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Suche den Unterschied

„Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahm zu legen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre Sache… Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. Wenn es uns gelingt, bei diesen Wahlen sechzig bis siebzig Agitatoren und Organisatoren unserer Partei in die verschiedenen Parlamente hineinzustecken, so wird der Staat selbst in Zukunft unseren Kampfapparat ausstatten und besolden… Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir.“

NS-Propagandaminister Joseph Goebbels

 

„Dank eurer demokratischen Gesetze werden wir euch überwältigen, dank eurer religiösen Gesetze werden wir euch beherrschen.“

Imam von Izmir, zitiert nach Gernot Facius, DIE WELT vom 06.10.2001.

 

„Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unserer Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.“

Recep Tayyip Erdoğan
Der türkische Ministerpräsident zitierte
aus einem Gedicht des Vordenkers des türkischen Nationalismus, Ziya Gökalp

 

 

Enttäuschung macht sich breit

Erkennen Sie die Personen auf diesem Bild?

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Richtig, es sind fünf Mitglieder der siebenköpfigen Zürcher Regierung. Beim adretten Herrn in der Mitte handelt es sich um NZZ-Redaktor Benjamin Tommer, der das Gespräch im Rahmen des Kyburg-Forums des Zürcher Hauseigentümerverbands moderierte.

Es war 2006, es standen Wahlen an, und da wollte, wer sich bürgerlich nennt, natürlich niemand auf die Unterstützung durch diese wichtige Interessengruppe verzichten. Doch nach der Wahl ist nach der Wahl, und da geht rasch vergessen, was man vor der Wahl hoch und heilig versprochen hat.

Oder kann es wirklich sein, dass die beiden Linken im Regierungsrat die fünf bürgerlichen überstimmten, als es darum ging, die Besteuerung des Eigenmietwerts zu erhöhen?

Linker als links

Als hätte es noch eines Beweises bedurft, hat der Tages-Anzeiger kürzlich gemeldet, unsere Sozis sind die linksten von allen. Der Politologe Andreas Ladner hat zusammen mit einem Team der Universität Florenz die unterschiedliche Positionierung der europäischen Parteien in Spinnennetzprofilen (Smartspider) dargestellt und gelangte zum Schluss: Die SP steht am linken Rand der sozialdemokratischen Parteien Europas.

Noch weiter linkst steht eigentlich nur die RAF, die mittlerweile nur noch auf ideologische Verklärung zählen kann. Mit der deutschen Partei „die Linke“ besteht dafür weitgehend Übereinstimmung. Diese Kongruenz mit der Nachfolgepartei der Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) ist allerdings keine Überraschung. Schon zu Honeckers Lebzeiten pilgerten die Genossen Helmut Hubacher, Peter Vollmer und Konsorten ins Politbüro nach Berlin-Bankow, wo sie sich beeindruckt zeigten „von der Rede des Genossen Erich Honecker“ und vom Beitrag der DDR „für eine menschengerechte Welt und Gesellschaft“. Zu Hause erklärten sie, die DDR sei „wesentlich besser als ihr Ruf“.

Noch wenige Wochen vor dem Fall der Mauer, Im September 1989, gratulierte die SP Schweiz Honecker hochoffiziell zum 40. Jahrestag der DDR. Auch dem Vampir von Rumänien, Nicolae Ceausescu, dem „cher camarade“ wurde noch im November 1989 „die volle Solidarität der SPS“ versichert, und man übermittelte „brüderliche Grüsse“. Ein paar Tage später lag der Tyrann erschossen im Dreck. Offensichtlich beurteilte die rumänische Bevölkerung die Segnungen des real existierenden Sozialismus anders als die vom Kapitalismus verzogenen Sozis schweizerischer Provenienz.

Aber was soll’s? Freuen wir uns doch einfach darüber, dass mit 20 Jahren Verspätung auch Daniel Foppa vom Tages-Anzeiger gemerkt hat, wessen Geistes Kinder die Schweizer Sozialdemokraten sind. Auf die Lobpreisung all dessen, was aus der Küche der SP stammt, dürfte Foppa allerdings auch in Zukunft nicht verzichten.

EU-Beitritt? Lasst uns darüber streiten – und abstimmen!

