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Im Nachhinein ist zu spät

Journalisten lieben es, sich über journalistische Ethik auszulassen – allerdings immer erst im Nachhinein, wenn der Schaden bereits angerichtet ist. Wenn es kaum mehr jemanden gibt, der die brisanten Bilder nicht gesehen hat, wenn jeder weiss, wer, wann, wo und mit wem, dann rennen sie bei den „Experten“ die Türen ein. Dann gehört die Bühne den Roger Blums, Kurt Imhofs und Peter Studers, und die Journalisten hängen an ihren Lippen.

Lehren werden so gut wie nie gezogen. Skrupellos wird über jeden Schwachsinn berichtet. Oder was ist es anderes, wenn ein so genannter Basejumper im Zuge einer Werbeaktion von einem Hochhaus stürzt und sich dabei verletzt? Die einzig richtige Reaktion müsste lauten: „So what?“ Aber nein, aus unerklärlichen Gründen sind sich selbst Journalisten renommierter Zeitungen nicht zu schade, um darüber zu berichten – selbstverständlich unter Nennung des beworbenen Produkts. Was, wenn das nächste Unternehmen diesen Unsinn kopiert, oder gar zu übertrumpfen versucht? Was, wenn die Nachäffer weniger Glück haben und nicht überleben? Werden sich die betreffenden Journalisten dann wenigstens Gedanken machen? Oder brauchen sie auch dafür Experten?

Warum sollen wir jemandem, der nicht einmal für den Zoo-Verwaltungsrat taugt, die Staatskasse anvertrauen?

Dass ein Mitmischen des Staates häufig zu falscher Sicherheit verführt, zeigt sich immer wieder. Der Staat hat öffentliche Aufgaben zu erledigen, nichts anderes. Er ist nun einmal kein Unternehmer. Er taugt nicht einmal zum Aktionär.

Wenn in der Wirtschaft, die täglich dafür sorgt, dass wir essen und kaufen können, was wir wollen, uns kleiden können, wie wir wollen, reisen können, wohin wir wollen, einmal etwas nicht nach Wunsch verläuft, fordern Linke, Denkfaule und andere Staatsgläubige sofort neue Regeln. Diese Sozialisten behaupten dann gemeinsam mit einem triumphierenden Moritz Leuenberger, der freie Markt habe versagt, es brauche darum mehr Staat. Dass gerade die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise zu einem grossen Teil auf falsche Regeln, politische Vorgaben und fehlende Kontrollen zurückzuführen ist, wird ausgeblendet, als handelte es sich dabei bloss um ein störendes Detail.

Auch der Zoo Zürich ist eine Aktiengesellschaft. 75 % der Aktien sind bei über 6’000 Aktionären breit gestreut. Stadt und Kanton Zürich besitzen je 12,5%. Mindestens 30 Prozent der Aktien werden also von der öffentlichen Hand gehalten. Und diese werden von Regierungsrätin Ursula Gut-Winterberger und Stadtrat Martin Vollenwyder (beide FDP) im Verwaltungsrat vertreten. Als weiterer Politiker, der von Löwen und Elefanten nichts versteht, kommt Kantonsrat Willy Haderer von der SVP dazu. Wie es trotz dieses Aufgebots an geballter Kompetenz dazu kommen konnte, dass die Zoo AG mit Lehman-Papieren einen Verlust von fast 2,9 Millionen Franken einfahren konnte, ist mir ein Rätsel.

Im Zoo-Leitbild heisst es: „Unsere Aktivitäten entwickeln wir ausgehend von einer innovativen, wirtschaftlichen Führung und zukunftsgerichteten, nachhaltigen Finanzierung.“ Nun wissen wir, was darunter zu verstehen ist.

Ein Schock für die Linken

Soeben erreichte uns die Meldung, dass GM Opel nun doch nicht an Magna und eine russische Bank verkauft wird. Die MG-Geschäftsleitung gibt sich angesichts der jüngsten Verkaufszahlen zuversichtlich, ohne fremde, bzw. staatliche Hilfe über die Runden zu kommen. Der Absatz von GM in den USA war im Oktober zum ersten Mal seit 21 Monaten im Jahresvergleich wieder gestiegen. Mit mehr als 177.000 Fahrzeugen seien vier Prozent mehr Einheiten verkauft worden als im entsprechenden Vorjahreszeitraum, gab der Konzern bekannt. Verantwortlich für die positive Entwicklung ist dem Unternehmen zufolge die starke Entwicklung bei den vier Kernmarken Chevrolet, Buick, GMC und Cadillac.

