EU-Juncker und andere Lachnummern – Ein Gastbeitrag von Hans Kaufmann

Die Kommentare der EU-Politelite zu den Wahlen in den Niederlanden zeigen einmal mehr, wie krampfhaft diese Damen und Herren versuchen die Realität zu verdrängen. So hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das Ergebnis der Niederlande-Wahl am 16. März 2017 als „Inspiration für viele“ bezeichnet. „Das niederländische Volk hat mit überwältigender Mehrheit für die Werte gestimmt, für die Europa steht“, schrieb er in einem Glückwunschschreiben an den als Wahlsieger gefeierten Ministerpräsidenten Mark Rutte. Dies seien freie und tolerante Gesellschaften in einem wohlhabenden Europa. Eigentlich müsste man ihm zustimmen. Die bisherige Regierungspartei der Sozialisten, die Partij von de Arbeid (BvdA) hat 29 ihrer 38 Parlamentssitze verloren, ihr Wähleranteil sackte von 24.8% auf noch 5.7% ab. Sie ist damit nicht einmal mehr halb so gross wie jene von Geert Wilders, dessen Partei PVV ihren Wähleranteil von 10.1% auf 13.1% und ihre Sitzzahl von 15 auf 20 (plus 33%) steigern konnte. Man stelle sich vor, in der Schweiz würde die SP 76% ihrer Parlamentssitze in Bern verlieren. Dies würde bedeuten: von den heute 43 Nationalrätinnen und Nationalräten müssten deren 33 ihren Platz räumen und die verbliebenen 10 würden dann noch 5% des Parlamentes stellen. Diese Vorstellung ist tatsächlich eine „Inspiration für viele“.

Der dänische liberale Regierungschef Lars Lokke Rasmussen beglückwünschte den „Wahlsieger“ Rutte mit den Worten „Schön, dass Ernsthaftigkeit belohnt wird“. Nun, die Belohnung besteht in einem Wähleranteilsverlust seiner VVD, der Volksparij voor Vrijheid en Democratie, von 5.2 Prozentpunkten auf noch 21.3% und einem Verlust von 8 Parlamentssitzen auf noch 33.

Der deutsche Bundesaussenminister Gabriel (SPD) sieht im Wahlausgang ein proeuropäisches Signal mit Auswirkungen auf die gesamte EU. Meinte er damit die Sitzgewinne der Denk (3 Sitze, neu), einer Immigrantenpartei, die 2016 von zwei türkisch-niederländischen Abtrünnigen der Sozialisten gegründet wurde, die Partei für die Tiere, die ihre Sitze von 2 auf 5 steigern konnte, oder die Rentnerpartei 50+, die ihre Sitzzahl auf 4 verdoppelt hat? Alles typische proeuropäische Parteien! Dass man mit vereinten Kräften Geert Wilders besiegen würde, war ja immer klar, denn selbst in den optimistischsten Umfragen kam die PVV nie über 30 Sitze hinaus. Dass seine sozialistischen Genossen bei den Wahlen jedoch massakriert wurden, nimmt er offensichtlich nicht zur Kenntnis. Immerhin ist es anerkennenswert, dass er diesen Absturz der niederländischen SP als proeuropäisches Signal mit Auswirkungen auf die gesamte EU sieht. Hoffentlich behält er recht.

Und schliesslich konnte auch Bundeskanzlerin Merkel nicht an den Mikrofonen vorbeiziehen, ohne ihre Worthülsen loszuwerden. Sie spricht von einem „guten Tag für die Demokratie“. Hätte Geert Wilders noch stärker zugelegt, wäre es wohl ein „schwarzer Tag“ für die Demokratie gewesen. Wie verblendet und überheblich muss man wohl sein, die Qualität der Demokratie vom Wahlergebnis abhängig zu machen. Sollte die CDU/CSU bei den Bundestagswahlen im September 2017 verlieren, wäre dies wohl „ein schwarzer Tag“ für die Demokratie. Parteien zum vorheraus von einer Koalition auszuschliessen gehört auch zum seltsamen Demokratieverständnis der Kanzlerin. Wie auch Angela Merkel zum Schluss kommt, dass die Wahlen in den Niederlanden ein proeuropäisches Zeugnis seien, ist schleierhaft, denn schliesslich haben die bisherigen Regierungskoalition, die sich als Pfeiler der EU betrachtet,  nicht nur die absolute Mehrheit im Parlament verloren, sondern auch 37 ihrer bislang 79 Sitze. Ihr Wähleranteil sackte von 51.3% auf noch 27% ab, was etwa dem Wähleranteil der SVP in der Schweiz entspricht. Die verbliebenen 42 Sitze machen noch 28%(bisher 53%)  der insgesamt 150 Sitze der Zweiten Kammer im niederländischen Parlament aus. Selbst wenn alle übrigen Parteien EU-Freunde wären, haben diese 5 ihrer bisher 135 Sitze verloren. Aus diesen Verlusten versucht Kanzlerin Merkel nun einen proeuropäischen Zugewinn zu suggerieren. So entstehen Fake-News.

Und wenn schon dumm geredet wird, dann darf auch die Stimme des luxemburischen Aussenministers Jean Asselborn nicht fehlen, der die Wahlen in den Niederlanden als Schlappe für die Rechtspopulisten in Deutschland und Frankreich sieht. Als Sozialist, der sein Leben lang von Staatsgeldern lebt, hat auch er offensichtlich nicht die Intelligenz zu erkennen, dass ein Plus von 5 Sitzen (PVV) eine Zunahme, der Verlust von 76% der Parlamentssitze seiner sozialistischen Schwesterpartei in den Niederlanden jedoch ein Desaster bedeutet.

Und Martin Schulz, der deutsche Kanzlerkandidat, wertet den Ausgang der Parlamentswahlen in den Niederlanden als Absage der Wähler an den Rechtspopulisten Geert Wilders. Haben die Wähler nicht viel eher den Sozialisten eine Abfuhr erteilt? Alle diesen gewichtigen EU-Schwätzer versuchen mit der Schaffung von Fake-News aus einer Niederlage der Sozialisten einen Sieg herbeizureden. Schon fast peinlich!

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Hans Kaufmann ist seit der Gründung Verwaltungsratspräsident der Kaufmann Research AG. Neben seiner beruflichen Tätigkeit für Kaufmann Research übt Hans Kaufmann verschiedene Beratungs- und Verwaltungsratsmandate, insbesondere im Pensionskassenbereich, aus. Zuvor war er Direktor und Chefökonom der Bank Julius Bär, verantwortlich für die Anlagestrategie Schweiz. Von 1986 bis 1997 leitete er die Abteilung Aktienanalyse Gesellschaften Schweiz. Seine berufliche Ausbildung ergänzte er durch Einsätze bei verschiedenen New Yorker Brokern wie Goldman Sachs, Salomon Brothers und Kidder, Peabody & Co. 1980 trat er bei der Bank Julius Bär ein, nachdem er seit 1974 als Finanzanalyst bei der Zürcher Kantonalbank tätig gewesen war. Hans Kaufmann begann seine Karriere 1973 als Goldminenanalyst in Johannesburg. Er verfügt über ein Lizenziat der Universität Zürich (lic. oec. publ). 2011 wurde er in den Bankrat der Zürcher Kantonalbank gewählt.

Als Vertreter der Schweizerischen Volkspartei (SVP) des Kantons Zürich war Hans Kaufmann von 1999-2014 Mitglied des Nationalrats.