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Der Aufstand der Xanthippen

Bundesrat Ueli Maurer grüsst in einer schriftlichen Botschaft die Organisation Pro Life. Ich finde das richtig. In einem früheren Blog-Eintrag habe ich das Engagement von Exekutivpolitikern in Abstimmungskomitees kritisiert. Heute morgen fragte mich ein Journalist, ob das nicht widersprüchlich sei. Nein, ist es nicht.

Mitglieder der Exekutive sollen sich nicht in Abstimmungskämpfen und -komitees engagieren, weil sie in ihrer Funktion Beschlüsse übergeordneter Instanzen – des Parlaments und des Stimmvolkes – zu vollziehen haben. Als man in unserem Land die politische Kultur noch pflegte, war dies eine Selbstverständlichkeit, und es war natürlich eine aussenpolitische Angelegenheit – die erste Uno-Abstimmung – als man erstmals von dieser Praxis abkam. Unter dem Vorwand, der Stimmbürger habe schliesslich einen Anspruch auch sachliche Information, führt die Verwaltung mittlerweile ganze Kampagnen. Es ist bestimmt kein Zufall, dass diese Entwicklung mit einem Autoritätsverlust insbesondere der Landesregierung einhergeht.

Bei einer Grussbotschaft verhält es sich anders. Der Bundesrat hat nämlich den Staat gegen aussen und innen zu repräsentieren und seine Einheit zu schützen. Und zu diesem Staat gehören alle, auch Gruppierungen, die Frau Egerszegi die einer Partei angehört, die stolz das Wort „frei“ im Namen trägt, und Frau Jacqueline Fehr von der SP, nicht passen. Das fehlte gerade noch, dass solche Weiber darüber bestimmen, wen der Bundesrat zu grüssen hat und wen nicht.

Die gleichen Personen, die ständig der Integration das Wort reden, sind Meister im Ausgrenzen. Integration ist für sie dann gut, wenn sich damit Geld verdienen lässt. Wenn man hingegen einmal über den eigenen Schatten springen müsste, ist Schluss mit dem Willen und der Bereitschaft zur Integration.

Als Sozialistin müsste Jacqueline Fehr Rosa Luxemburgs Ausspruch eigentlich bekannt sein: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“

Unreflektiertes EU-Geschwafel

Der Tages-Anzeiger hat unter der neuen Chefredaktion und mit dem neuen Erscheinungsbild eindeutig an Statur gewonnen. Rückschläge lassen sich im Zuge einer solchen Entwicklung natürlich nicht verhindern. Dass es jedoch ausgerechnet der Auslandschef ist, der einen solchen zu verantworten hat, ist sehr bedauerlich.

Luciano Ferrari will den EU-Beitritt der Schweiz. Das ist ein legitimes Anliegen. Rudenze und Anpasser gab es immer, doch von einem Ressortleiter einer grossen Schweizer Tageszeitung erwarte ich in einem Kommentar eine gewisse Tiefe, die auf vorangegangene Reflexionen schliessen lässt, und nicht den gleichen oberflächlichen Mumpitz, mit dem wir tagtäglich von europhilen Politikern überschüttet werden.

So behauptet Ferrari, der Bundesrat habe „ein Tabu gebrochen“: Nüchtern betrachtet geht es lediglich darum, dass der Bundesrat macht, wozu er gesetzlich verpflichtet ist. Er beantwortet ein Postulat, der freisinnigen Nationalrätin Christa Markwalder. Wo hier ein Tabubruch vorliegen soll, ist mir schleierhaft. Dass Frau Markwalder für jeden medienwirksamen Unfug zu haben ist, wissen wir spätestens seit ihrem Auftritt in „10vor10“ als sie – entgegen besserem Wissen – von einem Antrag Gaddafis auf Zerschlagung der Schweiz durch die Uno parlierte, dem unser Land nur mit Hilfe anderer Länder zu entkommen vermöge. Die Frau hat sich damit als unseriös qualifiziert, was ihrer Unterstützung durch ihre Fangemeinde in den Medien allerdings keinerlei Abbruch tut.

Das Postulat – Liebling der Populisten

Frau Markwalder hat ein Postulat eingereicht, in dem sie den Bundesrat unter anderem „beauftragt“, „ohne Verzögerung erneut die Vor- und Nachteile der jeweiligen europapolitischen Instrumente zu evaluieren und dabei die grundlegenden Veränderungen seit Erscheinen des Europaberichtes 2006 zu berücksichtigen“. Wichtig ist das Wort „beauftragt“, das von Luciano Ferrari kritik- und kommentarlos übernommen wird. Das Wort ist falsch. Wie jedes Kind und auch jeder Journalist im Gesetz oder auf der Website des Parlaments nachlesen kann, lässt sich mit einem Postulat keine Massnahme erzwingen. Die Regierung ist lediglich verpflichtet, „zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob der Entwurf zu einem Erlass der Bundesversammlung vorzulegen oder eine Massnahme zu treffen sei.“ Darum Merke: Wer als Politiker nichts bewegen, sondern nur die Medien auf sich aufmerksam machen will, reicht ein Postulat ein. Aus diesem Grund geniesst das Postulat unter Populisten so grosse Beliebtheit. Wenn Frau Markwalder und ihre 100 Mitpopulisten Mumm in den Knochen hätten, würden sie eine Motion oder eine Parlamentarische Initiative einreichen. Es liegt auf der Hand, weshalb sie das nicht tun. Das wäre ein Thema für einen kritischen Journalisten.