Der „Club Helvétique“… Wie bitte, Sie kennen den „Club Helvétique“ nicht? – Das ist eine Clique linksintellektueller Euroturbos, die bisher vor allem durch Intrigen und Verunglimpfungen im Vorfeld von Bundesratswahlen aufgefallen ist. Dieser Verein hat sich also zum letzten 1. August zu Wort gemeldet und ein „Europa-Manifest“ publiziert, auf das keiner gewartet hat. Selbst die Autoren scheinen ihrem Traktat kein grosses Gewicht beizumessen. Erst mit mehrtägiger Verspätung ist das Papier vom Internet abrufbar. Entsprechend bescheiden blieb das Medienecho. Einzig die Westschweizer Tageszeitung „Le Temps“ brachte die Sache gross heraus. Eine Redaktorin des unabhängigen Qualitätsblatts ist Mitunterzeichnerin.

Nicht ein einziger origineller oder gar provokativer Gedanke findet sich in dem Papier. Ein Manko, das die zahllosen Gemeinplätze nicht aufzuwiegen vermögen. Überraschend ist lediglich, dass Professoren von Schweizer Hochschulen für einen dermassen seichten Text verantwortlich zeichnen. Schon die ersten beiden Sätze, die an einen Werbeslogan für ein Putzmittel erinnern, könnten platter nicht sein: „Alle reden von den Bilateralen. Wir reden vom EU-Beitritt.“ Gleich zu Beginn die erste Nebelpetarde. Die Männer und Frauen vom „Club Helvétique“ haben nicht einmal genug Füdli, um offen zu sagen, dass sie für den EU-Beitritt sind. Ihre Behauptung, es gehe ihnen darum, lediglich eine Debatte anzustossen, ist Augenwischerei. Eine Beleidigung für jeden denkenden Zeitgenossen.

Es stimmt: Sie reden tatsächlich gerne im „Club Helvétique“. Einer gibt sogar an, er sei Mitglied geworden, weil er den „rationalen Gedankenaustausch unter intelligenten Zeitgenossen“ suche. Intelligent bedeutet in diesem Kreis allerdings „gleich gesinnt“, um nicht zu sagen: gleichgeschaltet. Ausserhalb ihres Elfenbeinturms scheuen die Mitglieder des elitären Clubs den offenen politischen Disput wie der Teufel das Weihwasser. So hat beispielsweise die Aversion gegen die stärkste demokratische Kraft des Landes mittlerweile pathologische Formen angenommen. Das „Europa-Manifest“ vermag die Zweifel an der Redlichkeit seiner Autoren nicht zu zerstreuen. Wer so um den heissen Brei herumredet, muss erst beweisen, dass er wirklich gewillt ist, eine Debatte über die Zukunft unseres Landes offen und, wo nötig, hart zu führen. Jemanden, der anderer Meinung ist, des Rechtspopulismus oder gar der Fremdenfeindlichkeit zu bezichtigen, erschwert die angeblich gewünschte Debatte.

Diskutieren wir! Ihr wollt, so schreibt Ihr liebe Helvetiker, der „Erosion der nationalen Demokratien“ entgegentreten. Doch, warum sollen wir unsere direkte Demokratie zur Folklore verkommen lassen, um eine „europäische Demokratie“ aufzubauen, die keiner der „in Europa“ Herrschenden will? Eure Verlautbarungen zum Völkerrecht zeigen nur allzu klar, wohin die Reise gehen soll. Warum redet Ihr eigentlich nirgends von den Bürgerinnen und Bürgern und deren Rechten? Misst sich die Qualität eines Gemeinwesens nicht mehr am Wohle der Schwachen, wie es in unserer Bundesverfassung heisst? Warum sucht man in Eurem Manifest die Begriff „Freiheit“ und „Neutralität“ vergeblich? Warum sollen wir in ein System wechseln, dass zwar Mindeststeuern, aber keinen Schutz vor zu hohen Steuern kennt? Ist es nicht besser, in Bern Probleme zu lösen, als in Brüssel darüber zu reden? Und warum soll Mitbestimmung besser sein als Selbstbestimmung. Und für wen ist es besser?

Es gibt in der Tat viele Fragen, über die es sich zu streiten lohnt. Also streiten wir! Und dann stimmen wir ab. Aber dann gebt Ihr bitte Ruhe. Versprochen?