Eine erfreuliche Meldung, sollte man meinen. Nicht so für Menschen, die à tout prix selbst denen helfen wollen, die gar keine Hilfe nötig haben – also für Sozialdemokraten wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich darüber empört zeigt, dass sie 4,5 Milliarden Euro weniger ausgeben muss und sogar 1,5 Milliarden Euro zurückerhält. Die Korrespondentin unseres zwangsgebührenfinanzierten Staatsradios DRS redet gar von einem „Schlag in die Kniekehle“.

Da sind offensichtlich die Relationen durcheinander geraten. Schon für Jo Ackermann setzte es seinerseits Prügel, als er erklärte, er würde sich schämen, wenn er für die Deutsche Bank Staatsgelder in Anspruch nehmen müsste. Das wurde von der Politik als Affront gewertet. Logisch: Wer die Menschen von sich abhänig machen will, muss sie erst dazu bringen, sich in die Abhängigkeit zu bewegen. Das weiss jeder Drogendealer.

Kein Sonderrecht für Muslime

Freiheit ist am wichtigsten. Dann kommt gleich Gerechtigkeit. Dass sich Menschen zu einem Gemeinwesen zusammenschliessen, hat zum Zweck, dem Individuum einen möglichst grossen Freiraum zu garantieren. Und damit möglichst jedes Mitglied der Gemeinschaft in den Genuss dieses Rechts auf Selbstentfaltung kommt und nach seinem Glück streben kann, ist Freiheit gerecht zu verteilen. Aus diesem Grund ist die Rechtsgleichheit in einem Rechtsstaat zentral. Der Staat – Richter, Regierung und Verwaltung, aber auch der Gesetzgeber – hat alle, die dem Recht unterworfen sind, gleich zu behandeln.

Indem die „Minarett-Initiative“ für Muslime besondere Regeln festlegt, verletzt sie das Gebot der Rechtsgleichheit. Das ist der Grund, weshalb ich sie ablehne. Man sollte nicht Gesetze aufstellen, die nur für bestimmte Gesellschaftsgruppen gelten. Mit Annahme der Bundesverfassung von 1999 ist der Einwand, die Schweiz sei ein christliches Land und eine gewisse Hegemonie des Christentums darum legitim, rechtlich nicht mehr haltbar. Es waren damals so „zuvorkommende“ Politiker wie der Christdemokrat Arnold Koller, die sich mit Beteuerungen überschlugen, mit „Gott dem Allmächtigen“, sei keinesfalls der christliche Gott gemeint. Vielmehr wolle man damit jegliche Gottheit ansprechen. Das ist auch das Credo all derer, die ausser „Dialogbereitschaft“ und bisweilen tödlicher Toleranz nichts zu bieten haben. Dass sich Volk und Stände dieser Auffassung angeschlossen haben, hat nun Konsequenzen. Und nur die vollständige Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht vermag die damit einhergehenden Probleme zu lösen.

Hier gelten unsere Regeln
Die verfassungsmässig verbriefte Rechtsgleichheit stellt nicht nur ein Recht dar. Sie enthält auch die Pflicht, sich der geltenden Rechtsordnung uneingeschränkt und im gleichen Masse wie alle anderen zu unterwerfen. Wer hier leben will, hat unsere Regeln einzuhalten. In Fragen wie Gleichberechtigung der Geschlechter, Mädchenbeschneidung, Zwangsheiraten oder Terrorismus gibt es nichts zu verhandeln. Genauso wenig stehen unsere Freiheitsrechte zur Disposition, zu denen das Recht gehört, Dinge zu sagen, die Muslimen nicht passen, ja sie sogar verletzen. Religionsfreiheit räumt Religionen nämlich keine Sonderstellung ein, sondern schützt das Recht des Individuums auf freie Meinungsbildung und -äusserung in religiösen Angelegenheiten. Auch Atheisten, Agnostiker und Religionskritiker können sich auch die Religionsfreiheit berufen. Muslime haben sich Kritik an Mohammed und am Islam im gleichen Umfang gefallen zu lassen, wie das bei jeder anderen Religionsgemeinschaft der Fall ist. Dass Horden fanatischer Muslime wegen einiger läppischer Karikaturen morden und brandschatzen spricht jedenfalls nicht gegen die Minarett-Initiative, sondern nährt vielmehr Zweifel an der Kompatibilität des Islams mit der Demokratie.

