Schlagwort-Archive: „Experten“

Alleweil besser als Obama

Um es vorweg zu nehmen: Ich wünsche mir keinen Bundesrat Donald Trump. Gleichwohl verfolge ich das Wahlgeschehen in den USA mit Interesse, ja einer gewissen Faszination. Es ist ja auch beeindruckend, wie einer innert weniger Monate alles über den Haufen wirft, was in der PR-Branche als ausgemacht galt. Heerscharen von „Experten“ und Qualitätsjournalisten haben vergessen, dass sich die Wähler nicht für Belanglosigkeiten interessieren. Sie kümmert nicht Frisur, Geschlecht, Hautfarbe oder Alter. Sie wollen, dass es ihnen in vier Jahren besser geht als heute. Punkt. Alleweil besser als Obama weiterlesen

Völkerrecht ist, was die Mächtigen daraus machen

Der sich abzeichnende Militärschlag gegen Syrien, aber auch die Art und Weise, wie in der EU versucht wird, der Eurokrise Herr zu werden, zeigt wieder einmal deutlich, dass das so genannte „Völkerrecht“ nur dann Recht ist, wenn es den Mächtigen passt. Nur Toren würden sich ihm blind unterwerfen.

Schon der Begriff „Völkerrecht“ ist irreführend, denn es sind nicht die Völker, die das, was wir Völkerrecht nennen, setzen, sondern Funktionäre. Und ausgerechnet im Bereich der Aussenpolitik blieben voraufklärerische Strukturen und Formen besser erhalten, als in jeder andern Domäne. So unterscheidet sich beispielsweise das Gesuch des Bundesrats an die EG um Aufnahme von Beitrittsverhandlungen oder der „Neutralitätsbrief“ an den UNO-Generalsekretär in Ton und Form kaum von jenem, in dem die eidgenössische Gesandtschaft im November 1663 den französischen König Ludwig XIV unterwürfig um einen neuen Allianzvertrag ersuchte.

Völkerrecht ist nicht das Produkt eines harten politischen Ringens in einem gewählten Parlament, sondern das, worauf sich elegante Diplomaten beim Cocktail einigen. Einer der ersten Kongresse an denen Völkerrecht gesetzt wurde, der Wiener Kongress von 1814/15, wird nicht ohne Grund auch „der tanzende Kongress“ genannt.

Gutes und schlechtes Völkerrecht

Gewisse dem Zeitgeist – Rose oder Kaktus? – verpflichtete Politiker, „Experten“ und Journalisten halten „Völkerrecht“ für das Mass aller Dinge. Sie finden es gut, weil es „übergeordnet“ sei und fordern die bedingungslose Unterwerfung unter alles, was sich „Völkerrecht“ nennt. Selbst unsere Landesregierung, die einen Eid geleistet hat, die Rechte des Volkes zu schützen, vertritt mittlerweile diese Auffassung. Das ist dumm und unreflektiert. Ebenso dumm und unreflektiert ist es allerdings, etwas abzulehnen, nur weil es zum „Völkerrecht“ gehört. Es ist so wie fast überall: Es gibt gutes und schlechtes Völkerrecht. Und ein souveräner Staat hat nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, genau zu prüfen, in welchem Masse er sich binden will.

Niemand, der ganz bei Trost ist, kann etwas dagegen haben, wenn Staaten ihr Verhältnis untereinander vertraglich regeln. Wenn beispielsweise durch Konventionen versucht wird, wenigstens etwas Menschlichkeit in Kriegshandlungen zu bringen, so stellt dies für die ganze Welt einen Fortschritt dar.

Den erwähnten Politikern, „Experten“ und Journalisten geht das aber noch viel zu wenig weit. Sie sind bereit, auch all das als verbindliches „Völkerrecht“ zu akzeptieren, das auf subalterner Funktionärsstufe vereinbart wurde. Recht also, dem kein Volk je zugestimmt hat.