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Erschienen in der Berner Zeitung vom  8. August 2009

Supertanker vom Kurs abgekommen

Es ist nun genau zehn Jahre her, seit die SVP des Kantons Zürich eine neue Finanz- und Steuerpolitik einläutete: Um den Staatsapparat zum Masshalten zu zwingen, erhoben wir die Forderung, den Staatssteuerfuss um 20 Prozent zu senken. Auf das darauf folgende Gezeter braucht an dieser Stelle nicht eingegangen zu werden. Es ist uns allen noch in bester Erinnerung. Nur so viel: Seither ist der Aufwand um über 21 Prozent gestiegen, der Ertrag hingegen um 15,2 Prozent (Im Aufwand für das laufende Jahr fehlen die Spitäler Zürich und Winterthur. Er ist also tatsächlich noch wesentlich stärker angestiegen). Die Behauptung, der Kanton Zürich habe wegen schwacher Einnahmen finanzielle Probleme, ist demnach nicht haltbar. Wir haben ganz einfach jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt, und es macht ganz den Eindruck, als denke man im Kaspar Escher-Haus nicht einmal daran, diesen Kurs zu korrigieren.

Handlungsunfähiger Kapitän?

Damit sind wir beim Bild, das uns der Regierungsrat vor zehn Jahren von den Staatsfinanzen zeichnete. Der Kanton sei schwerfällig wie ein Supertanker, und man müsse darum frühzeitig Massnahmen einleiten, wenn man ein fernes Ziel erreichen wolle. Wir sind der Meinung, dass zehn Jahre selbst für den grössten Super-Mega-Giga-Tanker genügen sollten, um ihn auf Kurs zu bringen. Wie Sie vergangenen Montag von der zuständigen Regierungsrätin erfahren haben, hat die Schieflage, in der wir uns befinden, mittlerweile ein bedrohliches Ausmass angenommen. Es ist eingetreten, was jedem informierten Zeitgenossen längst klar war: Die Erträge vermögen mit dem enormen Aufwandwachstum nicht Schritt zu halten. Im Zuge der Wirtschaftskrise drohen sie sogar, massiv einzubrechen. Der Kapitän, müsste man meinen, sollte nun handeln.

Vor rund zehn Jahren war es stattdessen der Reeder, der Massnahmen ergriff. In seiner Eigenschaft als Gesetzgeber kreierte er einen speziellen Mechanismus, die so genannte Ausgabenbremse. Wie der Name schon sagt, besteht die ratio legis dieser Bestimmung darin, den Aufwand zu senken, wenn der mittelfristige Ausgleich gefährdet ist. Wörtlich heisst es in § 4 des Gesetzes über Controlling und Rechnungslegung (CRG) er (der Kapitän) habe dem Kantonsrat (Reeder) in diesem Fall „Bericht zu erstatten und ihm Massnahmen zur dauerhaften Senkung der Ausgaben, insbesondere die Änderung von gesetzlichen Verpflichtungen zu beantragen“. Solche Massnahmen könnten etwa sein:

  • Verzicht auf die Vergabe des Kulturpreises in der Höhe von 50’000 Franken an Christoph Marthaler.
  • Verzicht auf neues Corporate Design für die kantonale Verwaltung.
  • Kürzungen der Leistungen an die Stadt Zürich, die ihren Verpflichtungen gegenüber dem Kanton nur vollkommen ungenügend nachkommt.
  • Verzicht auf Bildungsreisen, die dem Kanton keinen erkennbaren, bzw. bezifferbaren Mehrwert bringen.
  • Beschränkung der Kommunikation auf das Wesentliche.
  • Kein Steuergeld für die Sanierung der angeschlagenen Pensionskasse.
  • Verzicht auf politische Kampagnen.
  • Verzicht auf teure Eröffnungsfeiern für öff. Bauwerke.
  • Verzicht auf interkantonalen Aktivismus (z.B. Metropolitanraum).
  • Kostenbewusstes Bauen (z.B. überteuerte Strassen und PJZ!).
  • Verzicht auf Härtefallkommission.
  • Reduktion der zahllosen Schulversuche.
  • Nicht zuletzt ist ein Stellenabbau in Angriff zu nehmen.

Regierung kommt gesetzlichen Verpflichtungen nicht nach

Aufgrund der bisherigen Verlautbarungen ist allerdings davon auszugehen, dass der Regierungsrat sich glattweg weigert, seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. In einem Interview mit der NZZ führte die Finanzdirektorin aus, es würde gegen das Prinzip des „prozyklischen Verhaltens“ verstossen, jetzt den Aufwand zu senken. Ob dies zu einem späteren Zeitpunkt, also wenn es der Wirtschaft wieder besser geht, passieren werde, wurde freilich offen gelassen.