Dann behauptet Luciano Ferrari, Bundesrat Moritz Leuenberger habe sich geoutet, indem er kürzlich den EU-Beitritt forderte. Das ist ganz einfach lächerlich. Leuenbergers Position in der Europadiskussion ist seit Jahren jedem Zeitgenossen, der sich für Politik interessiert, bekannt. Zumindest in dieser Hinsicht kann also von einem „Outing“ keine Rede sein. Es wären ganz andere Fragen, die sich ein kritischer Journalist in diesem Zusammenhang stellen würde: So stellt Moritz Leuenbergers EU-Plädoyer eine flagrante Verletzung des Kollegialitätsprinzips dar. Der Bundesrat hat den EU-Beitritt nämlich explizit aus seinem Legislaturprogramm gestrichen, und seither nicht wieder aufgenommen. (Aus irgendeinem Grund waren Journalisten, was dieses Thema angeht, in der letzten Legislaturperiode wesentlich sensibler.) Und wurde unser neuer Bundesrat Burkhalter nicht eben noch dafür gelobt, dass er versprach, vor Sitzungen des Bundesrats nicht kund zu tun, welche Anträge er stellen werde, weil dies einer sachlichen Auseinandersetzung im Kollegium abträglich sei? Und warum erwähnt Ferrari nicht, dass Moritz Leuenberger mit seinem Antrag in der Klausurtagung des Bundesrats vergangene Woche offensichtlich grandios gescheitert ist?

Fast 20 Jahre lang an der Nase herumgeführt

Dann greift Luciano Ferrari zu einem Trick. Im Zusammenhang mit den Gefahren des Bilateralismus schreibt er: „Es ist schwierig, dem Volk klarzumachen, dass es an der Nase herumgeführt wurde“. Korrekt müsste es allerdings heissen: „Es ist schwierig, dem Volk klarzumachen, dass man es an der Nase herumgeführt hat.“ Es ist nämlich so, dass der Bundesrat und mit ihm eine Mehrheit des Parlaments seit bald 20 Jahren gegen den Entscheid von Volk und Ständen, dem EWR nicht beizutreten, obstruiert. Der Bilateralismus wurde von der herrschenden Klasse nie als das betrachtet, was er seinem Wesen nach ist, ein Konzept, um der EU nicht beitreten zu müssen. Damit ist klar, wo die Betrüger zu finden sind.

In einem hat Luciano Ferrari Recht: Es ist wichtig, die Diskussion über den EU-Beitritt engagiert und hart zu führen. Von mir aus können wir schon nächstes Jahr darüber abstimmen. Ich verlange aber, dass sich die EU-Turbos nach ihrer Abfuhr wie Demokraten verhalten und eine Zeit lang Ruhe geben.

Unerträgliche Sonntagspresse

Heute hat sich meine Ansicht wieder einmal bestätigt, dass es nur eine Sonntagszeitung gibt, die es verdient, gelesen zu werden: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Was einem unsere Schweizer Verlagshäuser am Tag des Herrn servieren, ist weitgehend unerträglich oder beleidigt die Intelligenz.

Da schreibt beispielsweise Lukas Häuptli in der NZZaS: „Whistleblowerin arbeitet jetzt bei Blocher“. Auch im Hause NZZ hat sich also durchgesetzt, dass als Ausdruck der Geringschätzigkeit der Vorname dieses verdienten Unternehmers und Politikers weggelassen wird. Es geht in dem Artikel um Frau Margrit Zopfi, eine der beiden tapferen Frauen, die die „Weltwoche“ über unglaublichen Missstände informierten, nachdem sie mit ihrer Kritik verwaltungsintern nicht durchzudringen vermochten.

Im Alter von fast 60 Jahren suchte Frau Zopfi anderthalb Jahre erfolglos nach einem Job. Wer in dieser Stadt von der vereinigten Linken zur Unperson stigmatisiert wird, hat es schwer. Da hilft auch ein Freispruch vor Bezirksgericht wenig. Doch nichts lag Lukas Häuptli ferner, als über diesen Umstand zu schreiben. Für den Schreiberling ist etwas erst dann ein Thema, wenn sich ein Bezug zu Christoph Blocher herstellen lässt, der der diplomierten Direktionssekretärin, PR-Fachfrau und Übersetzerin eine Stelle angeboten hat.

Doch was fragt einer, der über mehrere linke Blätter und den Tages-Anzeiger zur NZZ am Sonntag gelangt ist? „Macht Ihnen die Gefahr, dass sie wegen ihrer Arbeit in eine politische Ecke gedrängt werden, zu schaffen?“ Diese Frage ist nicht nur niederträchtig. Sie bringt auch zum Ausdruck, dass es Lukas Häuptli in seiner Verblendung besser fände, die Frau würde beim Sozialamt zu Kreuze kriechen. Und nur nebenbei: Für welche Position, die Christoph Blocher vertritt, müsste man sich schämen?

Die NZZ ist in dieser Geschichte übriges keineswegs neutral. Konsequent hat sie die Kritik am Sozialdepartement und an deren Vorsteherin Monika Stocker als unstatthafte und „unsägliche“ Kampagne der SVP gebrandmarkt. Und als das Zürcher Bezirksgericht die beiden Frauen freisprach, wurde in der NZZ explizit darauf hin, gewiesen dass die Richterin Mitglied der SVP ist. Ein ungeheuerlicher Bruch der Regeln journalistischer Ethik und Gepflogenheiten, der natürlich darauf abzielte die fachliche Kompetenz der Frau in Zweifel zu ziehen.