Schielen aufs Ausland
Es ist bedenklich, dass unsere Landesregierung ein Volksbegehren deswegen zur Ablehnung empfiehlt, weil sie um das eigene Image im Ausland fürchtet, dass sie aber nicht einmal daran denkt, von den uns kritisierenden islamischen Ländern Gegenrecht einzufordern, also das Recht, Kirchen, inklusive Türme, zu bauen. Dazu passt, dass sich unser ansonsten so sehr auf Übereinstimmung mit dem Völkerrecht bedachter Bundesrat kürzlich weigerte, in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage darzulegen, ob es möglich wäre, mit einer Volksinitiative hierzulande Scharia-Recht einzuführen.

Dass wir Schweizerinnen und Schweizer über solche Fragen streiten und danach abstimmen dürfen, zeichnet uns aus und stärkt unsere Demokratie. Wer sich dessen als Mitglied einer Behörde schämt, soll schleunigst zurücktreten. Es ist den Initianten hoch anzurechnen, dass sie die Problematik der Islamisierung auf die Tagesordnung brachten. Sie haben sich um die Demokratie, um den Wettstreit der Meinungen, verdient gemacht. Ganz im Gegensatz zu denen, die sich im Ausland für das Volksbegehren entschuldigten noch bevor die erste Unterschrift dafür gesammelt war, und zu denen, die politische Zensur üben, die ich zu Unrecht für überwunden glaubte.
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Erschienen im Tages-Anzeiger vom 2. November 2009

Toleranz ist, wenn es wehtut

Was sonst soll die verfassungsmässig verbriefte Meinungsäusserungsfreiheit schützen, wenn nicht mein Recht, zu sagen, zu schreiben, zu zeichnen oder sonst auf irgendeine Art und Weise zu verbreiten, was die Obrigkeit am liebsten verbieten möchte?

Basel und Neuenburg könnten mit Stolz auf eine freiheitliche Tradition zurückblicken. Doch stattdessen sollten sie sich dafür schämen, dass sie diese mit den Füssen getreten haben. Wo einst von der Kirche und weltlichen Fürsten verfolgte Denker Zuflucht fanden, üben heute die Stadtoberen politische Zensur aus. Nichts anderes ist das Verbot, auf öffentlichem Grund Plakate auszuhängen, auf denen für ein politisches Anliegen geworben wird. Die Stadtregierung von Neuenburg bezeichnete die Plakate des Komitees für die sogenannte Minarett-Initiative als «äusserst despektierlich gegenüber der muslimischen Gemeinschaft». Na und? Wählen und bezahlen wir unsere Regierung für die Durchsetzung des Knigge? – Plakate dürften verboten werden, wenn auf ihnen zur Gewaltausübung gegen bestimmte Personen oder Personengruppen aufgerufen wird. Das Missfallen einiger linker Zeloten kann als Rechtfertigung für einen dermassen schwer wiegenden Eingriff in die politischen Rechte nicht genügen. Daran ändert auch nichts, dass sich die Verbote umgehend als kontraproduktiv erwiesen haben – im Sinne der Zensoren, versteht sich.

Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet Politiker, die sich selbst als «liberal» bezeichnen, zu solch totalitären Methoden greifen. Keine Spur von der Toleranz, die sie allerorts predigen, wenn sie selbst tolerant sein müssten. Dabei ist Toleranz gegenüber Gleichdenkenden wertlos. Nur am Umgang mit Andersdenkenden lässt sich erkennen, wie es um das Verhältnis zur Freiheit – und nur darum geht es beim Liberalismus – tatsächlich bestellt ist.