Wie schon im Zusammenhang mit dem Bankkundengeheimnis, als sie eine klare Position des Regierungsrates in den Wind schlug, scheint sich unsere Finanzdirektorin für frühere Regierungserklärungen nicht sehr zu interessieren. Im Bericht und Antrag des Regierungsrates an den Kantonsrat zur Staatsrechnung für das Jahr 2002 ist nämlich auf Seite 41 Folgendes nachzulesen:

Die Investitionsausgaben ohne Darlehen und Beteiligungen sind im Berichtsjahr 2002 mit 982 Mio. Franken die höchsten seit 1995. Sie liegen damit weit über dem Durchschnitt der letzten 8 Jahre von 877 Mio. Franken, wie schon 2001. Die hohen Investitionsausgaben zeigen, dass die Investitionstätigkeit nicht prozyklisch wirkt.

Die gleiche Regierung, die noch vor wenigen Jahren schwarz auf weiss festhielt, dass die Investitionstätigkeit des Kantons keineswegs prozyklisch wirke, begründet nun die von ihr angestrebte zusätzliche Aufwanderhöhung und den damit verbundenen Gesetzesbruch mit der Notwendigkeit, prozyklisch zu handeln.

Kurs der SVP stimmt

Im Gegensatz zum Kanton braucht die SVP an ihrem vor zehn Jahren eingeschlagenen finanzpolitischen Kurs nichts zu ändern. Die Verantwortung für die Situation ist klar. Ausser in den Fällen, in denen wir uns mit unseren bürgerlichen Partnern auf eine Steuersenkung einigten, haben wir sämtliche Voranschläge abgelehnt. Der Regierungsrat und mit ihm die Mehrheit des Parlaments wählte einen anderen, einen mitte-links Kurs. Mit dem Ergebnis sehen wir uns heute konfrontiert. Wir müssen heute alles daran setzen, um den „Supertanker Kanton Zürich“ wieder flott zu kriegen. Die bisherigen Mittel haben versagt. Höchste Zeit, es mit dem Konzept der SVP zu probieren.

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Referat anlässlich einer Medienkonferenz der SVP des Kantons Zürich vom  9. Juli 2009

 

Bundesrat: Volkswahl statt Klüngelei

Es wird immer wieder behauptet, jedes Volk habe die Regierung, die es verdient. Wenn ich an unseren Bundesrat denke, wächst in mir allerdings die Überzeugung, dass dies nicht stimmen kann. Das Schweizervolk kann nichts für seine Regierung. Es ist die Vereinigte Bundesversammlung, die den Bundesrat wählt. Doch leider erweist sich diese ihrer Verantwortung, «die Besten und Wägsten» zu wählen, in zunehmendem Masse als nicht gewachsen. Bundesratswahlen sind zu einem unwürdigen Spektakel geworden, dessen Regeln laufend den gerade aktuellen Bedürfnissen der Spielmacher angepasst werden. Dass es gar nicht um ein Spiel geht, wird verdrängt.

 

All unsere National- und Ständeräte haben einen feierlichen Eid oder ein Gelübde geleistet, wonach sie die Pflichten ihres Amts gewissenhaft erfüllen wollen. Doch wie steht es um die Gewissenhaftigkeit bestellt, wenn die Hälfte des Parlaments für einen Mann stimmt, der nur wenige Minuten zuvor unmissverständlich erklärt hatte, dass er als Kandidat gar nicht zur Verfügung steht? Oder wie gewissenhaft ist eine Partei, die zwar einen eigenen Kandidaten ins Rennen schickt, ihm aber nicht eine einzige Stimme gibt? Und wie gewissenhaft ist es schliesslich, den einzigen Bundesrat mit Unternehmerqualitäten ohne sachliche Begründung handstreichartig aus dem Amt zu putschen?