Aus Ideenmangel gegen Christoph Blocher

Doch auch bei der SonntagsZeitung suhlt man sich lieber im Dreck, anstatt die Leserinnen und Leser mit intelligenten Hintergrundberichten und Analysen zu versorgen. Heute beweist Andreas Windlinger, dass sich auch der unfähigste Schreiberling, wenn ihm nicht Gescheites einfällt, wenigstens an Christoph Blocher die Schuhe abputzen kann. Als Vehikel dient Bundesrat Ueli Maurer, bei dem es angeblich – ach, wie lustig! – „blochern“ soll. Unter „blochern“ versteht Andreas Windlinger die gezielte Verbreitung von Indiskretionen, wie sie unter Bundesrat Christoph Blocher angeblich praktisch an der Tagesordnung gewesen sein sollen. Beweise für diese – strafrechtlich relevante – Anschuldigung bleibt der so genannte Journalist freilich schuldig. Und der Leser erfährt auch nicht, dass während der Zeit, in der Christoph Blocher Bundesrat war, ein einziges Mal Konsequenzen gezogen wurden. Der Medienfritze von Pascal Couchepin musste als Bauernopfer über die Klinge springen. Dies, nachdem publik geworden ist, dass man (lies: Pascal Couchpin) Christoph Blocher durch eine gezielte Indiskretion schaden wollte.

Dass Andreas Windlinger eine politische Agenda verfolgt, ist auch daran ersichtlich, dass er über wirklich relevante Indiskretionen schweigt, wenn sie aus dem Sozilager stammen. So erfuhr der Leser der Sonntagszeitung beispielsweise nie, dass es Micheline Calmy-Reys Mann fürs Grobe, Lars Knuchel, war, der die Medien darauf hinwies, dass das EDA den Vertrag, den Hans-Rudolf Merz in Libyen unterzeichnet hatte, nicht kannte. Dabei handelte es sich in diesem Fall nicht nur um eine Indiskretion, sondern um eine flagrante Verletzung des Kollegialitätsprinzips. Doch darüber schweigen Journalisten wie Andreas Windlinger. Sie haben eine andere Zielgruppe.

Bundesrätin Widmer-Schlumpf: „Wann hier was gleich behandelt wird, bestimme ich!“

Bei einer Frau, die auf so unredliche Art und Weise in ihr Amt gelangt ist, wie Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf, kann es nicht verwundern, dass sie auch unredlich politisiert. Am Rande ihres obrigkeitlichen Auftritts gegen die Minarettinitiative, der von gewissen denkfaulen Medienschaffenden frenetisch als „Auftakt“ der Kampagne gegen das Volksbegehren gefeiert und begrüsst wird, gab sie eine Kostprobe ihres konzeptlosen In-den-Tag-hinen-Politisierens. Die meisten Journalisten versäumten es allerdings, ihr Publikum auf die argumentative Widersprüchlichkeit hinzuweisen.

Von der Konkurrenz abgehoben hat sich erfreulicherweise TeleZüri, das die Justizministerin mit der Frage konfrontierte, ob auch der Ruf des Muezzins vom Minarett ertönen dürfe. Aktueller Anlass bot die widerrechtlich installierte Lautsprecheranlage auf einem Minarett in Süddeutschland gegenüber von Rheinfelden, wo man sich über diese Entwicklung wenig erfreut zeigte. Als in der Wolle gefärbte Populistin weiss Frau Widmer-Schlumpf natürlich, was man in der Bevölkerung von frühmorgendlichen arabischen Betrufen hält, und sie wiegelte darum ab: „Ich bin jetzt überzeugt: Wenn die Bevölkerung eines Dorfes oder einer Stadt nicht will, dass ein Minarett beschallt wird, dann wird kein einziges Minarett in der Schweiz beschallt.“

Aha. Frau Bundesrätin ist JETZT überzeugt. Das heisst, morgen kann alles wieder ganz anders sein. Beruhigend ist das nicht. Abgesehen davon, ist nicht die Überzeugung einer Beamtin massgeblich, sondern die Rechtslage. So ist das zumindest in einem Rechtsstaat.

Noch viel entlarvender ist jedoch, dass die Magistratin plötzlich die Demokratie ins Spiel bringt, von der sie etwa bei Einbürgerungen nichts wissen will. Dabei weiss Frau Widmer-Schlumpf ganz genau, dass am Ende einmal mehr die Gerichte entscheiden werden. Denn das Problem mit der Minarettinitiative ist ein ganz anderes: In der Medienkonferenz führte Frau Widmer aus, das Volksbegehren sei abzulehnen, weil sie einer bestimmten Glaubensgemeinschaft etwas verbieten wolle, was andern Glaubensgemeinschaften gestattet sei.

Wenn es Frau Widmer-Schlumpf tatsächlich um die Verhinderung der Ungleichbehandlung von Religionsgemeinschaften geht, warum signalisiert sie dann die Bereitschaft, den lautsprecherverstärkten Ruf des Muezzins zu untersagen? Würde hier nicht einer Religionsgemeinschaft etwas verboten, was anderen erlaubt ist?

Egoistische Interessenvertretung?

Man darf ihn selbstverständlich „ziemlich undiplomatisch“ nennen. Ich hätte eher den Titel „Wir sind verloren!“ gesetzt. Alleine schon die Bilder von Franz von Däniken, Staatssekretär im Aussenministerium, die „DAS MAGAZIN“ (41/2009) zur Illustration eines Interviews der Redaktoren Martin Beglinger und Finn Canonica verwendet, zeigt, wie himmeltraurig es um unsere Aussenpolitik bestellt ist. Auf dem Cover ein ausgemergelter Chefdiplomat und dann das:

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Während beispielsweise im VBS sogar Generälen immer wieder das Wort verboten wird, wenn sie ihre private Meinung zum Besten geben wollen, ist dies im EDA durchaus erwünscht. Vorausgesetzt natürlich, dass die Departementsvorsteherin nicht kritisiert wird. Das würde hart bestraft. Wenn jedoch ein Chefbeamter den EU-Beitritt fordert, obwohl die Landesregierung diese Zielsetzung nach eingehender Diskussion aus ihrem Schwerpunktprogramm kippte, muss er deswegen nicht mit Konsequenzen rechnen. Höchstens mit einer Lohnerhöhung.