Völkerrecht als Selbstbedienungsladen

In diesen Tagen erwartet die Welt ein militärisches Eingreifen „des Westens“ in den syrischen Bürgerkrieg. Als liessen sich Kriege im Voraus beliebig zwischen zwei Golfrunden terminieren, liess der „leader of the free world“ verlauten, es stehe ein Zweitagekrieg bevor. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, es handle sich um eine bessere Polizeiaktion, für die es das Einverständnis des UNO-Sicherheitsrates nicht brauche. Da dort nicht mit einem Plazet zu rechnen ist, verzichtet man kurzerhand auf das Votum des Gremiums, das gemäss bundesrätlichen Erläuterungen für die UNO-Abstimmung vom 3. März 2002, eigens geschaffen wurde, „um rasch auf Konflikte reagieren zu können.“

Auch andere Staaten haben unmissverständlich klar gemacht, dass sie die Haltung des grössten „Friedensprojekts“ nicht kümmert, solange sie sich auf Kriegspfad befinden.

Es ist also so, dass selbst im Kriegs- und Friedensrecht, dessen Legitimität, ja Notwendigkeit unbestritten ist, Völkerrecht ausser Kraft gesetzt wird, wenn es im Interesse der Mächtigen liegt. Was „die Völker“ davon halten, wird nicht gefragt.

„Maastricht“ – vom Völkerrecht zu Makulatur

Ein für westliche Staaten schier unglaubliches Beispiel für die willkürliche Relevanz von Völkerrecht liefert auch die EU mit ihrem Umgang mit dem als „historisch“ gefeierten Vertragswerk von Maastricht. Weite Teile der darin beschworenen Vereinbarungen sind heute Makulatur. Als Deutschland und Frankreich als erste Staaten einräumen mussten, dass sie die ehernen „Maastrichter Kriterien“ hinsichtlich der Neuverschuldung nicht würden einhalten können, gewährte man sich gegenseitig Dispens von den vertraglich vereinbarten Sanktionen.

Weiter wurde in diesem Vertragswerk eine „unabhängige Zentralbank“ ins Leben gerufen, die längst Spielball der Politiker und Funktionäre geworden ist. Letztere haben auch versprochen, bei der Aufnahme neuer Mitglieder in die Eurozone „strenge Kriterien“ anzuwenden. An solchen wären Griechenland und Zypern gescheitert. Sie sind Mitglieder und als solche zu einer Gefahr für die übrigen geworden, weil sich Politiker und Funktionäre über Völkerrecht hinwegsetzten.

Um den Vertrag dem deutschen Volk schmackhaft zu machen, wurde gebetsmühlenartig betont, es bestünden Sicherheitsmassnahmen, damit kein Land für Schulden eines anderen aufkommen müsse. Ja Artikel 104b verbiete das sogar ausdrücklich: […] „Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens.“

Die identische Bestimmung findet sich zwar auch im Lissabonner Vertrag von 2009, angewendet wird sie deswegen trotzdem nicht. Die Politiker tun so, als gäbe es sie gar nicht, oder sie behaupten gar, man sei zur „Rettung“ der Währungsunion gezwungen gewesen, den Vertrag zu brechen. Frei nach Carl Schmitt bestimmt eine oligarchisch organisierte Gruppe von grösstenteils nicht demokratisch legitimierten Funktionären, wann Ausnahmezustand herrscht. Eine solche Entwicklung kann nur gutheissen, wer nichts Gutes im Schilde führt, oder die Demokratie als Bedrohung betrachtet.

Hilfe, Intellektuelle, die nicht denken!

Manchmal frage ich mich, ob die Millionen und Milliarden, die wir für unser Bildungssystem ausgeben, tatsächlich gut angelegt sind. Wenn ich beispielsweise feststellen muss, wie sich Politiker und Mainstream-Journalisten, die einmal hier zur Schule gingen, selbst einfachsten Gedankengängen kategorisch verweigern, komme ich zum Schluss, dass man das Geld ebenso gut im Rahmen einer grossen Party hätte verjubeln können.

Die vom Weltschmerz geplagte Linke ist beispielsweise überzeugt, dass der westliche Kolonialismus die so genannte Dritte Welt praktisch unheilbar zerstört hat, und „der Westen“ damit eine Art Erbschuld auf sich geladen hat. Dass diese These einer kritischen Beurteilung nicht standhält, und viele frühere Kolonien prächtig gedeihen, wird verdrängt. Fakten sind Dogmatikern bekanntlich lästig.