 

Kein Wunder liegt das Ansehen der Politik danieder. Sie hat versagt. Die Verschuldung (Steuern von morgen) des Bundes hat sich seit 1990 auf über 130 Milliarden Franken mehr als verdreifacht. Die Ausgaben steigen so ungebremst wie die Krankenkassenprämien. Die Sozialwerke müssten dringend saniert werden. Die Zahl der Asylgesuche steigt wieder an. Unsere selbstständige Stromversorgung ist nicht mehr sichergestellt. Die beste Armee der Welt jagt Piraten und Zecken. Der Fluglärmstreit mit Deutschland harrt einer Lösung. Deutschland betrachtet uns als Untertanengebiet. Die USA machen der UBS und dem Bankkundengeheimnis den Garaus, und selbst Libyen tanzt uns auf der Nase herum. Wir stecken mitten in der grössten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Die Aussichten sind düster. – Und wir diskutieren darüber, ob ein bestimmter Möchtegern-Bundesrat Romand ist. Was der Mann kann, scheint niemanden zu interessieren.

 

Es braucht Männer und Frauen in der Landesregierung, die gewillt sind, Probleme anzupacken und zu lösen, anstatt sie zu verwalten oder mit Geld zuzuschütten. Das heutige Wahlsystem ist denkbar ungeeignet, solche Leute ins Amt zu befördern. Das verhindert ein Klüngel, der sich krampfhaft an die Macht klammert und nur zwei Ziele verfolgt: Er will in die EU, und er will der SVP schaden. Das ist zwar mager als Programm, scheint aber der Mitte-links-Mehrheit zu genügen. 

Aus der Zeit , als die Sozialdemokraten noch um Einfluss kämpfen mussten und nicht einfach in den Institutionen verfetteten, stammt die Idee, den Bundesrat – wie die Regierung in sämtlichen Kantonen – direkt vom Volk wählen zu lassen. Zweifellos würde dieser dadurch an Ansehen gewinnen. Er verlöre die Abhängigkeit vom Parlament und wäre nur noch dem Volk gegenüber verantwortlich. Parteikalkül würde zurückgestellt. Auf diese Weise würden Magistraten gewählt, die wieder für die Schweiz und die Schweizerinnen und Schweizer einstehen. Und auch wenn die Sitze der lateinischen Schweiz garantiert sind, müssten wir nicht mehr darüber diskutieren, ob ein Kandidat im Kindergarten deutsch oder französisch geredet hat. Das wäre nicht schlecht, oder?

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Erschienen in der Berner Zeitung vom 04.07.2009

Aus Erfahrung klug werden

Es musste ja soweit kommen. Es braucht ganz offensichtlich Tote und Verletzte und den dadurch ausgelösten medialen Druck damit auch Sozialdemokraten und andere weltfremde Fantasten, zu Einsichten gelangen, die für verantwortungsbewusste und realitätsbezogene Menschen längst Binsenwahrheiten sind. Es brauchte ganz offensichtlich einen im Ausland verübten kriminellen Akt von Volksschülern, um die für die Volksschule verantwortliche Magistratin zur Einsicht zu bringen, dass eine Schulleitung über Vorstrafen ihrer Schüler informiert sein sollte. Bisher war Datenschutz ein linkes Dogma. Eine Heilige Kuh. Und der Persönlichkeitsschutz von Kriminellen wurde zu einem der höchsten Rechtsgüter erhoben.

Ohne die grotesken Missbrauchsfälle im Sozialwesen würden sich die Linken heute noch gegen Sozialdetektive und Kontrollen sperren und behaupten, alleine schon der Betrugsverdacht sei menschenverachtend. Auch über die Frage, ob der Datenschutz möglicherweise die falschen Rechtsgüter schütze, würde nicht einmal diskutiert.

Ohne die krassen Fälle der von der SVP seit Jahren angeprangerten Jugend- und Ausländerkriminalität würden die schöngeistigen Weltverbesserer heute noch bestreiten, dass wir in diesem Bereich überhaupt ein Problem haben.In der heilen Welt der Sozialdemokraten gibt es keine bösen Menschen, die für ihre Taten verantwortlich sind, sondern nur Opfer der Gesellschaft. Und Opfer darf man natürlich nicht bestrafen. Sie sind bereits genug bestraft. Opfer der Gesellschaft haben vielmehr einen Anspruch auf Resozialisierung. Diese Zersetzung von Recht und Gerechtigkeit nahm ihren Anfang in der Pervertierung der Sprache. So war der Schutz der Persönlichkeit von Verbrechern plötzlich wichtiger als das Sühnen ihrer Taten. Namen durften plötzlich keine mehr genannt werden. Selbst unsere Vorstösse, die wir hier als gewählte Volksvertreter einreichen, fallen mittlerweile der Zensur zu Opfer. Und wer im Zusammenhang mit zwei von der Interpol gesuchten albanischen Verbrechern auf das das „mutmasslich“ verzichtete, sieht sich einem solchen medialen Sperrfeuer ausgesetzt, dass plötzlich nicht mehr klar ist, wer eigentlich der Verbrecher ist. Doch auch im Vollzug hat die politische Korrektheit längst ihren Niederschlag gefunden. Man redet heute nicht mehr von „Gefängnis“, sondern von „Massnahmenzentrum“. Das tönt viel netter. Und wer sich unser MZU einmal aus der Nähe betrachtet, hat den Eindruck, es handle sich um einen Country-Club. Kann es da verwundern, dass unserem Strafvollzug die abschreckende Wirkung abhanden gekommen ist?