Spätestens wenn man die Macht hat, etwas zu verbieten, ist die Forderung, das Verbieten zu verbieten, offenbar Geschwätz von gestern. Einer, der vom Paulus zum Saulus geworden ist, heisst Moritz Leuenberger, lebt in Bern und Zürich und bezieht ein Bundesratssalär. Der Sozialdemokrat hat «alles Verständnis» für ein Verbot des umstrittenen Plakats. Es gehe um die alte Frage, wie eine liberale Gesellschaft mit einer intoleranten Strömung umgehe. Hin und wieder die Bundesverfassung zur Hand zu nehmen würde dem Genossen Leuenberger gut anstehen. Dort findet sich nämlich in Artikel 5 der Satz, dass «Grundlage und Schranke staatlichen Handelns» das Recht ist. Mit anderen Worten: Wofür ein Bundesrat Verständnis hat oder wofür er kein Verständnis hat, ist vollkommen irrelevant. Massgebend ist das Recht. Und diese Bestimmung hat genau den Zweck, zu verhindern, dass un-sere Freiheit von den Launen unserer Exekutivpolitiker abhängt. Sie setzt dem Absolutismus Schranken und zwingt die Repräsentanten des Staates zur Beachtung der Gesetze.

Im Falle der Meinungsäusserungsfreiheit ist die Sache sogar sehr einfach: Erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist. Bloss aus Angst vor einigen mordenden und brandschatzenden Muslimen im Ausland, die sich beleidigt fühlen, darf unsere Freiheit nicht angetastet werden. Vielmehr ist sie genau gegenüber diesen Leuten mit allen Mitteln zu verteidigen. Und wer auf demokratischem Weg genau dafür einsteht, braucht sich nicht von der eigenen Regierung als intolerant bezeichnen zu lassen.

Diese Zensuraffäre hat auch ihr Gutes: Niemand kann noch ernsthaft bestreiten, dass die gesamte Antirassismusgesetzgebung als Waffe gegen den politischen Gegner eingesetzt wird. Also als das, wofür sie von Anfang an gedacht war.

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Erschienen in der Berner Zeitung vom 31. Oktober 2009

Loben, wem Lob gebührt

Man muss die Regierung auch loben können, wenn es angezeigt ist. Auch wenn es vermutlich nur daran liegt, dass kein Geld zum Ausgeben zur Verfügung steht, und die Zeit darum zum Nachdenken genutzt werden muss, aus dem Kaspar Escher-Haus ist derzeit Erfreuliches zu vernehmen:

Finanzdirektorin Ursula Gut, die sich noch vor wenigen Monaten hartnäckig weigerte, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen, redet in einem Interview davon, den Aufwand um zehn Prozent zu senken. Da es am Ende erfahrungsgemäss im besten Fall zwei Prozent sein werden, ist diese Zielsetzung nicht sehr ambitiös, aber immerhin. Man denkt über substantielle Kostensenkungen nach (und gibt damit der SVP Recht, die genau das seit 1999 fordert.). Ferner scheint sich im Regierungsrat das Bewusstsein durchgesetzt zu haben, dass es verheerend wäre, wenn der Kanton Zürich im interkantonalen Steuerwettbewerb noch weiter zurückfallen würde. Noch ist nicht klar, um wie viel die Steuern gesenkt werden sollen, es scheint sich aber etwas zu bewegen.

Lob verdient auch die – unter Federführung der Direktion für Justiz und Inneres zustande gekommene – Vernehmlassungsantwort der Zürcher Regierung zum Vorschlag von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, mit dem Strafrecht gegen rechtsextreme Symbole – oder das, was man in der Bundesverwaltung dafür hält – vorzugehen. Die geplante Strafnorm sei „kaum praktikabel“ und leicht zu umgehen, schreibt die Zürcher Regierung. Dadurch würden leicht falsche Erwartungen geweckt. – Schön, dass man mit 15jähriger Verspätung zur Einsicht gelangt ist, dass die Antirassismusgesetzgebung nicht nur angesichts unserer Rechtstradition verfehlt, sondern – was noch wesentlich schwerer wiegt – kontraproduktiv ist. Mit solchen Gesetzen macht sich ein Staat lächerlich. Man kann nicht das Hohelied des Volkerrechts und der Einhaltung der Menschenrechte singen und zum muslimischen Genozid im Sudan und zur Christenverfolgung schweigen. Man kann nicht nach über 60 Jahren zum Widerstand gegen Hitler rüsten, den Antisemitismus verdammen und gleichzeitig mit Typen wie Gaddafi und Achmadinedjad, die mit der Zerstörung Israels drohen, Geschäfte machen. (Zur Illustration)