Nun gibt es genau etwas, das man grosszügig als Argument für einen EU-Beitritt gelten lassen kann. Ein Land erhält damit die Möglichkeit, seine Interessen direkt in den zuständigen Gremien einzubringen. Dazu wäre allerdings erst einmal zu klären, worin diese Interessen genau bestehen. Gerade im Zusammenhang mit der Ratifikation des Vertrages von Lissabon wird deutlich, dass die Interessen zwischen „Brüssel“ und den nationalen Regierungen einerseits sowie zwischen den Regierungen und den Regierten andererseits teilweise massiv divergieren.

Dabei sein ist alles, koste es, was es wolle

Doch zurück zu Franz von Däniken, der da todesmutig seine innersten Überzeugungen preisgab: Ihm gehe es nur um die „internationale Verantwortung“, der sich die Schweiz angeblich in der Vergangenheit nicht gestellt hat. Insbesondere in finanzieller Hinsicht zeige sich unser Land knauserig. Dass über eine Million Ausländerinnen und Ausländer hier leben und ihr Auskommen finden, verdient nach Ansicht des Diplomaten, der auf Kosten der geizigen Schweizer einen stolzen Lohn bezieht, nicht einmal Erwähnung.

Nicht nur das: von Däniken findet es sogar unanständig wenn ein Land Interessen vertritt, und wirft der Schweiz sogar vor, in dieser Hinsicht „egoistisch“ zu handeln. Ganz offensichtlich hat der Mann die vergangenen Jahre im Archiv verbracht und weder Zeitung gelesen noch sich sonst auf irgendeine Art über das Zeitgeschehen auf dem Laufenden gehalten. Sonst hätte er nämlich eine Ahnung davon, wie unzimperlich andere Länder ihre Interessen durchsetzen und sich einen Deut scheren um die Souveränität der anderen. Leute wie Franz von Däniken machen es ihnen leicht.

Immerhin, und das ist Herrn von Däniken zu verdanken, wissen wir nun, dass das mit der Interessenvertretung gar nie ernst gemeint war. Damit ist auch das letzte „Argument“ für einen EU-Beitritt entfallen.

„Äusserst despektierlich“ – Na und?

Wir sind in diesen Tagen Zeugen, wie es um die angebliche Offenheit unserer welschen Freunde bestellt ist. Nun haben auch die Städte Neuenburg, Nyon und Morges mit ihrer freiheitlichen Tradition gebrochen und die Absicht bekundet, den Aushang der umstrittenen Anti-Minarett-Plakate zu verbieten. Die Stadtregierung von Neuenburg bezeichnete die Plakate in einer Medienmitteilung als „äusserst despektierlich gegenüber der muslimischen Gemeinschaft“.

Diese Regierungen spielen sich als Gouvernanten auf. Sie betrachten sich allen Ernstes als zuständig für das Betragen der Bürgerinnen und Bürger und fühlen sich berechtigt, nach eigenem Gutdünken korrigierend einzugreifen. Daran, dass in einem Rechtsstaat für staatliches Handeln das Recht und eben nicht die Willkür oder das Empfinden der Behörden massgeblich ist, wird kein Gedanke verschwendet.

Nach Ansicht der Neuenburger Gutmenschen ist also erlaubt, was ihnen gefällt, und verboten, was ihnen missfällt. Die Meinungsäusserungsfreiheit schützt aber ein ganz anderes Rechtsgut, nämlich das Recht, zu sagen, was der Regierung nicht passt. Die Meinungsäusserungsfreiheit schützt das Recht, sich despektierlich, sogar äusserst despektierlich, zu äussern. Und die Behörden haben das zu tolerieren. Das ist das grossartige an der Meinungsäusserungsfreiheit. Toleranz gegenüber denjenigen, die die eigene Ansicht teilen, ist wertlos. Nur wer den Andersdenkenden Freiheit zugesteht, ist freiheitlich und tolerant.

Peinliche Plauderei unter Freunden

Wer US-Präsident, schwarz und links ist, kann Friedensnobelpreisträger werden. Für den Posten als politischer Redaktor bei unserem zwangsgebührenfinanzierten Staatsradio genügt die Qualifikation „links“. Man muss nicht einmal selbständig denken können. Das wäre dem Sichtreibenlassen im Mainstream sogar hinderlich.

In der letzten Samstagsrundschau hat Genosse DRS-Redaktor Oliver Washington in dieser Hinsicht neue Massstäbe gesetzt. Er führte ein Gespräch mit dem Baselstädter Regierungspräsidenten Guy Morin, der in epischer Länge und Breite darlegen durfte, warum in seiner Stadt der Aushang des Minaretts-Plakats verboten ist. Washington stellte nicht etwa kritische Fragen oder setzte sich als Medienschaffender für das Recht auf das freie Wort ein. Im Gegenteil, er war Stichwortgeber.

Ein intelligenter Journalist hätte beispielsweise die nahe liegende Frage gestellt, warum sich heute ausgerechnet Basel und Genf mit der Meinungsäusserungsfreiheit schwer tun. Immerhin waren diese beiden Städte einst Horte der persönlichen Freiheit. Basel blühte auf als der Buchdruck aufkam und bot Verfolgten Zuflucht und die Möglichkeit, sich publizistisch zu betätigen. In Genf fand der von den päpstlichen Häschern verfolgte brillante Denker Giordano Bruno Unterschlupf. Das alles blieb den Hörern von Radio DRS vorenthalten. Die Absicht war schliesslich eine andere: Es gilt, einen Abstimmungskampf zu gewinnen.