Wer als vorbestrafter Jugendlicher ohne Grund einen wehrlosen Menschen spitalreif schlägt, ja um ein Haar umbringt, oder wer – unter Missachtung des Vermummungsverbots, angeblich als Racheakt gegen die Polizei – in einem Saubannerzug in der Stadt Zürich Autos anzündet und Schaufenster einschlägt, empfindet die Zürcher Justiz, die Strafverfolg und den -vollzug offensichtlich als Lachnummer. Und er hat Recht. Sie sind zur Lachnummer geworden. Und wir würden auch gerne lachen – wenn die Angelegenheit bloss nicht so todernst wäre.Die SVP erwartet von den Verantwortlichen nichts weiter, als dass sie ihre Verantwortung wahrnehmen. Wir fordern ein Strafrecht, dessen Strafen von Delinquenten als Strafen verstanden werden, Richter, die strafen können, und eine Abkehr vom Kuschelvollzug.

Hopp Obwalden!

Wer ein Problem hat, hat zwei Möglichkeiten, dieses zu lösen: Er kann entweder um Hilfe betteln, oder versuchen, sich aus eigener Kraft aus seiner Lage zu befreien. Das kleine Obwalden hatte ein Problem und entschied sich für die Selbsthilfe. So wie Bern selbstverschuldet in die Liga der finanzschwachen Kantone abgestiegen ist, will man selbst den Aufstieg schaffen. Man senkte die Steuern und putzte sich für wohlhabende Personen heraus. Umgehend stellten sich erste Erfolge ein. Um gute Steuerzahler anzuziehen, soll nun die Möglichkeit geschaffen werden, einige Parzellen als „Zonen mit hoher Wohnqualität“ festzulegen. Dafür mussten sich die Innerschweizer von der inkarnierten Schwermut im Bundesrat sagen lassen, es betreibe „nichts anderes als Apartheid“. Der Genosse Infrastrukturminister muss wohl gerade einen Aussetzer gehabt haben oder so sehr mit Bloggen beschäftig gewesen sein, dass er etwas vergessen hat: Er selbst hat nämlich der Landesregierung die Genehmigung der neuen Obwaldner Bau- und Zonenordnung beantragt. Das ihm unterstellte Bundesamt für Raumentwicklung begrüsste die Richtplanfestlegungen sogar ausdrücklich als „Umsetzung der strategischen Leitideen des Kantons“. Man glaubt es kaum: Ausgerechnet Oberetatist Leuenberger, der landauf, landab nach mehr staatlichem Einfluss und stärkerer Kontrolle ruft, hat keine Ahnung, was in seinem Laden läuft. Wo er zuständig ist, wird weder kontrolliert noch geführt.

In einer Zeit grassierender Sozialisierung haben Eigeninitiative und -verantwortung einen schweren Stand. Wäre die Obwaldner Regierung nach Bern gepilgert und hätte dort gejammert und die hohle Hand gemacht, die „Solidarität“ des linken Klüngels wäre ihr sicher gewesen. Dieser liebt es nämlich, sich mit dem Geld anderer Leute grosszügig zu zeigen. Und wehe dem, der dieses System der Scheckbuchpolitik in Frage stellt. Als der Chef der Deutschen Bank, Joe Ackermann, kürzlich sagte, er würde sich schämen, wenn er öffentliche – also von den Steuerzahlern erarbeitete – Gelder in Anspruch nehmen müsste, wurde er dafür beinahe gesteinigt. Und Leuenbergers Parteifreund Steinbrück nötigte die Banken geradezu zur Inanspruchnahme der angebotenen Hilfe.