Schliesslich freut mich persönlich, dass Regierungsrat Markus Notter dem Unterstützungskomitee für seinen Genossen Daniel Jositsch nicht beigetreten ist, weil er der Ansicht ist, es sei nicht seine Aufgabe, den Bürgern zu raten, wen sie in eine Behörde wählen sollen, der er selber angehöre. Nach Ansicht des „Tages-Anzeiger“ hat er damit ein „Keuschheitsgelübde“ geleistet.

Der Aufstand der Xanthippen

Bundesrat Ueli Maurer grüsst in einer schriftlichen Botschaft die Organisation Pro Life. Ich finde das richtig. In einem früheren Blog-Eintrag habe ich das Engagement von Exekutivpolitikern in Abstimmungskomitees kritisiert. Heute morgen fragte mich ein Journalist, ob das nicht widersprüchlich sei. Nein, ist es nicht.

Mitglieder der Exekutive sollen sich nicht in Abstimmungskämpfen und -komitees engagieren, weil sie in ihrer Funktion Beschlüsse übergeordneter Instanzen – des Parlaments und des Stimmvolkes – zu vollziehen haben. Als man in unserem Land die politische Kultur noch pflegte, war dies eine Selbstverständlichkeit, und es war natürlich eine aussenpolitische Angelegenheit – die erste Uno-Abstimmung – als man erstmals von dieser Praxis abkam. Unter dem Vorwand, der Stimmbürger habe schliesslich einen Anspruch auch sachliche Information, führt die Verwaltung mittlerweile ganze Kampagnen. Es ist bestimmt kein Zufall, dass diese Entwicklung mit einem Autoritätsverlust insbesondere der Landesregierung einhergeht.

Bei einer Grussbotschaft verhält es sich anders. Der Bundesrat hat nämlich den Staat gegen aussen und innen zu repräsentieren und seine Einheit zu schützen. Und zu diesem Staat gehören alle, auch Gruppierungen, die Frau Egerszegi die einer Partei angehört, die stolz das Wort „frei“ im Namen trägt, und Frau Jacqueline Fehr von der SP, nicht passen. Das fehlte gerade noch, dass solche Weiber darüber bestimmen, wen der Bundesrat zu grüssen hat und wen nicht.

Die gleichen Personen, die ständig der Integration das Wort reden, sind Meister im Ausgrenzen. Integration ist für sie dann gut, wenn sich damit Geld verdienen lässt. Wenn man hingegen einmal über den eigenen Schatten springen müsste, ist Schluss mit dem Willen und der Bereitschaft zur Integration.

Als Sozialistin müsste Jacqueline Fehr Rosa Luxemburgs Ausspruch eigentlich bekannt sein: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“

Unreflektiertes EU-Geschwafel

Der Tages-Anzeiger hat unter der neuen Chefredaktion und mit dem neuen Erscheinungsbild eindeutig an Statur gewonnen. Rückschläge lassen sich im Zuge einer solchen Entwicklung natürlich nicht verhindern. Dass es jedoch ausgerechnet der Auslandschef ist, der einen solchen zu verantworten hat, ist sehr bedauerlich.

Luciano Ferrari will den EU-Beitritt der Schweiz. Das ist ein legitimes Anliegen. Rudenze und Anpasser gab es immer, doch von einem Ressortleiter einer grossen Schweizer Tageszeitung erwarte ich in einem Kommentar eine gewisse Tiefe, die auf vorangegangene Reflexionen schliessen lässt, und nicht den gleichen oberflächlichen Mumpitz, mit dem wir tagtäglich von europhilen Politikern überschüttet werden.