Klassischer kann Zensur nicht sein

Aus diesem Grund blieb selbst der hanebüchenste Unsinn, den der Grüne Basler von sich gab, unkommentiert oder wurde gar wohlwollend kommentiert. So durfte Morin beispielsweise zu Protokoll geben, es handle sich „auf keinen Fall Zensur“. Die Diskussion um das Plakat zeigt ja gerade, dass eine Diskussion stattfinde.

Der Duden definiert Zensur wie folgt: „von zuständiger, bes. staatlicher Stelle angeordnete Kontrolle von Druckwerken, Filmen, Briefen o.ä. im Hinblick auf Unerlaubte oder Unerwünschtes.“ Wäre es abwegig, von einem Journalisten zu erwarten, dass er den Gesinnungsschnüffler Morin mit dieser Definition konfrontiert? Hätte man ihn nicht fragen müssen, wie er sich zur Ansicht stelle, das von ihm verhängte Verbot sei der von ihm angeblich befürworteten Diskussion abträglich? Und würde sich nicht jede weitere Diskussion erübrigen, wenn bereits die erste Aussage in sich zusammenfallen würde? Oder ging es Herrn Washington vor allem darum, genau das zu verhindern?

Politiker richten über Politiker

Dann fabulierte Morin etwas von Güterabwägung zwischen dem Schutz der Minderheit und dem Diskriminierungsverbot und der Meinungsäusserungsfreiheit. Wobei er betonte: „Ich finde es sehr wichtig, dass die politische Meinungsäusserungsfreiheit gilt in der Schweiz, aber auch diese hat Grenzen.“ Ob es in einem Rechtsstaat angehen könne, dass ausgerechnet ein Politiker und nicht ein Richter dem politischen Gegner diese Grenzen aufzeigt, interessierte Washington nicht. Wenn es gegen die SVP geht, scheren sich die Agitatoren von Radio DRS keinen Deut um solche „Spitzfindigkeiten“. Auch die Frage, ob die Meinungsäusserungsfreiheit nicht wenigstens im Zweifelsfall höher gewichtet werden sollte, interessierte den Medienmann nicht.

Keine Drittwirkung von Grundrechten

Dabei wäre es höchst interessant, der Argumentation Morins einmal auf den Grund zu gehen. Nehmen wir dazu einmal an, es sei tatsächlich so, dass das Diskriminierungsverbot der Meinungsäusserungsfreiheit Grenzen setze. Führen wir ein Gedankenexperiment durch und nehmen wir dazu ein krasses Beispiel: Eine Frau erklärt öffentlich, dass sie unter keinen Umständen eine Beziehung mit einem Schwarzen eingehen will. Das ist eine klare Diskriminierung. Doch nicht einmal der beste Gutmensch käme auf die Idee, der Frau ihre Einstellung oder die Äusserung ihrer Meinung verbieten zu wollen, denn immerhin ist es ein höchstpersönliches Recht, darüber zu bestimmen, mit wem man sich liieren will. Und es ist nicht einzusehen, warum dies nicht auch bei jedem anderen privatrechtlichen Verhältnis so sein soll.

Es ist also unsinnig, Grundrechte auch im Verhältnis zwischen Privatpersonen anzuwenden. Diese Ansicht linker Juristen ist abzulehnen. Ganz einfach deshalb, weil diese so genannte Drittwirkung von Grundrechten zu absurden Ergebnissen führt, und weder Morin noch Washington noch andere Linke sind in der Lage eine praktikable Abgrenzung zu liefern. Es dem Staat, bzw. der Exekutive – also Politikern – zu überlassen, wann jemand seine politische Meinung frei sagen darf, oder über schwerwiegende Eingriffe in die Vertragsfreiheit zu befinden, kann und darf jedenfalls nicht die Lösung sein. Im Gegenteil, Freiheitsrechte sind wieder als das zu begreifen, was sie ursprünglich waren und sind: Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Der Staat darf nicht diskriminieren, und der Staat darf die Meinungsäusserungsfreiheit nicht einschränken. Daran ändert nichts, dass, wie Morin zu Recht ausführte, auch der Schutz der Minderheiten ein sehr hohes Gut ist. Das Recht, zu beleidigen, breit davon unberührt.

Moderator war überflüssig

Die Samstagsrundschau hätte ebenso gut ohne Moderator durchgeführt werden können, denn Oliver Washington liess selbst den grössten Unsinn Morins unkommentiert. Selbst folgende Aussage: „Als ich das Plakat gesehen habe waren meine religiösen Gefühle verletzt. Wenn man das Plakat betrachtet, so könnten es ebenso gut Kirchtürme sein.“ Nach Morins Logik wäre es zulässig, Werbung für Nahrungsmittel zu verbieten, weil es sich dabei um Drogen handeln könnte. Wer hier als Journalist nicht darauf hinweist, dass es um ein konkretes Plakat, auf dem nun einmal Minarette abgebildet sind, geht und nicht um eine Hypothese, erfüllt seinen Auftrag nicht. Morins Argumentation ist dermassen grotesk, dass die Unterlassung, ihn darauf hinzuweisen, eine Verletzung journalistischer Ethik darstellt.

Wenn Politiker inhaltlich nichts zu bieten haben, fordern sie neue regeln oder einen Kodex. Der Basler Grüne macht da keine Ausnahme: Er forderte einen Ehrenkodex darüber, was in der politischen Werbung erlaubt sein soll und was nicht. Kaum etwas ist überflüssiger als das, denn es besteht bereits eine klare Regelung: Erlaubt ist, was nicht verboten ist.