Natürlich wissen auch Sozialdemokraten, dass staatliche Konjunkturprogramme so gut wie nichts bringen. Es geht ihnen auch nicht darum „der Wirtschaft“ zu helfen. Sie wollen deren stärkere Anbindung an den Staat. Sie wollen nicht weniger, sondern mehr Staat und sind gerne bereit, dafür die Freiheit zu opfern. Dieses Credo verbindet die Sozialisten Leuenberger und Steinbrück, denen man nicht einmal verübeln kann, dass sie sozialistische Politik betreiben. Diese beruht auf der Idee, Gerechtigkeit sei dann hergestellt, wenn alle gleich sind. Wenn sie sich gleichviel – oder zutreffender: gleichwenig – kaufen können. Dementsprechend wird als ungerecht empfunden, wenn einer mehr hat als der andere. Ob er dafür mehr gearbeitet hat, ist unerheblich. Ein Einwand, der nur stört auf dem Weg zur totalen Gleichheit.

Um ja nie für irgendetwas verantwortlich zu sein, lehnen Sozis das Prinzip der Eigenverantwortung ab. Verantwortlich ist für sie immer das Kollektiv, die Gesellschaft. Dabei haben sich in der Geschichte Gesellschaftsformen, die auf Eigenverantwortung statt auf Neid und Missgunst basieren, durchwegs als überlegen erwiesen. Genau diese Einsicht hat sich in Obwalden durchgesetzt. Das verdient Lob. Mögen sich Scharen von Millionären in diesem tapferen Kanton niederlassen und all diejenigen, die noch immer den falschen Signalen lauschen, alt aussehen lassen.

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Erschienen in der Berner Zeitung vom 30. Mai 2009

Steuerstreit zu Lasten unserer Sozis

In Deutschland ist Wahlkampf. Es finden also bald Wahlen statt. Das sollte uns eigentlich froh stimmen. 20 Jahre nach dem Zusammenbruch der zweiten deutschen Diktatur innerhalb der letzten hundert Jahre werden immer noch regelmässig Wahlen abgehalten. Zwar ist die Sache mit dem Kaiser noch immer nicht ganz überwunden, aber immerhin: Es wird gewählt.

Nach der Wahl wird eine Regierung gebildet, und momentan sieht es nicht so aus, als würden die Sozialdemokraten daran beteiligt sein. Zu schlecht sind ihre derzeitigen Umfragewerte. Die SPD dümpelt um ihren historischen Tiefstand herum. Nicht einmal für „rot-rot-grün“ würde es derzeit reichen. Da ist es nur normal, dass man um jeden Prozentpunkt kämpft. Und wenn es zu einem brauchbaren Konzept, geschweige denn einer klaren Strategie, die dem eigenen Land zum Wohle gereichen würde, nicht reicht, flüchtet man sich auf das Feld der Aussenpolitik und sucht nach einem Feindbild. Genosse Steinbrück hat sein Feindbild gefunden: Es ist die Schweiz. Und da sich Deutschland noch nie gross um die Souveränität anderer Staaten kümmerte, will er sie mit „Zuckerbrot und Peitsche“ gefügig machen.

Ohne Zweifel wird Steinbrücks Partei von diesen Ausfällen profitieren. Schon in der Vergangenheit konnten deutsche Politiker immer damit punkten, dass sie Minderheiten für eigene Probleme verantwortlich machten. Entweder behaupteten Sie, man stehe ihnen vor der Sonne, oder sie setzten sich gegen „innere Schädlinge am deutschen Volkskörper“ zur Wehr. Die Möglichkeit, selbst für das eigene Schicksal verantwortlich zu sein, wird nicht in Betracht gezogen. Immer sind andere die Bösen.

Etwas Gutes hat die ganze Angelegenheit trotzdem: Während die deutschen Sozis profitieren, werden unsere verlieren. Die Schweizer mögen es nämlich nicht besonders, von den Deutschen angegriffen und beleidigt zu werden, und die hiesigen Sozialdemokraten werden nicht müde zu betonen, dass sie im Grunde das Gleiche wollen – das Ausschalten des Steuerwettbewerbs. In Ihrem Brief an ihre deutschen Genossen monieren sie denn auch nur den Stil der Anwürfe. Dass dieses Schreiben bis heute keiner Antwort gewürdigt wurde, zeugt zudem nicht gerade von grossem Gewicht der SP im Rahmen der sozialistischen Internationale.

