Mit Finanzreferendum gegen Schutzgeldzahlungen

Nein. Die EU ist nicht wie die Mafia. Wer der Mafia Schutzgeld entrichtet, weiss, was er dafür kriegt: Man wird künftig bei seinen Geschäften in Ruhe gelassen. Die Gegenleistung der EU für 1,3 Milliarden Schweizerfranken beschränkt sich im Wesentlichen auf einen Kuss ihres Verhandlungsführers und ein Fototermin, damit wenigstens eine gefallsüchtige Bundespräsidentin etwas fürs Album hat. Nur Narren geben sich mit einem solchen Deal zufrieden – oder eine Regierung, deren geleugnete Agenda eben doch den EU-Beitritt zum Ziel hat. Die zugesagte Summe deckt übrigens gerade mal einen Viertel des vom EU-Rechnungshof angeprangerten Betrags, der wegen Misswirtschaft jährlich „verloren“ geht.

Zu den 1‘100 Millionen, die den Steuerzahlern erst weggenommen werden müssen, damit sie nach Brüssel geschickt werden können, legte der Bundesrat noch 200 Millionen drauf. Er beruft sich dabei auf das 2016 revidierte Asylgesetz. Das Geld soll zur „Bekämpfung der Flüchtlingskrise“ dienen. Was darunter genau zu verstehen ist, kann an dieser Stelle offen bleiben; jedenfalls geht es nicht um die Verbesserung des Grenzschutzes. Nachdenklich stimmt hingegen der Umstand, dass der Bundesrat, der seine Abstimmungspropaganda mit seiner Informationspflicht gegenüber dem Souverän rechtfertigt, es nicht für nötig erachtete, im Vorfeld der besagten Volkabstimmung darauf hinzuweisen, dass dieses Gesetz eines Tages als Rechtsgrundlage für neue Kohäsionszahlungen an die EU dienen könnte. Auch im Kleingedruckten findet sich nichts dazu. Von anständigen Menschen, die nach Treu und Glauben handeln, wozu sie nach Artikel 5 (Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns) unserer Bundesverfassung verpflichtet sind, darf man etwas anderes erwarten. Offenbar können wir unserer Landesregierung nicht mehr vertrauen, als einem schmierigen Gebrauchtwagenhändler, der uns in einem schummrigen Hinterhof eine alte Karre andrehen will.

Unserer Bundespräsidentin dürfte dergleichen nicht im Geringsten peinlich sein. Sie findet ja nicht einmal etwas dabei, sich von der Ringier-Presse als „die Beste im Bundesrat“ abfeiern zu lassen, kurz nachdem sie Admeira, die von Ringier, SRG und Swisscom gegründete grösste Werbevermarktungsfirma der Schweiz, ohne jede Auflage durchgewinkt hat. – Honi soit qui mal y pense.

Wo Scheinwerferlicht und mediale Begeisterung winken, stören natürlich Probleme, die sich nicht mit Lachen und einem Scheck zu Lasten Dritter ausblenden lassen. Wir hätten für das Geld selber Verwendung. Wurde nicht gerade eben eine Vorlage zur Altersvorsorge versenkt, war zwar eine Scheinlösung verhinderte, das strukturelle Problem aber nicht beseitigte? Fehlen unserer Armee etwa nicht die nötigen Mittel, um ihren Auftrag in vollem Umfang zu erfüllen? Verschlingen nicht dramatisch ansteigende Krankenkassenprämien einen immer grösseren Teil unseres Einkommens? Steckt nicht ein grosser Teil der werktätigen Bevölkerung jeden Tag im Stau? Und war es nicht Frau Bundespräsidentin höchstpersönlich, die ihre Untertanen vom Privatflugzeug aus wissen liess, sie hätten den Gürtel enger zu schnallen? Über eine Milliarde Franken ans Ausland ohne klaren Rechtstitel und Nutzen für unser Land und seine Bevölkerung machen sich vor diesem Hintergrund denkbar schlecht.

Die Schuldenbremse hat es gezeigt: Nur ein Machtwort des Souveräns führt zu einer spürbaren Verbesserung im Bundesberner Finanzgebaren. Es braucht darum dringend ein Finanzreferendum auf Bundesebene. Nur so lässt sich erreichen, dass unsere Regierenden, nie vergessen, wem sie ihre Macht zu verdanken haben, und wem gegenüber sie sich zu verantworten haben. Unsummen für Entwicklungshilfe, die wenig bringt, Olympia, Weltausstellungen, Apéros mit Brüsseler Exzellenzen und dergleichen mögen für selbstverliebte Funktionäre und magistrale Selbstdarsteller ihren Reiz haben. Doch über das Kosten-Nutzen-Verhältnis soll derjenige befinden können, der für die Zeche aufzukommen hat.

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Erschienen in der Basler Zeitung vom 27. November 2017.