So behauptet Ferrari, der Bundesrat habe „ein Tabu gebrochen“: Nüchtern betrachtet geht es lediglich darum, dass der Bundesrat macht, wozu er gesetzlich verpflichtet ist. Er beantwortet ein Postulat, der freisinnigen Nationalrätin Christa Markwalder. Wo hier ein Tabubruch vorliegen soll, ist mir schleierhaft. Dass Frau Markwalder für jeden medienwirksamen Unfug zu haben ist, wissen wir spätestens seit ihrem Auftritt in „10vor10“ als sie – entgegen besserem Wissen – von einem Antrag Gaddafis auf Zerschlagung der Schweiz durch die Uno parlierte, dem unser Land nur mit Hilfe anderer Länder zu entkommen vermöge. Die Frau hat sich damit als unseriös qualifiziert, was ihrer Unterstützung durch ihre Fangemeinde in den Medien allerdings keinerlei Abbruch tut.

Das Postulat – Liebling der Populisten

Frau Markwalder hat ein Postulat eingereicht, in dem sie den Bundesrat unter anderem „beauftragt“, „ohne Verzögerung erneut die Vor- und Nachteile der jeweiligen europapolitischen Instrumente zu evaluieren und dabei die grundlegenden Veränderungen seit Erscheinen des Europaberichtes 2006 zu berücksichtigen“. Wichtig ist das Wort „beauftragt“, das von Luciano Ferrari kritik- und kommentarlos übernommen wird. Das Wort ist falsch. Wie jedes Kind und auch jeder Journalist im Gesetz oder auf der Website des Parlaments nachlesen kann, lässt sich mit einem Postulat keine Massnahme erzwingen. Die Regierung ist lediglich verpflichtet, „zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob der Entwurf zu einem Erlass der Bundesversammlung vorzulegen oder eine Massnahme zu treffen sei.“ Darum Merke: Wer als Politiker nichts bewegen, sondern nur die Medien auf sich aufmerksam machen will, reicht ein Postulat ein. Aus diesem Grund geniesst das Postulat unter Populisten so grosse Beliebtheit. Wenn Frau Markwalder und ihre 100 Mitpopulisten Mumm in den Knochen hätten, würden sie eine Motion oder eine Parlamentarische Initiative einreichen. Es liegt auf der Hand, weshalb sie das nicht tun. Das wäre ein Thema für einen kritischen Journalisten.

Dann behauptet Luciano Ferrari, Bundesrat Moritz Leuenberger habe sich geoutet, indem er kürzlich den EU-Beitritt forderte. Das ist ganz einfach lächerlich. Leuenbergers Position in der Europadiskussion ist seit Jahren jedem Zeitgenossen, der sich für Politik interessiert, bekannt. Zumindest in dieser Hinsicht kann also von einem „Outing“ keine Rede sein. Es wären ganz andere Fragen, die sich ein kritischer Journalist in diesem Zusammenhang stellen würde: So stellt Moritz Leuenbergers EU-Plädoyer eine flagrante Verletzung des Kollegialitätsprinzips dar. Der Bundesrat hat den EU-Beitritt nämlich explizit aus seinem Legislaturprogramm gestrichen, und seither nicht wieder aufgenommen. (Aus irgendeinem Grund waren Journalisten, was dieses Thema angeht, in der letzten Legislaturperiode wesentlich sensibler.) Und wurde unser neuer Bundesrat Burkhalter nicht eben noch dafür gelobt, dass er versprach, vor Sitzungen des Bundesrats nicht kund zu tun, welche Anträge er stellen werde, weil dies einer sachlichen Auseinandersetzung im Kollegium abträglich sei? Und warum erwähnt Ferrari nicht, dass Moritz Leuenberger mit seinem Antrag in der Klausurtagung des Bundesrats vergangene Woche offensichtlich grandios gescheitert ist?

Fast 20 Jahre lang an der Nase herumgeführt

Dann greift Luciano Ferrari zu einem Trick. Im Zusammenhang mit den Gefahren des Bilateralismus schreibt er: „Es ist schwierig, dem Volk klarzumachen, dass es an der Nase herumgeführt wurde“. Korrekt müsste es allerdings heissen: „Es ist schwierig, dem Volk klarzumachen, dass man es an der Nase herumgeführt hat.“ Es ist nämlich so, dass der Bundesrat und mit ihm eine Mehrheit des Parlaments seit bald 20 Jahren gegen den Entscheid von Volk und Ständen, dem EWR nicht beizutreten, obstruiert. Der Bilateralismus wurde von der herrschenden Klasse nie als das betrachtet, was er seinem Wesen nach ist, ein Konzept, um der EU nicht beitreten zu müssen. Damit ist klar, wo die Betrüger zu finden sind.