Hilfe, wir verdummen!

Erziehung ist den Linken seit jeher ein wichtiges Anliegen. Schon der Grosse Vorsitzende Mao sagte: „Bestrafe einen, erziehe hundert.“ Gut ist Erziehung nach diesem Verständnis dann, wenn sie den politischen Zielen nützt. Es kann darum nicht früh genug damit begonnen werden. Am liebsten würden die Genossinnen und Genossen bereits Neugeborene im Rahmen der ausserfamiliären Kinderbetreuung mit den Segnungen des sozialistischen Nanny-Staates vertraut machen. Erziehung soll nicht mehr Sache der Eltern sein, sondern Aufgabe staatlicher Funktionäre.

Die Linke war sich der Bedeutung des Erziehungswesens voll bewusst als sie zum Marsch durch die Institutionen aufbrach. Dementsprechend brachte sie die kantonalen Erziehungsdirektionen als erstes unter ihre Kontrolle. Heute stellt die SP die stärkste Fraktion innerhalb der eidgenössischen Erziehungsdirektorenkonferenz, wo sie auf die tatkräftige Unterstützung durch die Vertreter der CSP, der Grünen und der Alternativen zählen kann. Und wohin die Mitteparteien tendieren, braucht der gebildeten Leserschaft der Berner Zeitung nicht eigens in Erinnerung gerufen zu werden. „Bildung ist unser wichtigster Rohstoff“, lautet der Kampfruf, dem der Refrain „Es braucht mehr Geld!“ folgt. Und dieses lässt in der Regel nicht lange auf sich warten. Nicht einmal über den Verwendungszweck wird noch gestritten, sondern bloss darüber, ob die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr um drei oder sechs Prozent ansteigen sollen. Betonköpfen ist es naturgemäss egal, ob in Beton oder in Köpfe investiert wird.

Wo mittlerweile bereits ein simples Diktat praktisch als Menschenrechtsverletzung qualifiziert wird, weil damit ein unzulässiger Leistungsdruck ausgeübt werde, wo Noten verpönt sind und blinde Begeisterung herrscht, für alles, was unter dem Label „Bildung“ daherkommt, kann natürlich keine seriöse Erfolgs- oder Qualitätskontrolle stattfinden. Und wenn die Schweiz bei der PISA-Studie schlecht abschneidet oder die ETH eine Rangliste der Mittelschulen erstellt, so werden allenfalls die Erhebungsmethoden hinterfragt. Die Frage, ob wir das richtige tun, damit sich das Wissen unsere Schülerinnen und Schüler vergrössert und sie im Erwerbsleben erfolgreich bestehen können, wird als spiesserisch abgetan. Trotzdem, es gibt sie: Die Realität. Und diese kann sehr hart sein und die schönsten Ideologien wie Kartenhäuser zum Einsturz bringen.

„Der Markt und die Leute bestimmen, was angesagt ist, nicht der Künstler oder der Verleiher.“ Dieses Zitat war kürzlich auf der Website der BZ zu lesen. Es stammt von Philippe Täschler, dem Geschäftsführer des grössten Schweizer Kinobetreibers Kitag. Der Mann hat keinerlei politische Erwägungen zu berücksichtigen. Er will Geld verdienen und richtet sich darum nach den Wünschen seiner Kunden. Und da diese immer weniger in der Lage sind, einen Film in der Originalsprache zu geniessen, werden möglicherweise schon bald nur noch synchronisierte Fassungen angeboten. Das Lesen von Untertiteln wird als zu mühsam empfunden. Man will George Clooney sehen, aber Thomas Gottschalk hören. Lese- und Sprachkompetenz nehmen ab. Oder um es in der Sprache unserer Bildungsfunktionäre zu sagen: „Die Bildungsferne nimmt zu“. Und da faule Äpfel die gesunden anstecken und nicht umgekehrt, muss sich die ganze Gesellschaft nach den Analphabeten richten. Auch dafür haben die Linken einen treffenden Ausdruck: Harmonisierung. Harmonisieren lieben sie fast noch mehr als erziehen. Bei den Steuern nach oben, bei der Bildung nach unten. In jedem Fall falsch.

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Erschienen in der Berner Zeitung vom 2. Mai 2009

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