Doch das ist noch nicht der ganze Ausdruck für die geistige Verarmung, die ich kritisiere. Wenn man schon der Meinung ist, Kolonialismus sei etwas Schlechtes, dann soll man daraus auch die entsprechenden Schlüsse ziehen. Eine einfache logische Schlussfolgerung müsste etwa lauten:

  • Kolonialismus ist schlecht.
  • Die EU führt sich wie eine Kolonialmacht auf.
  • Also ist die EU schlecht.

Jedes Kind begreift das. Nicht aber unsere selbsternannte geistige Elite. Wenn es um die EU geht, ist Schluss mit Logik. Dann gilt nur noch Ideologie. Dann glaubt und predigt man sogar das vom „Friedensprojekt“.

Kolonialistisches Gehabe der EU

So war in den vergangen Tagen in unseren zwangsgebührenfinanzierten Staatsmedien immer wieder zu hören, die EU verlange von Luxemburg den automatischen Informationsausgleich, und wenn das Grossherzogtum nachgebe, werde auch die Schweiz nachgeben müssen. – Ein klarer Fall von geistiger Verblödung. Denn gleich zu behandeln ist nur, was nach Massgabe seiner Gleichheit gleich ist, und in dieser Hinsicht besteht zwischen der Schweiz und Luxemburg und der Schweiz ein fundamentaler Unterschied: Luxemburg ist EU-Mitglied, während die Schweiz klug genug war, sich dieser zentralistischen Funktionärsherrschaft nicht zu unterwerfen.

Sollte sich die EU also in schweizerische Belange einmischen, wäre das ein klarer Fall von Hegemoniestreben in kolonialistischer Tradition. Dagegen müsste die Linke im Grunde aufbegehren. Doch dem stehen offensichtlich ideologische Motive entgegen.

Schutz des Bürgers oder Schutz des Fiskus?

Im gleichen Kontext findet sich ein weiteres Beispiel für den intellektuellen Bankrott des linken Mainstreams, der sich gerne als „progressiv“ bezeichnet. Bereits schon in diesem Begriff kommt eine geistige Beschränktheit zum Ausdruck: Es wird suggeriert, neu sei a priori besser als alt. Anstatt zu fragen, ob eine Lösung gut oder schlecht sei, wird sie beklatscht, weil sie „neu“, „modern“ oder auch nur „zeitgemäss“ sei. Gegenwärtig ist man aus dem Häuschen, weil in Sachen „Bankgeheimnis“ ein Paradigmenwechsel ins Haus stehe. Der Begriff „Paradigmenwechsel“ genügt gewissen Leuten offenbar als Argument. Dabei braucht man auch hier kein Nobelpreisträger zu sein, um die einzig richtige – von der Logik gebotene – Frage zu stellen: Ist die neue Lösung besser oder schlechter? Je nachdem bin ich dafür oder dagegen.

Schauen wir uns diesen „Paradigmenwechsel“ mal etwas genauer an: Bisher galt in der Schweiz das Paradigma „Privatsphäre steht über fiskalischen Interessen“. Der Staat vertraute den Bürgern, die ihn schliesslich ausmachen. Und dieses Vertrauen wurde durch eine sehr geringe, ja vernachlässigbare Steuerhinterziehung belohnt. In der EU gilt die umgekehrte Devise „Fiskus vor Privatsphäre“. Diese vollkommen unterschiedliche Staatskonzeption kommt auch darin zum Ausdruck, dass wir in der Schweiz die Steuerbelastung zum Schutz der Bürger in der Verfassung festlegen, während in der EU Mindeststeuersätze gelten, was dem Staatsapparat das Recht gibt, sich praktisch nach Belieben zu bedienen.

Wir haben es also tatsächlich mit verschiedenen Paradigmen zu tun. Doch nach den Regeln der Logik wird jeder intelligente Mensch alles daran setzten, den von der Linken geforderten Paradigmenwechsel nicht zu vollziehen.