Oliver Washington vom zwangsgebührenfinanzierten Radio DRS war ganz offensichtlich überfordert. Er sollte in die Ablage versetzt werden.

Wen interessiert schon Berlusconis Sexleben?

Die echten Probleme sind so gross, dass man sich lieber mit Nichtigkeiten beschäftigt. Das ist bei uns so, und das ist in Italien so. Ob italienische Medien auch mit solcher Begeisterung über jedes Affentheater hierzulande schreiben, ist zu bezweifeln. Unsere lieben es jedenfalls, über Silvio Berlusconi zu berichten, als richteten sie sich an ein italienisches Publikum.

In Italien soll gerade ein – von medialem Sperrfeuer entfachter – Frauenaufstand gegen Berlusconi toben. Bis Sonntagnachmittag sollen 45’000 Personen eine Internet-Petition unterschrieben haben. Das sind gerade einmal 1,3 Promille der italienischen Bevölkerung oder 2,6 der weiblichen. Doch das genügt offenbar, um unsere Journaille in Verzückung zu versetzen.

Zu den Unterzeichnerinnen soll auch Schauspielerin Valeria Bruni Tedeschi, Schwester der französischen Präsidentengattin Carla Bruni Sarkozy, gehören. Ein Wort des Befremdens darüber, dass sich diese Frau, die, wie ihre Schwester, das freizügige Posieren vor der Kamera liebt, über Berlusconis „Sexismus“ empört, findet sich nirgends.

Wer sich unsere Mainstream-Medien (MSM) hält, erfährt auch nicht, dass es gar nicht um das Sexleben des „Cavaliere“ geht, sondern um eine hundskommune, ausschliesslich politisch motivierte Aktion der Linken, die sich seit Monaten an Berlusconi die Zähne ausbeisst. In diesem Zusammenhang ist auch Frau Bruni Tedeschis Engagement zu sehen. Trotz ihres Vermögens ist diese Frau nämlich der extremen Linken sehr verbunden, und es ist auch nicht die erste Petition, die sie unterschreibt. Vor genau einem Jahr intervenierte sie erfolgreich via ihre Schwester bei ihrem Schwager, dem französischen Staatspräsidenten, er möge doch bitte – unter Verletzung früherer Zusicherungen – von der Auslieferung der wegen Mordes verurteilten italienischen Terroristin Marina Petrella absehen.

Linke “Wirtschaftsförderung” oder die destruktive Kraft der Moralisten

Es ist gegenwärtig wieder einmal viel von staatlicher Wirtschaftsförderung die Rede. Die Geschichte lehrt allerdings, dass der Staat im Zerstören wesentlich effizienter ist als im Aufbauen. Wirtschaftsförderung darf nicht länger Aufgabe einer Amtsstelle sein und sich auf das Drucken von Prospekten beschränken. Die Förderung der Wirtschaft muss wieder „raison d’être“ des Gemeinwesens werden.

Der Einfluss des Staatsapparats mit seiner Bürokratie auf unser Leben ist so enorm, dass er von den meisten längst als Selbstverständlichkeit empfunden wird. Die Frage nach der Legitimation einer Institution, in unser Leben einzugreifen, wird nicht einmal mehr gestellt. Fragten die grossen Staatstheoretiker noch nach der moralischen Rechtfertigung des Staates, sind es heute der Staat, bzw. dessen Vertreterinnen und Vertreter, die moralisieren und über Gut und Schlecht befinden. War es für John Locke, der mit seinem Denken die Welt verändert und vorangebracht hat, noch klar, dass eine Regierung nur legitim ist, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt und die Naturrechte Leben, Freiheit und Eigentum beschützt, lässt man heutzutage der Regierung freie hand – einzig und allein weil sie Regierung ist. Dabei ist der Staatsapparat, was Freiheit und Eigentum anbelangt, längst zur grössten Bedrohung geworden.

Divergierende Interessen

Interessen und Ziele von Regierung und Regierten driften immer stärker auseinander. Wenn Regierungsvertreter erklären, das Land wolle Dieses oder Jenes, ist keineswegs sicher, dass Dieses oder Jenes dem Einzelnen bei seinem Streben nach seinem persönlichen Glück auch zu Gute kommt. Im Sprachgebrauch hat diese sich öffnende Kluft bereits ihren deutlichen Niederschlag gefunden. So etwa wenn von „Steuergeschenken“ oder so genannten PPP-Projekten die Rede ist, von Public-Private-Partnership-Projekten. In solchen Ausdrücken kommt die Abwendung von der Auffassung zum Ausdruck, dass der Staat den Bedürfnissen der Menschen und der Wirtschaft zu dienen hat. Der Staat wird nicht mehr als Gemeinschaft von Individuen zur Förderung der gemeinsamen Wohlfahrt empfunden, sondern als eigenständiger Organismus mit eigenem Willen, dem im Grunde alles gehört.

Die gleiche Geisteshaltung kommt zum Ausdruck, wenn Vertreter von Regierung und Verwaltung ganze Industrien als „Klumpenrisiko“ betrachten und bezeichnen. So etwa die chemische Industrie in Basel oder der Finanzplatz in Zürich, wo es Regierungsvertretern zunehmend Mühe bereitet, ihre Politik auf die volkswirtschaftlichen Bedürfnisse auszurichten. Das Ziel einer permanenten Verbesserung der Rahmenbedingungen wird kurzfristigen Opportunitäten geopfert. Was zählt, ist das Image – oder das, was man für das image hält.

