mit der amtlichen Stellung oder Tätigkeit» eindeutig gegeben, doch gebe es «keinen Grund zur Annahme, dass die beiden Ratsmitglieder an dieser Medienkonferenz vorsätzlich eine Straftat begangen haben». Dies selbst dann, «wenn die eine oder andere Aussage im Nachhinein als unvorsichtig oder ungenau» erscheine. Diese Milde in der Beurteilung wurde
«Stimmengewirr» gemäss Protokoll
Diese Ungleichbehandlung ist ausschliesslich politisch zu erklären. Und das Recht politisch anzuwenden, heisst, es willkürlich anzuwenden. Dabei würde alleine schon die Tragweite der Vorwürfe gegen Meier-Schatz und Glasson zu einer seriöseren Untersuchung und Beurteilung zwingen. Es geht nämlich nicht nur darum, was die beiden in jener berühmten Medienkonferenz der GPK an Verdächtigungen und Insinuierungen – wissentlich und willentlich – in die Welt setzten. Es geht um die Gesamtheit der Machenschaften, die zum Sturz von Bundesrat Christoph Blocher in die Wege geleitet worden waren. Doch das ist offensichtlich unerwünscht.
Besser lässt sich kaum darstellen, was staatliche Willkür ist, und in konsequenter Weiterentwicklung seiner eigenen Rechtsprechung müsste das Bundesgericht auch Akte der Bundesversammlung auf Willkür überprüfen. In der Vergangenheit machte es sich unser oberstes Gericht in dieser Beziehung allerdings sehr einfach: So weigerte es sich beispielsweise, auf eine Stimmrechtsbeschwerde einzutreten, in der die Amtsführung von Nationalratspräsident Yves Christen (FDP) gerügt wurde. In der Absicht, die SVP zu demütigen und ihr einen ihr zustehenden Sitz am Bundesgericht zu verwehren, führte er zwei Wahlgänge durch statt einen, wie es das Ratsreglement vorschreibt. Sein Kalkül ging auf. Gewählt wurden die Kandidaten von FDP und CVP. Der freiwillige Parteienproporz wurde missachtet, die Untervertretung der SVP sogar noch verstärkt. Kritik an diesem Vorgehen wies er mit den Worten zurück, es stehe dem Parlament frei, das eigene Reglement nach Belieben zu interpretieren. Daraufhin herrschte gemäss Protokoll «Stimmengewirr».
Das Bundesgericht wollte nichts davon wissen, diesen Fall auf Willkür zu überprüfen. Wie bereits «ein kurzer Blick ins Gesetz zweifelsfrei» ergebe, führte es aus, stehe gegen Entscheide der eidgenössischen Räte gar kein Rechtsmittel zur Verfügung. Stimmt. Doch ein kurzer Blick ins Gesetz ergibt ebenso zweifelsfrei, dass es auch kein Beschwerderecht bezüglich Einbürgerungsentscheide der Stimmbürger gibt. Und ein Blick in die bundesgerichtliche Rechtsprechung ergibt schliesslich zweifelsfrei, dass die hohen Richter zu Lausanne genau ein solches Recht konstruiert haben, indem sie den Schutz vor staatlicher Willkür zum absoluten Grundrecht erhoben – und sich selbst zu den Kontrolleuren der Demokratie.
Wenn es dem Bundesgericht wirklich ernst wäre damit, unseren Staat und seine Bürger vor willkürlicher Rechtsanwendung zu schützen, müsste es auch Klagen gegen Willkürakte der Bundesversammlung zulassen. Warum soll ein Parlament davor geschützt sein, wenn dies sogar bei Entscheiden des Stimmvolkes, das wir hierzulande noch immer als Souverän bezeichnen, möglich ist?
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Erschienen in der Weltwoche Ausgabe 13/09
Entgegen meiner Art muss ich in bezug auf die NR L. Meier-Schatz deutlich werden: Diese Frau entwürdigt den NR, die Institution der parlamentarischen U-Kommission, den Kt. St. Gallen und die CVP. Die CVP allerdings nur soweit man das „C“ in ihrem Namen ernst nimmt. Nimmt es noch jemand ernst ? Betreffend den vorliegenden Immunitätsentscheid der Räte kann man das Wort rechtswillkürlich gebrauchen. Ein Hauch Putin-Russland wird spürbar. Jeder erinnert sich noch an die aufgeregte Aussage von Chr. Darbellay, CVP-Präsident, kurz vor Meier-Schatz’s ehrverletzendem PUK-Auftritt: Jetzt habe man etwas gefunden, das für den Justizminister (BR Blocher) eine ganz schwierige Situation ergäbe (sinngemäss). Darbellay, Intimus der NRin und deren Parteipräsident, kannte also die sog. Holenwegerpapiere, die dann kurz darauf schlecht verschlüsselt von NR Meier-Schatz als „Komplott“ gegen Roschacher vorgestellt wurden. V. Roschacher war der von der CVP-BR Metzler eingesetzte glücklose Bundesanwalt, der Gott sei Dank unter BR Blocher gehen musste (mit schöner Abfindung nota bene). Jeder Idiot konnte sehen, dass die CVP-Exponenten da genüsslich die Demontage von BR Blocher betrieben. Heute nun stellen wir fest, dass die Hauptdrahtzieherin für diese Ehrverletzung, Unterstellung, Intrige von den Links-Mitte dominierten Räten den Persilschein erhielt. Das ist nichts anderes als eine weitere Demonstration gegen die SVP, also reine Parteipolitik. Uebrigens: Irgendwo heisst es „Du sollst nicht lügen“ und „Du sollst nicht falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten“. Haben Sie davon schon gehört, Frau L. Meier-Schatz und Herr Chr. Darbellay ?