In einem hat Luciano Ferrari Recht: Es ist wichtig, die Diskussion über den EU-Beitritt engagiert und hart zu führen. Von mir aus können wir schon nächstes Jahr darüber abstimmen. Ich verlange aber, dass sich die EU-Turbos nach ihrer Abfuhr wie Demokraten verhalten und eine Zeit lang Ruhe geben.

Unerträgliche Sonntagspresse

Heute hat sich meine Ansicht wieder einmal bestätigt, dass es nur eine Sonntagszeitung gibt, die es verdient, gelesen zu werden: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Was einem unsere Schweizer Verlagshäuser am Tag des Herrn servieren, ist weitgehend unerträglich oder beleidigt die Intelligenz.

Da schreibt beispielsweise Lukas Häuptli in der NZZaS: „Whistleblowerin arbeitet jetzt bei Blocher“. Auch im Hause NZZ hat sich also durchgesetzt, dass als Ausdruck der Geringschätzigkeit der Vorname dieses verdienten Unternehmers und Politikers weggelassen wird. Es geht in dem Artikel um Frau Margrit Zopfi, eine der beiden tapferen Frauen, die die „Weltwoche“ über unglaublichen Missstände informierten, nachdem sie mit ihrer Kritik verwaltungsintern nicht durchzudringen vermochten.

Im Alter von fast 60 Jahren suchte Frau Zopfi anderthalb Jahre erfolglos nach einem Job. Wer in dieser Stadt von der vereinigten Linken zur Unperson stigmatisiert wird, hat es schwer. Da hilft auch ein Freispruch vor Bezirksgericht wenig. Doch nichts lag Lukas Häuptli ferner, als über diesen Umstand zu schreiben. Für den Schreiberling ist etwas erst dann ein Thema, wenn sich ein Bezug zu Christoph Blocher herstellen lässt, der der diplomierten Direktionssekretärin, PR-Fachfrau und Übersetzerin eine Stelle angeboten hat.

Doch was fragt einer, der über mehrere linke Blätter und den Tages-Anzeiger zur NZZ am Sonntag gelangt ist? „Macht Ihnen die Gefahr, dass sie wegen ihrer Arbeit in eine politische Ecke gedrängt werden, zu schaffen?“ Diese Frage ist nicht nur niederträchtig. Sie bringt auch zum Ausdruck, dass es Lukas Häuptli in seiner Verblendung besser fände, die Frau würde beim Sozialamt zu Kreuze kriechen. Und nur nebenbei: Für welche Position, die Christoph Blocher vertritt, müsste man sich schämen?

Die NZZ ist in dieser Geschichte übriges keineswegs neutral. Konsequent hat sie die Kritik am Sozialdepartement und an deren Vorsteherin Monika Stocker als unstatthafte und „unsägliche“ Kampagne der SVP gebrandmarkt. Und als das Zürcher Bezirksgericht die beiden Frauen freisprach, wurde in der NZZ explizit darauf hin, gewiesen dass die Richterin Mitglied der SVP ist. Ein ungeheuerlicher Bruch der Regeln journalistischer Ethik und Gepflogenheiten, der natürlich darauf abzielte die fachliche Kompetenz der Frau in Zweifel zu ziehen.

Aus Ideenmangel gegen Christoph Blocher

Doch auch bei der SonntagsZeitung suhlt man sich lieber im Dreck, anstatt die Leserinnen und Leser mit intelligenten Hintergrundberichten und Analysen zu versorgen. Heute beweist Andreas Windlinger, dass sich auch der unfähigste Schreiberling, wenn ihm nicht Gescheites einfällt, wenigstens an Christoph Blocher die Schuhe abputzen kann. Als Vehikel dient Bundesrat Ueli Maurer, bei dem es angeblich – ach, wie lustig! – „blochern“ soll. Unter „blochern“ versteht Andreas Windlinger die gezielte Verbreitung von Indiskretionen, wie sie unter Bundesrat Christoph Blocher angeblich praktisch an der Tagesordnung gewesen sein sollen. Beweise für diese – strafrechtlich relevante – Anschuldigung bleibt der so genannte Journalist freilich schuldig. Und der Leser erfährt auch nicht, dass während der Zeit, in der Christoph Blocher Bundesrat war, ein einziges Mal Konsequenzen gezogen wurden. Der Medienfritze von Pascal Couchepin musste als Bauernopfer über die Klinge springen. Dies, nachdem publik geworden ist, dass man (lies: Pascal Couchpin) Christoph Blocher durch eine gezielte Indiskretion schaden wollte.