Die Demontage geht weiter

Von einer guten Ordnungspolitik, die für möglichst tiefe Steuern und möglichst wenig einschränkende Gesetze steht, sind wir leider weit entfernt. Die öffentlichen Haushalte drohen ausser Kontrolle zu geraten, die Verschuldung hat ein bedrohliches Ausmass angenommen, die Sozialwerke sind in einem desolaten Zustand und wichtige Industrien kämpfen ums Überleben. Gleichwohl scheint der Leidensdruck noch nicht gross genug zu sein. Über 100’000 Stimmbürger haben ein Volksbegehren der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) unterzeichnet, das ein Ausfuhrverbot für Kriegsmaterial und besondere militärische Güter verlangt. Einer Industrie, die bereits heute nur noch ein Schatten ihrer einstigen Grösse ist, soll also vollends der Garaus gemacht werden.

Zerstören mit der Moral-Keule

Im Zerstören von ganzen Wirtschaftszweigen waren die Linken schon immer stark. Wer sich ihrem moralischen Bannstrahl ausgesetzt sieht, hat ein Problem. Auch wenn sich die Weltverbesserer in Medien und Verwaltung lediglich zum Ziel gesetzt haben, korrigierend einzugreifen. Auch beim Abzahlungskauf wollte man seinerzeit bloss etwas korrigieren. Das Resultat war ein Regelwerk, das dazu geführt hat, dass praktisch keine solchen Verträge mehr abgeschlossen werden. Oder der Haustürkauf: Weil der Gesetzgeber mündigen und urteilsfähigen Bürgern unterstellt, sie seien – im Gegensatz zur Verwaltung – nicht in der Lage, die Konsequenzen eines Kaufs auf öffentlichen Plätzen oder eben an der Haustüre richtig abzuschätzen, wurde eine seit Jahrtausenden bestehende Handelsform demoliert. Eine ganze Branche wurde abgestraft, als handelte es sich dabei um das organisierte Verbrechen schlechthin. Oder wie verhält es sich mit der Pelzindustrie? Wie viele schöne Unternehmen sind eingegangen, weil sich eine Personengruppe mit der geistigen Offenheit von Taliban, das Recht herausgenommen hat, darüber zu stimmen, was gute und schlechte Industrien sind. Im Moment ist gerade die – gleichzeitig subventionierte –Tabakindustrie im Fokus der zerstörerischen Gutmenschen. Arbeitsplätze interessieren nicht.

Dem Furor der Moralisten bereits vor Jahren zum Opfer gefallen, ist auch die Spielautomatenbranche. In Zürich musste als Kollateralschaden sogar das grossartige Cabaret „Polygon“ seine Türen schliessen, das zuvor vom Besitzer einiger Spiellokale grosszügig quersubventioniert worden war. Die gleichen Leute, die damals vorgaben, sie wollten Menschen und Familien vor dem finanziellen Ruin bewahren, haben allerdings keine Bedenken mehr, wenn Väterchen Staat abkassiert. Das hat einen handfesten Grund: Die Moralisten stehen den von ihnen angeprangerten „Heuschrecken“ nämlich in nichts nach, wenn es ums Abzocken geht. Sie holen das Geld einfach beim Staat und lassen sich für das Lösen von Problemen bezahlen, die es ohne Sie gar nicht gäbe. Im Asyl-, oder Drogenbereich, im Bildungs- und Betreuungswesen leben ganze Industrien fast ausschliesslich von Steuergeld. Ein Risiko besteht nicht. Wenn der Erfolg, was nicht überraschen kann, nicht eintritt, wird einfach nach mehr Geld gerufen. Von der Schaffung solider Arbeitsplätze kann also keine Rede sein. Besonders hirnverbrannt läuft es im Umweltbereich, wo mit gewaltigen Summen erneuerbare Energien gefördert werden. Dass sich die Arbeitsplätze, die auf diese Weise geschaffen werden, in China befinden, tut der Begeisterung unserer Gutmenschen keinen Abbruch. Man weiss schliesslich die Moral auf seiner Seite.

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Erschienen in der „Schweizerzeit“ vom 9. Oktober 2009

Linke "Wirtschaftsförderung" oder die destruktive Kraft der Moralisten

Es ist gegenwärtig wieder einmal viel von staatlicher Wirtschaftsförderung die Rede. Die Geschichte lehrt allerdings, dass der Staat im Zerstören wesentlich effizienter ist als im Aufbauen. Wirtschaftsförderung darf nicht länger Aufgabe einer Amtsstelle sein und sich auf das Drucken von Prospekten beschränken. Die Förderung der Wirtschaft muss wieder „raison d’être“ des Gemeinwesens werden.

Der Einfluss des Staatsapparats mit seiner Bürokratie auf unser Leben ist so enorm, dass er von den meisten längst als Selbstverständlichkeit empfunden wird. Die Frage nach der Legitimation einer Institution, in unser Leben einzugreifen, wird nicht einmal mehr gestellt. Fragten die grossen Staatstheoretiker noch nach der moralischen Rechtfertigung des Staates, sind es heute der Staat, bzw. dessen Vertreterinnen und Vertreter, die moralisieren und über Gut und Schlecht befinden. War es für John Locke, der mit seinem Denken die Welt verändert und vorangebracht hat, noch klar, dass eine Regierung nur legitim ist, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt und die Naturrechte Leben, Freiheit und Eigentum beschützt, lässt man heutzutage der Regierung freie hand – einzig und allein weil sie Regierung ist. Dabei ist der Staatsapparat, was Freiheit und Eigentum anbelangt, längst zur grössten Bedrohung geworden.

