Im Nachhinein ist zu spät

Journalisten lieben es, sich über journalistische Ethik auszulassen – allerdings immer erst im Nachhinein, wenn der Schaden bereits angerichtet ist. Wenn es kaum mehr jemanden gibt, der die brisanten Bilder nicht gesehen hat, wenn jeder weiss, wer, wann, wo und mit wem, dann rennen sie bei den „Experten“ die Türen ein. Dann gehört die Bühne den Roger Blums, Kurt Imhofs und Peter Studers, und die Journalisten hängen an ihren Lippen.

Lehren werden so gut wie nie gezogen. Skrupellos wird über jeden Schwachsinn berichtet. Oder was ist es anderes, wenn ein so genannter Basejumper im Zuge einer Werbeaktion von einem Hochhaus stürzt und sich dabei verletzt? Die einzig richtige Reaktion müsste lauten: „So what?“ Aber nein, aus unerklärlichen Gründen sind sich selbst Journalisten renommierter Zeitungen nicht zu schade, um darüber zu berichten – selbstverständlich unter Nennung des beworbenen Produkts. Was, wenn das nächste Unternehmen diesen Unsinn kopiert, oder gar zu übertrumpfen versucht? Was, wenn die Nachäffer weniger Glück haben und nicht überleben? Werden sich die betreffenden Journalisten dann wenigstens Gedanken machen? Oder brauchen sie auch dafür Experten?

3 Gedanken zu „Im Nachhinein ist zu spät“

  1. Man kann diesen Red Bull Blödsinn auch vom Standpunkt der explodierenden Gesundheitskosten her anschauen. Wie hoch sind wohl jedes Jahr die Heilungskosten nach solchen unnötigen Unfällen ? Wer zahlt diese ? Der Verursacher ? Wer hat Lust für den Kick von einigen Wenigen jedes Jahr noch höhere KK-Prämien zu zahlen ? Der Kick ist individuell, die Kosten sollen die anderen begleichen !

  2. Warum blogt Zanetti nicht über seine Eindrücke an der aufgewühlten UNI? Und was meint er zur These, dass die Proteste gegen Bologna eigentlich die historische Chance wären, gegen den linken Mainstream in den Uni-Gremien vorzugehen und auf dem Campus Fuss zu fassen?

  3. Die Berichterstattung der Medien, die sich nur noch um die Quote dreht, ist eine Folge des rechtspopulistischen Denkens, das die Marktlogik in den Mittelpunkt stellt und sich einen Dreck um gesellschaftliche Werte kümmert. Das haben wir den rechtskonservativen Gutmenschen zu verdanken, die wie kleine Babies mit ihren Plakaten und dummdreisten Aktionen nach Aufmerksamkeit schreien, ohne sich über Inhalte und gesellschaftliche Verantwortung Gedanken zu machen. Dann gehört die Bühne den Roger Köppels, den Christophs I. und II., den Claudio Zanettis, m.a.W. dem finanzstarken Unternehmer-Filz, der sich zu jedem Bullshit äussern darf und sich die Meinungen in der Demokratie mit Inseraten, Propaganda und Aufmerksamkeit auf den Privatsendern sowie in den zum Boulevard mutierenden Qualitätszeitungen erkaufen kann. Der rechtskonservative Mainstream lässt die Schweiz zur Plutokratie und Mediokratur verkommen.

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