Dass Andreas Windlinger eine politische Agenda verfolgt, ist auch daran ersichtlich, dass er über wirklich relevante Indiskretionen schweigt, wenn sie aus dem Sozilager stammen. So erfuhr der Leser der Sonntagszeitung beispielsweise nie, dass es Micheline Calmy-Reys Mann fürs Grobe, Lars Knuchel, war, der die Medien darauf hinwies, dass das EDA den Vertrag, den Hans-Rudolf Merz in Libyen unterzeichnet hatte, nicht kannte. Dabei handelte es sich in diesem Fall nicht nur um eine Indiskretion, sondern um eine flagrante Verletzung des Kollegialitätsprinzips. Doch darüber schweigen Journalisten wie Andreas Windlinger. Sie haben eine andere Zielgruppe.

Bundesrätin Widmer-Schlumpf: „Wann hier was gleich behandelt wird, bestimme ich!“

Bei einer Frau, die auf so unredliche Art und Weise in ihr Amt gelangt ist, wie Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf, kann es nicht verwundern, dass sie auch unredlich politisiert. Am Rande ihres obrigkeitlichen Auftritts gegen die Minarettinitiative, der von gewissen denkfaulen Medienschaffenden frenetisch als „Auftakt“ der Kampagne gegen das Volksbegehren gefeiert und begrüsst wird, gab sie eine Kostprobe ihres konzeptlosen In-den-Tag-hinen-Politisierens. Die meisten Journalisten versäumten es allerdings, ihr Publikum auf die argumentative Widersprüchlichkeit hinzuweisen.

Von der Konkurrenz abgehoben hat sich erfreulicherweise TeleZüri, das die Justizministerin mit der Frage konfrontierte, ob auch der Ruf des Muezzins vom Minarett ertönen dürfe. Aktueller Anlass bot die widerrechtlich installierte Lautsprecheranlage auf einem Minarett in Süddeutschland gegenüber von Rheinfelden, wo man sich über diese Entwicklung wenig erfreut zeigte. Als in der Wolle gefärbte Populistin weiss Frau Widmer-Schlumpf natürlich, was man in der Bevölkerung von frühmorgendlichen arabischen Betrufen hält, und sie wiegelte darum ab: „Ich bin jetzt überzeugt: Wenn die Bevölkerung eines Dorfes oder einer Stadt nicht will, dass ein Minarett beschallt wird, dann wird kein einziges Minarett in der Schweiz beschallt.“

Aha. Frau Bundesrätin ist JETZT überzeugt. Das heisst, morgen kann alles wieder ganz anders sein. Beruhigend ist das nicht. Abgesehen davon, ist nicht die Überzeugung einer Beamtin massgeblich, sondern die Rechtslage. So ist das zumindest in einem Rechtsstaat.

Noch viel entlarvender ist jedoch, dass die Magistratin plötzlich die Demokratie ins Spiel bringt, von der sie etwa bei Einbürgerungen nichts wissen will. Dabei weiss Frau Widmer-Schlumpf ganz genau, dass am Ende einmal mehr die Gerichte entscheiden werden. Denn das Problem mit der Minarettinitiative ist ein ganz anderes: In der Medienkonferenz führte Frau Widmer aus, das Volksbegehren sei abzulehnen, weil sie einer bestimmten Glaubensgemeinschaft etwas verbieten wolle, was andern Glaubensgemeinschaften gestattet sei.

Wenn es Frau Widmer-Schlumpf tatsächlich um die Verhinderung der Ungleichbehandlung von Religionsgemeinschaften geht, warum signalisiert sie dann die Bereitschaft, den lautsprecherverstärkten Ruf des Muezzins zu untersagen? Würde hier nicht einer Religionsgemeinschaft etwas verboten, was anderen erlaubt ist?

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