Divergierende Interessen

Interessen und Ziele von Regierung und Regierten driften immer stärker auseinander. Wenn Regierungsvertreter erklären, das Land wolle Dieses oder Jenes, ist keineswegs sicher, dass Dieses oder Jenes dem Einzelnen bei seinem Streben nach seinem persönlichen Glück auch zu Gute kommt. Im Sprachgebrauch hat diese sich öffnende Kluft bereits ihren deutlichen Niederschlag gefunden. So etwa wenn von „Steuergeschenken“ oder so genannten PPP-Projekten die Rede ist, von Public-Private-Partnership-Projekten. In solchen Ausdrücken kommt die Abwendung von der Auffassung zum Ausdruck, dass der Staat den Bedürfnissen der Menschen und der Wirtschaft zu dienen hat. Der Staat wird nicht mehr als Gemeinschaft von Individuen zur Förderung der gemeinsamen Wohlfahrt empfunden, sondern als eigenständiger Organismus mit eigenem Willen, dem im Grunde alles gehört.

Die gleiche Geisteshaltung kommt zum Ausdruck, wenn Vertreter von Regierung und Verwaltung ganze Industrien als „Klumpenrisiko“ betrachten und bezeichnen. So etwa die chemische Industrie in Basel oder der Finanzplatz in Zürich, wo es Regierungsvertretern zunehmend Mühe bereitet, ihre Politik auf die volkswirtschaftlichen Bedürfnisse auszurichten. Das Ziel einer permanenten Verbesserung der Rahmenbedingungen wird kurzfristigen Opportunitäten geopfert. Was zählt, ist das Image – oder das, was man für das image hält.

Die Demontage geht weiter

Von einer guten Ordnungspolitik, die für möglichst tiefe Steuern und möglichst wenig einschränkende Gesetze steht, sind wir leider weit entfernt. Die öffentlichen Haushalte drohen ausser Kontrolle zu geraten, die Verschuldung hat ein bedrohliches Ausmass angenommen, die Sozialwerke sind in einem desolaten Zustand und wichtige Industrien kämpfen ums Überleben. Gleichwohl scheint der Leidensdruck noch nicht gross genug zu sein. Über 100’000 Stimmbürger haben ein Volksbegehren der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) unterzeichnet, das ein Ausfuhrverbot für Kriegsmaterial und besondere militärische Güter verlangt. Einer Industrie, die bereits heute nur noch ein Schatten ihrer einstigen Grösse ist, soll also vollends der Garaus gemacht werden.

Zerstören mit der Moral-Keule

Im Zerstören von ganzen Wirtschaftszweigen waren die Linken schon immer stark. Wer sich ihrem moralischen Bannstrahl ausgesetzt sieht, hat ein Problem. Auch wenn sich die Weltverbesserer in Medien und Verwaltung lediglich zum Ziel gesetzt haben, korrigierend einzugreifen. Auch beim Abzahlungskauf wollte man seinerzeit bloss etwas korrigieren. Das Resultat war ein Regelwerk, das dazu geführt hat, dass praktisch keine solchen Verträge mehr abgeschlossen werden. Oder der Haustürkauf: Weil der Gesetzgeber mündigen und urteilsfähigen Bürgern unterstellt, sie seien – im Gegensatz zur Verwaltung – nicht in der Lage, die Konsequenzen eines Kaufs auf öffentlichen Plätzen oder eben an der Haustüre richtig abzuschätzen, wurde eine seit Jahrtausenden bestehende Handelsform demoliert. Eine ganze Branche wurde abgestraft, als handelte es sich dabei um das organisierte Verbrechen schlechthin. Oder wie verhält es sich mit der Pelzindustrie? Wie viele schöne Unternehmen sind eingegangen, weil sich eine Personengruppe mit der geistigen Offenheit von Taliban, das Recht herausgenommen hat, darüber zu stimmen, was gute und schlechte Industrien sind. Im Moment ist gerade die – gleichzeitig subventionierte –Tabakindustrie im Fokus der zerstörerischen Gutmenschen. Arbeitsplätze interessieren nicht.

Dem Furor der Moralisten bereits vor Jahren zum Opfer gefallen, ist auch die Spielautomatenbranche. In Zürich musste als Kollateralschaden sogar das grossartige Cabaret „Polygon“ seine Türen schliessen, das zuvor vom Besitzer einiger Spiellokale grosszügig quersubventioniert worden war. Die gleichen Leute, die damals vorgaben, sie wollten Menschen und Familien vor dem finanziellen Ruin bewahren, haben allerdings keine Bedenken mehr, wenn Väterchen Staat abkassiert. Das hat einen handfesten Grund: Die Moralisten stehen den von ihnen angeprangerten „Heuschrecken“ nämlich in nichts nach, wenn es ums Abzocken geht. Sie holen das Geld einfach beim Staat und lassen sich für das Lösen von Problemen bezahlen, die es ohne Sie gar nicht gäbe. Im Asyl-, oder Drogenbereich, im Bildungs- und Betreuungswesen leben ganze Industrien fast ausschliesslich von Steuergeld. Ein Risiko besteht nicht. Wenn der Erfolg, was nicht überraschen kann, nicht eintritt, wird einfach nach mehr Geld gerufen. Von der Schaffung solider Arbeitsplätze kann also keine Rede sein. Besonders hirnverbrannt läuft es im Umweltbereich, wo mit gewaltigen Summen erneuerbare Energien gefördert werden. Dass sich die Arbeitsplätze, die auf diese Weise geschaffen werden, in China befinden, tut der Begeisterung unserer Gutmenschen keinen Abbruch. Man weiss schliesslich die Moral auf seiner Seite.

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Erschienen in der „Schweizerzeit“ vom 9. Oktober 2009

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